Entscheidung auf Mallorca
Die Dinger werd’ ich im Handumdrehen los.«
»Und du würdest mitmachen?«
»Na klar.« Er fuhr sich erregt durch die Haare. »Eine schwere Nuß wird’s natürlich zu knacken geben.«
»Die Hinfahrt?«
»Quatsch. Die kann man deichseln. Die Nuß heißt Miriam. Vielleicht gibt’s noch ‘ne zweite: Harald.«
»Den überlaß mir.«
»Bleibt immer noch Miriam.«
Peggy feixte. »Mußt eben etwas nachhelfen.«
»Du kennst sie doch.«
»Und weil ich sie kenne, weiß ich, daß sie dich liebt. Da mußt du einhaken.«
»Sprich ins reine.«
»Daß ihr Männer immer so schwer von Begriff seid. Denk nach! Willst du mit mir oder mit Miriam nach Mallorca fahren?«
»Dumme Frage.«
»Dann mach ihr das klar. Und wenn es nichts nützt, dann zwing sie zu ihrem Glück.«
»Du bist vielleicht ein Herzchen. Außerdem wird Miriam sich niemals zwingen lassen. Und ich würde sie auch niemals zwingen.«
»Warum verstehst du unter Zwang gleich Gewalt?«
Er sah sie fragend an.
»Hat dich die Düsseldorfer Geschäftsfrau nicht erneut nach Barcelona eingeladen?«
»Was hat das damit zu tun? Ich hab’ übrigens gerade gestern dankend abgelehnt.«
Peggy glich einer Katze. »Weiß Miriam, daß du abgesagt hast?«
»Nein.«
Sie atmete erleichtert auf. »Dann erzähl es ihr nicht. Wenn Miriam nicht mitmachen will, sagst du einfach: Schön, dann begraben wir den Plan. Aber dann treffe ich mich mit der Düsseldorferin.«
Wulf konnte nur tief Luft holen. »Bei dir könnte der Teufel in die Lehre gehen.«
Peggy lachte. »Wollen wir wetten, daß Miriam dann mitfährt?«
»Möglich«, erwiderte er. »Aber dann hätte ich keine Lust mehr. Ich versuch’s lieber andersherum.«
Vierzehn Tage später war er froh, Peggys Rat nicht befolgt zu haben. Miriam gab ihr anfängliches Sträuben schneller auf, als zu vermuten gewesen war. Auch in ihr wohnte jenes Fernweh, das den Menschen treiben und schwermütig machen kann. Hinzu kam, daß es ihr als Schülerin der Kunstakademie besonders schwerfallen mußte, der Versuchung zu widerstehen, den malerischen Süden zu bereisen. Und Wulf und Harald bauten ihr goldene Brücken.
»Peggys Plan ist gar nicht so schlecht«, sagte Harald, als sie wieder einmal im »Hahnhof« saßen und einen Korb Brot nach dem anderen leerten. »Zunächst wollte ich von der ganzen Geschichte ja nichts wissen. Als ich aber eines Abends minutenlang an der Brienner Straße warten mußte, weil das Wirtschaftswunder in endlosen Schlangen über den Fahrdamm rollte, da dachte ich: Wir Studenten sind eigentlich arme Schweine. Alle Welt verdient sich dumm und dusselig. Die kleinsten Geschäftsleute können sich die tollsten Karossen leisten, und wir sitzen da, drehen Däumchen und haben Hemmungen, ein paar Fotoapparate über eine lohnende Grenze zu schleusen. Schön blöd sind wir, sagte ich mir in jenem Augenblick.«
Eine gute Ouvertüre, dachte Wulf. Es fehlt nur noch der Paukenschlag. Er wandte sich an Miriam. »Peggy, Harald und ich haben eine Vereinbarung getroffen, derzufolge wir für hundert Mark Aquarellpapier, Ölfarben und dergleichen kaufen werden, wenn du dich verpflichtest, mitzufahren. Stell dir vor, du könntest dann in Spanien malen! Blauer Himmel, braune Berge, blendendweiße Häuser, ein azurfarbenes Meer, bunte Segel … Kannst du mehr verlangen?«
»Hör auf!« rief sie. »Du machst mich schwach.«
»Das will ich ja gerade. Denk an die Ausstellung deiner Bilder! Sie wird wesentlich farbiger werden, wenn du denen ein paar spanische Motive an die Wand knallen kannst. Verkaufst du dann ein Bild, kannst du uns das Geld ja zurückgeben.«
Miriam wäre keine Künstlerin gewesen, wenn sie der Versuchung weiterhin hätte widerstehen können. Und niemand war so glücklich wie sie, als es ihr gelang, alle Bedenken zur Seite zu schieben. Wenn sie es auch nicht sagte, sie fühlte sich leicht wie eine Feder. Ihr war zumute, als schritte sie in einem duftigen Frühlingskleid durch den ersten warmen Tag des Jahres.
Nach diesem Abend hatte keiner der vier mehr Zeit für lange Gespräche im Studenten-Café. Jeder war vollauf beschäftigt. Miriam und Peggy nähten an Blusen, Röcken und Badeanzügen. Harald werkelte an seinem klapprigen Fiat herum, da sich der Studienkollege Ringhaus bereit erklärt hatte, seinen alten VW zur Verfügung zu stellen, sofern er »Wastl« für die Zeit erhielte. Ihm machte es einen diebischen Spaß, mit dem vorsintflutlichen Vehikel durch München zu fahren, und Harald bemühte sich
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