ENTSEELT
damals. Vielleicht liegt es daran, dass wir jetzt wieder zusammenarbeiten?«
»Wir haben seitdem schon oft zusammengearbeitet.« Jordan stieß seinen Stuhl zurück, er fühlte sich plötzlich erschöpft. »Nein, ich glaube, das war etwas, das sich aufgestaut hat und einfach raus musste. Tja, es hat sich Zeit damit gelassen, aber jetzt ist es heraus und damit für immer ausgestanden. Hoffe ich wenigstens!«
»Das hoffe ich auch«, schloss sich Layard an. »Aber bei uns beiden zur gleichen Zeit? Und warum gerade jetzt? Wir könnten nicht weiter von der Situation in Harkley House entfernt sein als gerade jetzt.«
Jordan seufzte und griff nach seiner Kaffeetasse. Seine Hand zitterte leicht. »Vielleicht haben wir es jeweils vom anderen aufgefangen und verstärkt. Du weißt, was man über große Geister sagt: dass sie gleich denken?«
Layard entspannte sich und nickte. »Vor allem wenn es sich um Geister mit unseren Gaben handelt, stimmt’s?« Er nickte wieder, ein wenig unsicher. »Vielleicht hast du ja recht ...«
Um Viertel vor zehn saßen die beiden auf einer Holzbank an der nördlichen Hafenmauer, von der aus sie einen hervorragenden Blick über die Bucht von Mandraki, den Hafen und die Bastion des heiligen Nikolaus hatten. Links neben ihnen auf ihrem Hügel erhob sich das Gebäude der griechischen Staatsbank. Die weiß getünchten Wände und die blauen Fenster spiegelten sich im ruhigen Wasser, während sich rechts von der Promenade die Neustadt von Rhodos erstreckte. Mandraki war ein Anlegeplatz für Schiffe ohne großen Tiefgang. Der eigentliche Industriehafen lag einen halben Kilometer weiter südlich in der Bucht der historischen Altstadt mit ihren malerischen Gassen und den alten Befestigungsanlagen der Kreuzritter, hinter der langen Mole mit dem Fort an der Spitze. Doch laut ihren Informationen legten die Drogenkuriere in Mandraki an, um dort Wasser und Lebensmittel zu bunkern, bevor sie nach Kreta, Italien, Sizilien und Spanien weitersegelten.
Kleinere Mengen Cannabis würden auch hier des Nachts den Weg an Land finden (wahrscheinlich durch einen Matrosen mit Badehose und Schwimmflossen), ebenso wie bei den diversen anderen Häfen auf der Route. Aber der Löwenanteil des Stoffes – und die Hauptladung, die aus Kokain bestand – war für Valencia in Spanien bestimmt. Und würde von dort dann nach England weitergeleitet. So war es jedenfalls in der Vergangenheit gewesen. Und jetzt war es die Aufgabe des E-Dezernats herauszufinden, wie viel von dem weißen Pulver an Bord war, ob eine Razzia die Drogenbarone vorwarnen würde, falls es sich nur um eine geringe Menge handelte, und wo der Stoff überhaupt an Bord verwahrt wurde.
Erst vor ein paar Monaten war ein Boot in Lacarna auf Zypern bis auf die Planken auseinandergenommen worden. Man hatte nichts gefunden. Aber diese Aktion war von der griechisch-zypriotischen Polizei durchgeführt worden, sie war schlecht geplant gewesen, und vielleicht hatten ihnen auch die richtigen Informationen gefehlt! Diesmal würde es in einer konzertierten Aktion münden, in Valencia, bevor die Ladung gelöscht werden konnte. Und diesmal würde das Boot – ein altersschwacher hölzerner Kahn unter griechischer Flagge namens Samothraki – nicht nur bis auf die Planken, sondern bis zum letzten Holzspan auseinandergenommen werden. Und bis es so weit war, würden Jordan und Layard sie auf ihrem Weg beschatten.
Sie trugen die üblichen »amerikanischen« Baseballkappen, bunte, offene, kurzärmelige Hemden, Freizeithosen und Ledersandalen. Mit Ferngläsern bewaffnet erwarteten sie die Ankunft ihrer Beute. Für verdeckte Ermittler mochte ihr Aufzug ein wenig exotisch erscheinen, aber im Vergleich mit einigen der auffälligeren Touristengruppen war er fast schon zu dezent. Und sie wollten schließlich auf keinen Fall auffallen.
Sie schwiegen beide seit geraumer Zeit; irgendwie war ihnen nicht nach reden. Jordan schob es auf den Metaxa, und Layard meinte, das fettige Essen liege ihm schwer im Magen. Was es auch war, es beeinträchtigte ihre ESP-Fähigkeiten.
»Irgendwie ist das ... trübe«, murrte Jordan missmutig. Dann zuckte er die Achseln. »Aber damit wirst du wohl nicht viel anfangen können, oder?«
»Sicher, ich kenne das«, gab Layard zurück. »Früher haben wir das Gedankensmog genannt, weißt du nicht mehr? Eine Art mentale Statik, die die Bilder verzerrt oder blockiert? Oder sie in einen ... in so was wie einen feuchten, klammen Nebel hüllt? Wenn ich meine Fühler
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