Entscheidung der Herzen (German Edition)
Spucketröpfchen versprühend.
»Ich … ähem … ich … dachte …«, stotterte der Scherge.
»überlass das Denken denen, die etwas davon verstehen!«
Sir Humbert lieβ den zitternden Knecht einfach stehen und kam auf Cathryn zu.
»Nun, Lady Jourdan. So sieht man sich wieder! Weit gebracht habt Ihr es. Ihr könnt mit gutem Recht stolz auf Euch sein. Euren Vater wird es freuen, wenn ich ihm von unserem Zusammentreffen in London berichte!«
Am liebsten hätte Cathryn dem Mann in sein fettes rotes Gesicht mit den kleinen Schweinsäuglein gespuckt. Doch war es angesichts ihrer Lage klug, ihren Stolz hervorzu kehren? Es war ihr gleichgültig, was mit ihr geschah. Sollten sie sie doch in den Kerker stecken. Sollten sie ihr die Hand abschlagen und anschlieβend vor die Tore der Stadt jagen. Sie hatte genug erlitten. Das Verlies konnte sie nicht mehr schrecken. Doch was wurde dann aus Cassian? Nein, sie musste sich zusammenreiβen und ihren Stolz und die Wut hinunterschlucken. Cassian brauchte sie, sie durfte ihn nicht im Stich lassen.
Sir Humbert würde sich nicht so leicht beruhigen. Zu tief stand ihm die Kränkung über Catliryns Flucht, die auch dazu gedient hatte, einer Ehe mit ihm zu entgehen,im Gesicht geschrieben. Er wollte Rache, das sah sie ihm an.
»Was wollt Ihr von mir?«, fragte sie leise und mit gesenktem Blick. »Und was tut Ihr im Haus Sir Longlands?«
»Das würdet Ihr wohl gerne wissen, verehrte Lady, nicht wahr?«, keifte er und besprühte dieses Mal Cathryn mit seiner Spucke, der sie vergeblich auszuweichen versuchte.
»Ich erkannte Euch bereits an dem Abend, als Ihr uns das Mahl verdorben habt. Sir Longland ist ein alter Freund aus Kriegstagen. Ich besuchte ihn in London aus geschäftlichen Gründen, doch hielt ich auch Ausschau nach Euch. Einen Sir Baldwin Humbert so zu demütigen, nach dem er Euch seine Hand angeboten hat, das tut man nicht ungestraft.«
Er schwieg und betrachtete Cathryn von oben bis unten. Nie war sie sich ihrer schäbigen Kleidung, ihres ungepflegten äuβeren bewusster gewesen als unter diesem Blick.
»Aber wie ich sehe, gibt es einen Gott, der für Gerechtigkeit sorgt. Selbst einen Hund würde Euer Anblick abschrecken. Heruntergekommen seid Ihr, nicht besser als eine Bettlerin am Hafen, die sich für einen Penny die Nacht feil bietet.«
»Was wollt Ihr?«, fragte Cathryn noch einmal. »Euch an meinem Unglück weiden ? Wollt Ihr mich noch mehr demütigen, als es das Leben bereits getan hat? Was ist Euer Begehr, Sir Baldwin?«
Der Mann schwieg und betrachtete sie erneut. Sein Blick schweifte über ihren Körper, verharrte bei ihren zarten, festen Brüsten, deren weiβes Fleisch durch das Mieder nicht ganz verdeckt wurde.
»Demut will ich Euch lehren«, sagte er. »Demut undGehorsam, wie es einer Frau geziemt. Schon in der Bibel steht geschrieben: Die Frau sei dem Manne Untertan.«
»Und was habt Ihr nun vor?«
Tränen traten Cathryn in die Augen, die sie tapfer zurückzuhalten versuchte. Doch es gelang ihr nicht. Ehe sie sich versah, rollten sie über ihre Wangen, tropften vom Kinn auf ihr erbärmliches Kleid und versickerten im Stoff.
War es das, was Sir Baldwin wollte? Tränen und Reue? Sein Gesicht entspannte sich, bekam einen groβmütigen Zug.
»Nun«, sagte er. »Ich bin bereit, Euch zu vergeben, was Ihr mir angetan habt. Allerdings ist die Vergebung an Bedingungen geknüpft.«
Cathryn nickte. Sie blieb nichts anderes übrig, als ihm zuzuhören und seinen Forderungen zuzustimmen. Sie wusste, Baldwin war gemein und grausam genug, sie dem Henker zu übergeben, wenn sie sich nicht seinem Willen fügte.
»Wie lauten Eure Bedingungen?«, wollte sie wissen.
Sir Baldwin räusperte sich, dann stellte er sich vor dem Stadtknecht auf und sagte mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete: »Geh, Scherge, und komme mir nie wieder unter die Augen. Ich habe mir dein Gesicht eingeprägt und sei versichert, ein einziges falsches Wort, ein Lidschlag zur unrechten Zeit und der Teufel wird dich holen.«
Der Scherge nickte demütig, trat unruhig von einem Bein auf das andere.
»UND JETZT HAUT AB!«, schrie Baldwin. Der Scherge stolperte an ihm vorbei und Sir Humbert gab ihm einen so gewaltigen Stiefeltritt in den Hintern, dass er stolperte und sich erst im letzten Augenblick fangen konnte, bevor er in den Abfallgraben gestürzt wäre.
Baldwin rieb sich die Hände, dann wandte er sich an Cathryn. »So, meine Liebe, und jetzt zu uns. Ihr werdet noch heute mit mir
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