Entscheidung der Herzen (German Edition)
sich dort ein neues Leben aufbauen«, erzählte Cathryn und hatte Mühe, die schon wieder aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. »Und ich überlege nach einer Möglichkeit, mit ihm gehen zu können, ohne Jonathan zu gefährden.«
»Ein Jahr ist lang, Cathryn. Es wäre falsch, jetzt überstürzte Entscheidungen zu treffen. Es geht nicht nur um Jonathan, sondern auch um deine Eltern, um den guten Namen der Jourdans, den jahrhundertealten Besitz. Eine Lady trägt Verantwortung, ist niemals wirklich frei in ihren Entscheidungen. Also übe dich in Geduld. Manchmal laufen die Dinge von ganz allein.«
Cathryn seufzte und nickte, doch dann fiel ihr etwas ein: »Wo ist David? Habt ihr gestern die Tochter des Gewandschneiders getroffen? Wie ist euer Abend verlaufen?«
Lady Silvana schniefte ein wenig und tat, als wäre sie tödlich beleidigt.
»Ich sagte schon, dass ihr schlimmer als Flöhe seid, nicht wahr? Nun, dein Bnider ist ebenfalls die ganze Nacht nicht zu Hause gewesen. Er ist der jungen Laetitia nachgerannt, diese hatte allerdings schon einen gehörigen Vorsprung– und ich fand mich plötzlich mutterseelenallein und ohne männlichen Schutz und Unterhaltung am Rande des Marktplatzes wieder. Zum Glück hatte mein lieber Mann bereits eine Kutsche geschickt, sodass ich wohlbehalten nach Hause gelangt bin und den Abend vor dem Kamin damit verbracht habe, auf euch zu warten.«
Sie hob die Arme, blickte zur Decke und rief in gespieltem Pathos: »Herr im Himmel, du allein weiβt, wie ich mich um die Kinder gesorgt habe!«
Cathryn lachte. »Nun, eines der Kinder hast du bereits wieder. Und um David musst du dir keine Sorgen machen. Er ist ein Mann. Ihm kann gar nichts passieren.«
Im selben Augenblick ging die Tür auf und David stapfte in die Halle. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, das Haar hing ihm in wirren Strähnen ins Gesicht und sein Mund war zu einem schmalen Strich verzogen. In seinem Blick glitzerte kalte Wut.
»Um Gottes Willen, was ist denn mit dir los?«, fragten Silvana und Cathryn wie aus einem Mund.
»Fragt mich bloβ nicht«, zischte David. »Ich bin im Stande, einen Mord zii begehen.«
»Aha!«, war alles, was Lady Silvana dazu sagte. »Und wen, bitte sehr, würdest du gern ermorden? Sind deine Schwester und ich in Gefahr, muss ich jemanden um Hilfe rufen?«
David war nicht in der Lage, auf Silvanas Ironie einzugehen. Er hielt die Hände zu Fäusten geballt und blickte noch immer wild um sich, als erwarte er, dass sein Erzfeindjeden Moment aus einer Zimmerecke hervorspringen würde.
»Ich vermute, es geht um Laetitia«, riet Silvana, stand auf, fasste David am Arm und zog ihn zu einem Lehnstuhl. »Du beruhigst dich jetzt erst einmal und dann erzählst du, was geschehen ist. Ein Glas Portwein wird dir dabei helfen.«
Sie ging zu einer Anrichte, nahm eine Karaffe und trug sie zum Tisch. Dann holte sie zwei Gläser, überlegte einen Moment, sah zu Cathryn und sagte: »Es ziemt sich zwar nicht für eine junge Lady, bereits zum Frühstück Portwein zu trinken, aber ich denke, wir haben heute Morgen alle eine kleine Stärkung nötig.«
Sie nahm noch ein drittes Glas, schenkte ein und verteilte die vollen Gläser.
David hob sein Glas an die Lippen und trank es in einem Zug leer, während Cathryn nur vorsichtig an ihrem nippte.
»Nun sprich endlich!«
David holte noch einmal tief Luft, dann stieβ er zwischen den Zähnen hervor: »Diese verdammten Puritaner! Oh, wie ich sie hasse. Sie predigen Wasser und saufen heimlich Wein. Sie predigen Nächstenliebe, doch sie sind sich selbst am nächsten.«
»Das ist nichts Neues«, erklärte Lady Silvana. »Hören wollen wir, was dir geschehen ist.«
David nickte. »Ihr erinnert euch, dass ich gestern Laetitia Feather aus London gesehen habe. Ich bin ihr nachgelaufen. Ich kenne sie aus London. Ich habe sie dort in einem Gasthaus getroffen, nachdem ihre Eltern der Pest zum Opfer gefallen und die Gewandschneiderei verbrannt war. Damals, in London, glaubte ich, die Eltern wären an der Pest verstorben, der Brand ein Unglücksfall. Nun, seit gestern weiβ ich esbesser. Ein Flickschuster, der es unter Cromwell zu Geld gebracht hatte, kam eines Tages und nicht lange nach Crom–wells Machtübernahme nach London, um dem Katholiken Feather die Schneiderei abzukaufen. Feather sah keinen Anlass zu einem Verkauf und schickte den Flickschneider, dem es ganz offensichtlich sowohl an Geschmack als auch an handwerklichem Geschick mangelte, zum Teufel. Vor einiger
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