Entschuldigen Sie Meine Stoerung
ja nicht einmal, an wen ich mich wenden sollte, wenn ich Sie wegen Bruch des Arztgeheimnisses anzeigen wollte. Kann ja schlecht zur Polizei gehen und sagen: ›Hier, der Dr. Möbius, ne? Der plaudert über mich.‹ Die würden mir doch kein Wort glauben.«
»Eben. So, wir haben noch zwei Minuten. Wollen wir noch über das Thema ›Herr Fitz und die Frauen‹ sprechen?«
»Können wir machen. Und was machen wir in der letzten Minute?«
»Vor uns hinsummen.«
» OK .«
»Also: Wie ist das mit Ihnen und den Frauen?«
»Ach, hören Sie mir auf mit den Frauen.«
» OK .«
Mein Arzt summt bis zum Ende der Stunde »Alle meine Entchen«. Nach den ersten Tönen summe ich mit.
Ein Blick auf meine Mitpatienten: der narzisstisch gestörte Feuerwehrmann
Um genau zu sein, habe ich mit dem Feuerwehrmann gar nicht geredet. Dazu war er mir zu unsympathisch. Ich habe nur mal mit ihm vor dem Arztzimmer warten müssen. Ich nutzte die Gelegenheit, ihn intensiv zu beäugen. Da fiel mir auf: Ich kannte den Kerl schon. Wir hatten vor drei Jahren eine Begegnung. Damals saß ich in eine wärmende Decke gehüllt hinten in einem Krankenwagen. Der Kerl stand vor mir und moserte: »Sie könnten ruhig etwas dankbarer sein.«
»Und warum bitteschön?«, fragte ich ihn missmutig.
»Ich habe Sie aus den Flammen gerettet.«
»Na und?«, erwiderte ich unbeeindruckt. »Ich wäre auch ohne Sie da rausgekommen. Bilden Sie sich mal bloß keine Schwachheiten ein.«
»Ach ja? Und der Eisenträger, der auf Ihrem rechten Bein lag?«
»Den wollte ich gerade zur Seite schieben, als Sie sich plump aufdrängten.«
»Und die eingestürzte Mauer, die Ihnen den Weg abgeschnitten hat, die war für Sie auch kein Problem, was?«, fragte er in einem ironischen Ton, der mir gar nicht gefiel.
»Gut, da hätte ich natürlich ein bisschen buddeln müssen.«
»Ohne mich wären Sie verbrannt. So sieht’s nämlich mal aus.«
»Unsinn. Ich wäre der Flammen schon Herr geworden, Wachtmeister.«
»Ich habe für Sie mein Leben riskiert«, erregte er sich. »Obwohl ich zwei Kinder habe. Glauben Sie, ich habe mich aus Spaß an der Freude in dieses Inferno gestürzt?«
»Pffffft«, schnaubte ich verächtlich. »Dann gehen Sie mal schnell zu Ihrer Familie und erzählen Sie der, was für ein toller Hecht Sie sind.« Ich wende meinen Kopf genervt von ihm ab und beobachte das lichterloh brennende Haus.
»Verbrannt wären Sie. Verbrannt!« Er klingt jetzt hysterisch.
»Mumpitz. Ich war doch schon so gut wie draußen. Sie wollen sich nur mit Lorbeeren schmücken, die Ihnen nicht zustehen.«
»Wie hätte der Herr den Eisenträger denn bitte sehr von seinem Bein bekommen?«, fragte er herausfordernd.
»Pipileicht. Schließlich hatte ich mir den ja auch selbst aufs Bein gelegt. Ich suche in Situationen, die mir noch zu einfach erscheinen, immer die Herausforderung. Wenn schon Gefahr, dann richtig.«
»Alle Ausgänge waren von der Feuersbrunst versperrt.«
»Quatsch. Ich wäre einfach zweimal rechts gegangen, dann geradeaus und an der dritten Tür links. Schwupps, schon wäre ich auf der Straße gewesen. Aber das können Sie nicht wissen. Ihr Feuerwehrleute müsst ja mit euren Äxten immer alles kaputtschlagen. Und wissen Sie, was das Entwürdigendste war? Wie Sie mich aus dem Haus getragen haben. Ich auf Ihrem Arm. Wie ein Bräutigam, der in der Hochzeitsnacht von seiner Braut über die Schwelle getragen wird. Ich habe mich so geschämt.«
»Sie stehen noch unter Schock. Wenn Sie sich beruhigt haben, werden Sie mir dankbar sein.«
»Das werde ich nicht! Nie im Leben werde ich einem Arschloch wie Ihnen dankbar sein.«
Dem Feuerwehrmann fehlten die Worte. Jetzt hatte ich ihn. Die Runde ging an mich.
»Wieso bin ich ein Arschloch?«, fragte er, nach Fassung ringend.
»Sieht man doch auf den ersten Blick. Schon als Sie sich durch die Flammen zu mir durchgekämpft haben und plötzlich in Ihrer lächerlichen Uniform mit diesem pseudodramatischen Blick vor mir standen, dachte ich sofort: ›Nä! Mein Gott. Was is’n das für einer? Hoffentlich rettet der mich nicht. Hoffentlich kommt noch ein Kollege.‹»
»Sie haben sie doch nicht mehr alle.«
»Aber Sie, oder was? Wer ist denn so bescheuert, freiwillig in ein brennendes Haus zu rennen? Man sollte Sie auf Ihren Geisteszustand hin untersuchen! Ich will lieber verbrennen als Ihnen mein Leben verdanken. Wie ich Sie kenne, erwarten Sie Weihnachten eine Karte von mir. Und dass ich mein Erstgeborenes nach Ihnen
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