Entscheidung der Herzen (German Edition)
Mann ist ein angesehener Bürger. Ich wollte euch nicht in Verruf bringen. Die Leute reden so viel. Wie schnell ist da ein Schaden angerichtet.«
»Mein lieber Neffe«, erwiderte Silvana und ihr Ton war von seltener Strenge. »Du machst dich sofort auf den Wegund holst deine zukünftige Verlobte hierher. Laetitia gehört an deine Seite und nirgendwo anders hin. Um meinen Ruf kann ich mich selbst kümmern. Und auch dein Onkel ist kein Mann, der einer unschuldig in Not geratenen Frau Obdach und Hilfe verweigern würde.«
Sie klatschte in die Hände und gab der herbeieilenden Magd Order, sofort ein Zimmer herzurichten.
David stand auf, ging zu seiner Tante und umarmte sie: »Danke, Tante Silvana. Ich danke dir für dein Verständnis und Gott dafür, dass es dich gibt.«
Silvana lieβ sich küssen, doch dann machte sie sich los und gab – ganz Hausherrin, Tante und Lady in einer Person –allen Umstehenden Anweisungen.
»Du, Cathryn, gehst auf der Stelle ins Bett. Was in der Nacht zwischen dir und Cassian geschehen ist, davon weiβ ich so viel, wie ich wissen muss.«
Dann drehte sie sich um und sagte zu David: »Und du gehst endlich und holst Laetitia. Lass dir zuvor einen warmen Umhang von mir heraussuchen. Das Mädchen trug gestern nur ihr Kleid. Es ist zu kühl ohne Umhang. Und geh langsam mit ihr, sie muss sich schonen. Und du…«, Silvana wandte sich an die Magd, »sagst in der Küche Bescheid, dass wir ab heute einen Gast mehr zum Essen haben. Und ich werde meiner Schwester einen Brief schreiben.«
Sie sah sich noch einmal um, ob auch alle ihre Anweisungen befolgten, dann stieg sie mit sehr zufriedenem Gesichtsausdruck die Treppe hinauf zu ihrem Gemach.
Glücklich blickte David ihr nach. »Ich liebe diese Frau«, sagte er voller Bewunderung. »Sie ist unserer Mutter überhaupt nicht ähnlich, doch sie hat ein ebenso groβes Herz.«
Dann drehte er sich um und stürzte zur Tür hinaus.
Als Cathryn ganz allein in der Halle stand, bemerkte sie plötzlich ihre Müdigkeit. Ja, sie würde ins Bett gehen und so lange schlafen, wie es nur ging. Sie wollte allein sein. Allein mit ihren Gedanken an Cassian, mit ihrem Schmerz, aber auch mit den wunderschönen Erinnerungen an die letzte Nacht.
Lord Benjamin Whitechap kehrte an diesem Tag sehr viel früher als gewöhnlich aus dem Rathaus zurück. Obwohl er ein ruhiger, stets ausgeglichener Mann war, rief er an diesem Abend bereits in der Diele mit sich überschlagender Stimme nach seiner Frau. Sein freundliches Gesicht wirkte regelrecht verkniffen.
»Ich komme, Liebling«, antwortete Silvana, eilte die Treppe hinunter und begrüβte ihren Mann mit einem liebevollen Kuss auf die Wange.
»Was ist los?«, fragte sie, als sie seine düstere Miene bemerkte. »Du wirkst so angespannt.«
»Oh, meine Liebe, das bin ich auch. Wir haben allen Grund zur Sorge. Lord Cassian von Arden ist heute Morgen beim Verlassen des Klosters von den Stadtschergen gefangen genommen und ins Verlies gebracht worden.«
»Um Gottes willen! Hast du das etwa angewiesen?«
Lady Silvana schlug erschrocken die Hände zusammen und sprach weiter, ohne eine Antwort ihres Mannes abzuwarten. »Warum? Aus welchem Grund? Er hat doch keiner Menschenseele etwas zuleide getan.«
»Nun, seit heute Morgen ging es bei mir wie in einem Taubenschlag zu. Beinahe im Stundentakt lieβen sich Bürger bei mir melden, um Anzeigen zu erstatten. Sie alle teilten mirmit, dass sich Cassian von Arden der Gotteslästerung und Aufwiegelung der Bürger schuldig gemacht hat. Sogar mehrere Parlamentarier Nottinghams haben ihn angezeigt. Als Beweise führten sie Auszüge aus seinen Reden an, unter anderem seine Aufforderung, nicht die Gesetze des Parlaments als Maβstab für das eigene Handeln zu nehmen, sondern das Wort der Bibel. Man kann diesen Satz so interpretieren, dass Gottes Wort über dem Wort des Parlaments steht – und so sollte es auch sein. Man kann es aber auch so auslegen, dass Cassian von Arden damit die Bürger zur Missachtung der Gesetze aufruft. Und das wiederum ist strafbar. «
Lord Whitechap blickte sich um. Als er sah, dass er mit seiner Frau allein in der Halle war, die Dienstboten alle irgendwo im Haus oder der Küche beschäftigt waren, sprach er weiter: »Lord Peacock, mein Stellvertreter, war heute Morgen schon sehr früh da und hat diese Farce vom ersten bis zum letzten Augenblick verfolgt. Er vermutete, dass es sich um eine Absprache handelte. Obwohl von Arden ja schon seit mehreren Tage in
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