Entscheidung der Herzen (German Edition)
Kaum war er zur Tür hinaus, atmeten alle drei Jourdans erleichtert auf.
»Wenn sich in diesem Lande alles ändert,«, stellte Cathryn schlieβlich fest, »so wird es womöglich auch bald unnötig sein, dass ich diesen Halunken heiraten muss. Ich bitte Euch, verschiebt die Verlobung, haltet ihn hin.« Sie brach ab und sah ihre Eltern aufmerksam und in gewisser Weise prüfend an. »Ich kann ihn nicht heiraten. Beim besten Willen nicht. Ich gehöre zu Cassian. Er braucht mich mehr als die Jourdan-Manors. Ihr, Mutter und Vater, habt euch und eure Liebe. Und ihr habt David und Jonathan. Cassian hat nur mich. Lasst mich zu ihm gehen, ich bitte euch.«
Lord Arthur und Lady Elizabeth sahen sich an und seufzten. »Wenn das so einfach wäre, Kind, hätten wir dir das längst gestattet. Du weiβt, dass auch uns bei dem Gedanken, dich in Sir Baldwins Haus und unter seiner Obhut zu wissen, nicht wohl ist. Doch es gibt da noch etwas, das du nicht weiβt.«
Lady Elizabeth sah zu ihrem Mann. »Oh, Arthur, ich weiβ, dass du diesen Augenblick nie erleben wolltest, aber Cathryn ist erwachsen genug, um die Wahrheit zu ertragen. Sie hat ein Recht darauf, zu erfahren, warum wir darauf bestehen müssen, sie mit Sir Baldwin zu verheiraten.«
Lord Arthur nickte schweren Herzens: »So sag ihr alles.«
»Was ist geschehen? Was verschweigt ihr mir?«, fragte Cathryn und ihr Herz zog sich vor Angst zusammen.
»Du weiβt ja, dass wir vor einigen Jahren einer verfolgten Familie Unterschlupf in unserem Jagdhaus gewährt haben. Die junge Frau war schwanger, du erinnerst dich?«
Cathryn nickte.
»Was du aber nicht weiβt, ist, dass diese Familie einen Anschlag auf Oliver Cromwell geplant hatte. Einen Anschlag, der zwar gescheitert ist, nichtsdestotrotz stand darauf die Todesstrafe. Sir Baldwin wusste also, dass wir Hochverräter vor den Schergen Cromwells verborgen hatten. Als sie weitergezogen sind, lieβen sie das neugeborene Kind bei uns. Es sollte leben, verstehst du, sie gaben ihren Sohn Jonathan in unsere Obhut, um sein Leben zu retten. Ich höre die Mutter noch heute weinen, sehe das Gesicht des Vaters vor mir…«
»Ihr … ihr meint, Jonathan ist gar nicht mein Bruder?«
Lady Elizabeth lächelte: »Nun, vielleicht ist er nicht vom selben Blut wie wir, aber was macht das schon? Für mich jedenfalls war und ist er wie ein eigener Sohn.«
»Für mich natürlich auch«, schloss sich Lord Arthur an.
»Doch das Schlimme daran ist, dass auch Sir Baldwin weiβ, wer Jonathans Eltern wirklich sind. Der Junge würde wie sein Vater und seine Mutter gehängt werden. Baldwin weiβ, wie sehr wir alle Jonathan lieben. Niemals würden wir zulassen, dass ihm auch nur ein Haar gekrümmt wird. Seit Jahren zahlen wir regelmäβig an Humbert, damit er uns Jonathan lässt. Doch von Jahr zu Jahr verlangt Sir Baldwin mehr. Und jetzt hat er um deine Hand angehalten. Wir müssen tun, was er verlangt, sonst… «
Lady Elizabeth versagte die Stimme. Tränen stiegen ihr in die Augen und sie musste nach einem Taschentuch greifen. Auch Cathryn spürte einen dicken Kloβ in ihrem Hals.
»Ich liebe meine Brüder David und Jonathan ohne Unterschied. Und ich werde nicht zulassen, dass dem Kleinen etwas zustöβt. Ist es dafür nötig, Sir Baldwin zu heiraten, so werde ich es tun. Aber ich bete jeden Tag zu Gott, dass ihn der Schlag trifft. Kein Geld oder Besitz dieser Welt hätten mich dazu bringen können, Baldwin zu heiraten. Dazu liebe ich Cassian viel zu sehr, liebe ihn von ganzem Herzen.«
Sie seufzte. »Aber auch Jonathan liebe ich. Um ihn zu schützen, würde ich alles tun. Alles. Also werde ich Sir Baldwin heiraten. Doch meine Abscheu und mein Hass werden ihm die Ehe vergällen. Das schwöre ich, so wahr mir Gott helfe.«
Sie streckte den Rücken und schob ihr Kinn kampflustig nach vorn, doch dann fiel ihr etwas ein: »Weiβ David über Jonathans Herkunft Bescheid?«
Ihre Eltern nickten unisono.
»Wir haben es ihm gesagt, während du in London warst. Wir haben nach euch suchen lassen, nach Cassian und nach dir. Doch die Stadt ist einfach zu groβ. Niemand hatte euch gesehen. Dann kam eines Tages ein Schreiben von Sir Baldwin. Er teilte uns darin mit, dass du dich als Wäscherin verdingen würdest und Cassian im Sterben läge. Wir haben Geld geschickt. Alles, was wir auftreiben konnten, gaben wir einem berittenem Boten. Das Geld habt ihr wohl nie erhalten. Dafür hat Sir Baldwin dich geholt und zu uns zurückgebracht. Was hätten wir tun
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