Entscheidung der Herzen (German Edition)
der Stadt predigt, wollten ausgerechnet heute Morgen gleich über zwanzig Bürger seine Verhaftung erwirken. Das Erstaunlichste daran aber ist, dass es sich bei allen um Puritaner handelt. Nun, mir waren die Hände gebunden, da die Vorwürfe, auch wenn sie an den Haaren herbeigezogen scheinen, berechtigt sind. Ich bin nun verpflichtet, Cassian den Prozess zu machen. Doch das Urteil steht bereits fest. Es gibt nichts, das ich tun könnte, um Cassian vor dem Kerker zu bewahren. Spreche ich ihn frei, so habe ich das gesamte Parlament gegen mich, mache mich womöglich selbst noch der Aufwiegelung des Volkes schuldig. Damit, liebste Silvana, wäre unsere Existenz ruiniert, die Puritaner würden mich als Anglikaner der Königstreuebezichtigen, zwei Drittel unseres Besitzes einziehen und mich aus allen ämtern entlassen.«
Lady Whitechap runzelte die Stirn: »Wer steckt dahinter, Benjamin?«
Whitechap zuckte mit den Achseln. »Peacock wollte es mir nicht sagen. »Eine sehr einflussreiche Person, mit der man es sich nicht verscherzen sollte«, lauteten seine Worte und das war alles, was ich aus ihm herausbekommen habe.«
»Oh, Benjamin, was sollen wir nur tun? Cathryn wird auβer sich geraten, wenn sie davon erfährt. Und auch David wird alles daran setzen wollen, seinen Freund zu retten.«
»Ich weiβ es nicht, Silvana. Ich weiβ es wirklich nicht.«
Er lieβ sich schwer auf einen Stuhl sinken und sah seine Frau ratlos an.
»Was ist nur los in dieser Stadt? Seit zwanzig lahren, seit dem Tod König Karl I., ist in England nichts mehr, wie es einmal war.«
»Wir müssen es Cathryn sagen. Sie hat ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihrem Liebsten geschehen ist«, meinte Lord Whitechap. »Die ganze Stadt spricht von nichts anderem. Wir sollten diejenigen sein, von denen sie es erfährt.«
»Du hast Recht, Benjamin. Doch sie sollte sich vorher ausschlafen. Sie braucht Kraft für das, was kommt. Steht der Prozesstermin schon fest?«
Lord Whitechap nickte. »Ja. Der nächste Gerichtstag findet übermorgen statt. Die Parlamentarier sind der Meinung, dass Cassian von Arden so schnell wie möglich verurteilt werden muss. Sie haben Angst, dass die Bevölkerung in Aufruhr gerät. Es herrscht genug Unruhe im Land. Noch mehr davon kann sich Nottingham nicht leisten. Das Parlament hat seit Oliver Cromwell s Tod immer mehr Macht verloren. MitCassians Verhaftung hat es Gelegenheit, Unnachgiebigkeit und Stärke zu demonstrieren. Peacock, der an einer geheimen Beratung des Parlaments teilgenommen hat, lieβ anklingen, dass es hierbei weniger um die Vergehen Cassians geht –diese dienen nur als Vorwand –, sondern in erster Linie darum, ein Exempel zu statuieren und allen Aufrührern und Unzufriedenen deutlich zu machen, wer das Sagen hat.«
»Das klingt, als könne es zum Schlimmsten kommen«, befürchtete Lady Silvana.
»Ja. Das Parlament und der Rat erwarten, dass ich das Todesurteil und die sofortige und öffentliche Vollstreckung verkünde. Silvana, wir können es uns nicht leisten, gegen das Parlament zu entscheiden. Schlieβlich geht es auch um unsere Zukunft.«
»Benjamin! Könnte es sein, dass man uns schaden will? Gibt es jemanden, den du dir zum Feind gemacht hast? Es liegt doch auf der Hand, dass du, dass wir – wie immer du auch entscheiden wirst – aus dieser Angelegenheit nicht ohne Schaden herauskommen.«
Benjamin Whitechap dachte einen Augenblick nach, ehe er antwortete: »Nein, ich glaube nicht, dass ich oder wir persönliche Feinde haben. Es geht um Cassian. Jemand hat mit ihm offensichtlich noch eine Rechnung offen. Und ich bin geneigt zu vermuten, dass Sir Baldwin Humbert dahinter steckt, auch, wenn er selbst heute nicht im Rathaus gesehen wurde. Er sei auf seinen Gütern, heiβt es.«
Silvana nickte. »Du meinst, Humbert will Cassian wegen Cathryn und dem Besitz der Ardens, den er sich unter den Nagel gerissen hat, für immer los werden, nicht wahr? Das könnte gut sein, denn Cassian ist der Einzige, der sowohl seinen Besitz als auch seine bevorstehende Eheschlieβunggefährden könnte. Und wir haben im Grunde nur insofern damit zu tun, dass Cathryn unsere Nichte ist und du der oberste Richter Nottinghams. Er ist schlau, dieser Baldwin. Nicht klug, sondern schlau. Bauernschlau und gefährlich. Er weiβ, dass dir die Hände gebunden sind. Auf diese Art und Weise schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Entscheidest du gegen das Todesurteil, so bist du ruiniert. Verkündest du jedoch seinen Tod, so
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