Entscheidung der Herzen (German Edition)
nach feuchtem Ackerboden. Ein Geruch, den Lord Arthur liebte und der immer wieder eine besänftigende Wirkung gehabt hatte. In dieser Nacht allerdings roch, hörte und sah er nur das Nötigste. Seine Gedanken drehten sich im Kreis, wanden sich um sein Problem, das recht bald zum Problem aller hier lebenden Menschen werden würde.
Er lief weiter, schritt durch die Gassen aus gestampftem Lehm, wich hin und wieder einer morastigen Pfütze aus. Erbetrachtete jede einzelne Kate, sah in Gedanken die Menschen, die darin wohnten.
Hier, hinter der blau gestrichenen Tür, lebte der Schnitter Robin mit seiner Frau und den drei Kindern. Daneben hatte der Barbier seine Kate und zwei Häuser weiter wohnte der Schafhirte Isaak, der noch mit der Herde drauβen war, aber in Kürze zurückkehren würde, um den Winter im Dorf zu verbringen.
Ein Kind begann zu weinen und Lord Arthur dachte daran, dass es der Kleine des Feldpächters Ian sein musste. Das Kind war krank, wurde von Tag zu Tag schwächer, genauso wie lans Frau Rose, die ebenfalls langsam verfiel. Der Husten der beiden lieβ sich nicht kurieren. Selbst die Milch und der Honig, die Lady Elizabeth für die beiden geschickt hatte, hatten keine Besserung bewirkt.
Er hatte das Ende der Gasse erreicht. Nur eine einzelne kleine Kate duckte sich noch an den Rand des kleinen Weihers. Neben der Kate konnte man ein paar Beete erkennen. Links neben dem Haus hingen an einem Seil zahlreiche Bündel mit getrockneten Kräutern und verströmten einen aromatischen Geruch. Ein braunes überkleid flatterte an einer zwischen zwei Bäume gespannten Leine im leichten Nachtwind.
Lord Arthur lauschte. Alles im Haus war vollkommen ruhig. Er hob die Hand, um an die grün gestrichene Holztür zu klopfen, doch im letzten Augenblick lieβ er sie sinken und starrte blicklos in die Nacht.
»Was mache ich eigentlich hier?«, flüsterte er leise vor sich hin. »Und noch dazu klammheimlich in tiefster Nach?«
Doch dann riss er sich zusammen, straffte die Schultern und klopfte energisch, aber doch so, dass die Nachbarn nicht aufwachten, an die grüne Tür.
Es dauerte eine kleine Weile, bevor er Schritte hörte, die sich näherten.
»Ja?«, fragte die Stimme einer Frau. »Wer ist da?«
»Lord Arthur von Jourdan«, erwiderte er. »Ich bitte dich, mach mir auf.«
»Lord Arthur? Was wollt Ihr von mir? Es ist beinahe Mitternacht!«
»Ich erkläre es dir. So mach mir doch endlich auf!«
Er hörte, wie ein eiserner Riegel weggeschoben wurde, dann öffnete sich die Tür.
»Kommt herein !«
Lord Arthur blickte noch einmal die Gasse hinunter, nickte befriedigt, als er sie noch immer still und verlassen in nachtdunklem Blau liegen sah, dann schlüpfte er schnell durch die öffnung.
»Entschuldige, dass ich dich zu so später Stunde störe, aber ich wusste mir keinen anderen Rat«, erklärte Lord Arthur und betrachtete die verschlafene Frau mit einem Anflug von Mitleid.
»Es ist in Ordnung«, erwiderte die Frau und versuchte, mit einer Hand ihr Haar zu glätten. Mit der anderen Hand hielt sie einen Umhang über ihrer Brust zusammen, den sie über das Nachthemd geworfen hatte. Sie war barfuβ, trat fröstelnd von einem Bein aufs andere.
»Es ist kühl«, sagte sie. »Das Herdfeuer ist aus. Setzt Euch an den Kamin. Ich legen ein paar neue Scheite auf.«
Lord Arthur schüttelte den Kopf. »Ich bleibe nicht lange. Mach dir keine Mühe. Es wäre jedoch gut, wenn du dir ein paar Strümpfe anziehen würdest, sonst erkältest du dich noch.«
Die Frau lachte ein wenig, dann huschte sie in einen winzigen Nebenraum und kam gleich darauf bestrumpft zurück.
Sie hantierte mit einer öllampe, brachte sie umständlich zum Brennen, dann setzte sie sich Lord Arthur gegenüber.
»Nun, was kann ich für Euch tun?«, fragte sie. Sie hielt die Hände im Schoβ gefaltet und sah dem Mann aufmerksam ins Gesicht.
Lord Jourdan seufzte. Er sah in ihr Gesicht und stellt mit einiger Überraschung fest, dass Jane seiner zukünftigen Schwiegertochter Laetitia beinahe aufs Haar ähnelte. Sie hatten dieselben warmen, braunen Augen, denselben weichen Mund mit der etwas volleren Unterlippe, dasselbe Haar, welches in seiner Farbe an Kastanien erinnerte. Und sie waren wahrscheinlich ungefähr im selben Alter.
»Du kannst in die Zukunft sehen, nicht wahr, Jane?«, fragte er schlieβlich.
»Manchmal schon, aber sicherlich nicht weiter oder besser als Ihr, Mylord.«
»Und aus den Händen der Leute kannst du das Schicksal lesen?«
Jane
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