Entscheidungen
sah mich scharf an.
Ich schüttelte den Kopf. "Geh nicht."
"Warum?"
"Weil ich es hasse, wenn du nicht bei mir bist." Ich biss mir auf die Lippen.
Sam drehte sich ein Stück und beugte sich dann zu mir hinunter. Als er mich küsste, schloss ich die Augen und zog ihn an mich.
"Bleib bitte, ja?", flüsterte ich, als er sich wieder von mir löste.
Statt einer Antwort küsste er mich erneut, und wir sanken zurück auf die Matratze.
"Wieso streiten wir uns eigentlich immer wegen jeder Kleinigkeit?", flüsterte er leise in mein Ohr.
"Weil wir das schon immer so gemacht haben", gab ich zurück und dachte einen Moment lang sehnsüchtig an meine erste Zeit in Nebraska zurück.
Sam lachte leise.
"Dadurch wird es wohl nie langweilig."
"Ist dir etwa schon langweilig mit mir", fragte ich entsetzt.
Wieder sein Lachen.
"Samuel Hudson!"
"Ja, Liliane Cooper?"
"Ich… bin… wütend."
"Tatsächlich?"
"Nein."
Wir lachten beide.
"Ich bin glücklich, Lily." Er wurde mit einem Mal wieder ernst. "Ich hätte nie gedacht, dass ich das wirklich noch einmal werden würde. Aber ich bin es und der Grund dafür bist du, das weißt du hoffentlich."
Ich hatte mit einem Mal einen Kloß im Hals. Das war aber auch eine Achterbahn der Gefühle, die wir hier heute Nacht fuhren.
"Du bist mein Leben, Samuel." Ich berührte zärtlich sein schönes Gesicht, und er schloss ergeben die Augen.
"Ich werde auf dich aufpassen. Koste es, was es wolle." Mit diesen Worten zog er mich fest an sich, und ich fragte mich unwillkürlich, was genau er damit meinte?
6. KAPITEL
X ander wartete nach Einbruch der Dunkelheit unweit des Campus' auf mich. Er hatte die Hände tief in den Taschen vergraben und sah kaum auf, als ich um die Ecke gebogen kam und auf ihn zusteuerte.
"Hey, geht dir gut?"
"Ich hatte keinen schönen Tag", antwortete er ausweichend.
"Oh, das heißt?"
"Ich möchte jetzt nicht darüber reden, Lily." Er kickte aufgebracht gegen einen Stein, der daraufhin im weiten Bogen durch die Luft flog und irgendwo im Nirgendwo landete. Wie sehr er sich verändert hatte. Nicht nur optisch. Von dem fröhlichen jungen Mann, den ich einst in Nebraska kennengelernt hatte, schien nicht mehr viel übrig geblieben zu sein.
"Wollen wir ein Stück gehen?"
Er nickte.
Schweigend liefen wir die Straße hinunter. Hin und wieder fuhr ein Auto an uns vorbei, ansonsten blieb alles still. Ich fragte mich, ob ich es schaffen würde, vor Sam und Vanessa wieder zurück zu sein. Ich hatte beiden eine Nachricht geschrieben, dass ich noch unterwegs sein würde, doch weder von Sam, noch von Vanessa hatte ich bisher eine Antwort bekommen.
Vielleicht war Sam ja mit Jona beschäftigt.
'Hör sofort auf damit, Lily', rief ich mich selber zurecht. Das war ja wie im Kindergarten!
"Heute war ein so beschissener Tag."
Ich sagte nichts, da ich ihn nicht drängend wollte. Xander hatte momentan das Gemüt einer Auster. Er schnappte sofort wieder zu, wenn man ihn zu sehr gängelte.
"Raphael hat mich zu sich zitiert und gefragt, warum seine 'Lieferung' stockt. Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Beinahe wäre alles aufgeflogen. Ich hatte echt Angst, Lily."
Ich verstand nur Bahnhof, aber ich nickte trotzdem verständnisvoll.
"Murphy hat mich die ganze Zeit über ausgefragt, wie es sein kann, dass immer wieder Mädchen verschwinden? Wie es sein kann, dass sie immer nur mir entkommen? Er traut mir kein bisschen."
"Was für Mädchen?"
"Viele Menschen kommen freiwillig zu uns, aber manche… müssen erst überredet werden. Wenn sie dann sehen, was… passiert, wollen sie weg. Doch sie lassen sie nicht gehen. Sie sperren sie ein, so lange, bis Raphael nach ihnen verlangt. Er nennt sie seine 'Lieferung'."
"Und du hast die Mädchen rausgelassen?"
Xander nickte stumm. Ich sah einen verbissenen Ausdruck auf seinem Gesicht. Es war wirklich gefährlich, was er da tat. Aber auch mutig. Es beruhigte mich, dass er scheinbar nicht ganz so abgebrüht war, wie ich befürchtet hatte.
"Weißt du, wenn sie es freiwillig machen, ist das ihre Sache. Ihre Schuld. Das ist nicht mein Business. Aber… das andere. Das kann ich nicht."
"Aber das ist gut."
"Es wird mir das Genick brechen."
"Aber du hast den Hunter hinter dir." Eine Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus. Das ganze musste so schnell wie möglich beendet werden, bevor Xander tatsächlich noch etwas passierte.
"Der Hunter alleine gegen Raphael und seine Männer?" Xander lachte freudlos. "Er hat keine Chance und
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