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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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dieses bescheuerte Mjam Mjam. Ich hasse Babysprache.«
    Ich tauche den Löffel erneut ein. Herr Menke schaut mir unschlüssig dabei zu, nimmt dann aber doch die Hände von meinem Hals und entreißt mir wutschnaubend den Löffel.
    »Bestellen Sie sich Ihr eigenes Essen«, fährt er mich an.
    Der Kellner, der immer noch neben uns steht und unsere Auseinandersetzung interessiert verfolgt hat, fragt mich: »Für Sie das Gleiche, der Herr?«
    »Ja, bitte«, antworte ich.
    Als sich der Kellner abwendet, halte ich ihn am Ärmel fest:
    »Moment. Eine Frage noch. Sie haben doch gesehen, wie der Mann mich gewürgt hat. Warum haben Sie nicht eingegriffen?«
    »Ich hatte nicht genug Zivilcourage.«
    Er schaut pikiert auf meine Hand und bedeutet mir mit seinem Blick, ich möge bitte seinen Ärmel loslassen. Ich folge seiner Bitte und würde mich jetzt auf mein Mittagessen freuen, wenn ich nicht genau wüsste, dass es scheiße schmecken wird. Vorfreude und Hoffnung sind einfach nicht mein Ding.

2
    Während Herr Menke schweigend sein Chili isst, lese ich ein paar Zeilen in meinem Buch. Die Ruhe währt nur kurz. Mein Tischnachbar legt den Löffel zur Seite, tupft sich den Mund mit der Serviette ab und blickt versonnen aus dem Fenster.
    »Das ist alles so unschön«, sagt er nachdenklich und mehr zu sich selbst, aber doch so laut, dass ich nicht anders kann, als von meiner Lektüre aufzusehen. »Man macht sich ja immer etwas vor, bevor man in einen Zug steigt. Man glaubt, man reist ein paar Stunden lang entspannt durch die Weltgeschichte, kann ungestört lesen oder aus dem Fenster gucken – aber dann landet man doch wieder mit so einem Vollidioten an einem Tisch.«
    Entnervt lasse ich das Buch sinken.
    »Jetzt hören Sie doch mal auf, ständig auf mir herumzuhacken. Ich weiß ja, dass Sie Menschen nicht mögen. Aber reiben Sie mir nicht ständig unter die Nase, wie unangenehm es mit mir ist.«
    »Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an«, entgegnet er vorwurfsvoll. »Ich werde ja wohl noch sagen dürfen, dass ich überhaupt keine Lust auf Sie habe.«
    »Aber nicht alle zwei Minuten. Warum denken Sie sich nicht einfach Ihren Teil wie andere auch?«
    »Tu ich doch. Seien Sie froh, dass Sie das nicht hören, Sie bekommen nur die Spitze des Eisbergs mit. Das, was ich nicht zurückhalten kann. Wenn es Sie stört, dann hören Sie doch nicht hin.«
    Ich wende mich ab und blicke beleidigt an die Decke. Er ignoriert meine Stimmung.
    »Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es sogar für sozial nicht Gestörte stressig sein soll, so eng beieinander zu sitzen wie wir gerade an diesem Tisch.«
    »Ach?«, wende ich mich ihm sofort wieder zu. Ich muss wirklich noch daran arbeiten, etwas länger beleidigt zu sein, das geht ja nicht, dass ich mich immer gleich wieder einfangen lasse. »Aber die meisten Menschen gewöhnen sich relativ schnell aneinander«, setze ich hinzu.
    »Ja. Aber ich könnte das nicht«, sagt er nachdenklich. »Mich an jemanden gewöhnen. Ein Mensch wird nicht erträglicher, nur weil ich mehr Zeit mit ihm verbringe. Im Gegenteil. Wissen Sie, was ich besonders schlimm finde? Menschen , die im Laufe der Zeit lockerer werden. Am Anfang sind die so angenehm verklemmt. Aber plötzlich werden die lockerer .« Die Worte »Menschen« und »lockerer« spuckt er abfällig aus. »Das sind mir die Liebsten«, fährt er fort. »Die, die lockerer werden. Die habe ich gefressen. Die hören gar nicht mehr auf, lockerer zu werden, wenn sie einmal angefangen haben, lockerer zu werden. Die werden lockerer und lockerer und am Ende muss man ihnen ein paar knallen.«
    »Ja, das geht mir genauso. Abscheulich.«
    »Sie wollen aber jetzt hoffentlich nicht irgendwelche Gemeinsamkeiten zwischen uns betonen, oder? Sich darüber austauschen, wie das ist, Eigenbrötler zu sein? Das können Sie sich gleich sparen. Bin ich nicht der Typ für.«
    »Für wen halten Sie mich?«, frage ich verärgert. »Nie im Leben käme ich auf die Idee, Erfahrungen mit Ihnen auszutauschen, nur weil wir uns irgendwie ähnlich sein könnten. Gott bewahre.«
    »Dann ist es ja gut. So etwas kann ich nämlich überhaupt nicht leiden. Am Ende sind Sie noch der Meinung, dass wir zwei uns so gut verstehen, dass wir unbedingt Kontakt halten müssen. Weil Sie glauben, einen Leidensgenossen gefunden zu haben oder so. Und dann drängen Sie darauf, Adressen auszutauschen. Das schminken Sie sich aber mal schön ab, mein Herr. Nicht mit mir.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Herr Menke, Sie

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