Entspannt erleben - Babys 1. Jahr
die Beziehungen zueinander immer wieder neu bestimmt. Sie sind deshalb ein ständiges Übungsfeld für soziale Fähigkeiten. Wird die Enttäuschung zu groß, ist die Fähigkeit zum Austausch besonders gefragt: Wie mache ich meinem Partner/meiner Partnerin meinen Wunsch nach Aufmerksamkeit auf sinnvolle Weise deutlich? Zwei erwachsene Menschen haben nun einmal höchst unterschiedliche Bedürfnisse nach Nähe. Für den einen mag es ein langes Gespräch sein, für den anderen ist eine sexuelle Begegnung der einzig wirklich befriedigende Kontakt.
In diesen Konflikt platzt Babygeschrei: Das Baby ist in seinen Äußerungen laut und unmissverständlich, es schreit und fordert die prompte Befriedigung seiner Bedürfnisse. Erst im Lauf der nächsten Monate wird es lernen zu warten, zumindest für kurze Zeit. Eine verzwickte Situation für alle Beteiligten.
Für ein älteres Geschwisterkind sieht die Lage schon anders aus: Sein Vertrauen in die Zuneigung seiner Eltern wird auf eine harte Probe gestellt und häufig probiert es Ausdrucksformen aus, die für die Eltern neu und unerwartet sind, manchmal auch Ärger hervorrufen. Verstehen Sie als Eltern das Verhalten als die Bitte um Aufmerksamkeit, kann dies die Lage schon entlasten und eröffnet Ihnen neue Reaktionsmöglichkeiten.
»Da bleibt kein Stein auf dem anderen
Ursula Jahn-Zöhrens, Hebamme
In einer Runde mit Paaren im Geburtsvorbereitungskurs frage ich in die Runde, was die Erwartung an diesen Kurs ist. Ein Vater antwortet: „Ich denke, da bleibt am Ende keine Stein auf dem anderen. Ich erwarte, dass unser Leben sich total durch das Baby verändert. Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie es sich verändert! Ich hoffe, hier einiges zu erfahren. Ich denke, aber wir müssen es auch einfach auf uns zukommen lassen.“ So würde ich es auch aus meiner Erfahrung heraus beschreiben: Bleiben Sie den Veränderungen gegenüber offen, dann können Sie flexibel reagieren.«
Die Wurzeln der neuen Familie
Ein Baby verändert die Welt! Es macht eine Frau und einen Mann zu Eltern, ein Geschwisterkind zu einem großen Bruder, einer großen Schwester, die Eltern der Eltern zu Großeltern, ihre Geschwister zu Onkel und Tanten. So wurzelt seine eigene Lebensgeschichte weit in der Vergangenheit und sie reicht in eine Zukunft, an der die vorangehenden Generationen nicht mehr teilhaben werden.
Die Geburt eines Kindes rührt bei den „frischgebackenen“ Eltern unmittelbar an der Fragenach der eigenen Herkunft. Die Qualitäten oder Defizite der Herkunftsfamilie dienen oft als Erklärung für eigene Stärken, Schwächen und Vorlieben. Es wächst ein größeres Verständnis für die eigenen Eltern, manchmal werden aber auch die trennenden Gräben größer.
Nutzen Sie die Hausbesuche Ihrer Hebamme, um den Tagesablauf mit ihr zu besprechen.
Als Hebamme höre ich gerade im Wochenbett Aussagen wie „Meine Mutter fehlt mir so!“, „Ich verstehe meine Mutter jetzt viel besser!“, „Meine Mutter sagt, ich soll das Baby nicht so verwöhnen. Ich denke, sie hat mich lange schreien lassen. Das will ich auf gar keinen Fall!“ oder auch „Meine Schwiegermutter hat gesagt, wenn ich meinen Sohn zu lange stille, wird er ein Mamakind!“. Ihre kleine neue Familie ist fest verwurzelt in Ihren Herkunftsfamilien. Diese Wurzeln geben Halt, können aber durchaus auch einengen. Vertrauen Sie hier auf Ihre eigenen Gefühle. Ihre Mutter hat Sie zu einer ganz anderen Zeit und unter anderen Bedingungen zur Welt gebracht. Daher widersprechen sich Aussagen von damals zu heute manchmal. Aber nicht alles von früher ist heute ungültig.
Die Familie im sozialen Netz
In der Zeit des Wochenbetts dringen viele Hebammen aus gutem Grund darauf, viel Raum für die Intimität der neuen Dreiheit zu schaffen. Ein kurzer Besuch – wobei manche junge Mutter lieber alle auf einmal hat als ein ständiger Besucherstrom – oder eine kleineFeier zur Begrüßung des neuen Familienmitglieds, die von anderen als den ohnehin überlasteten jungen Eltern ausgerichtet wird, könnten gute Ideen sein, die Sie schon vor der Geburt anregen sollten. Dann aber muss wieder Ruhe einkehren. Das soziale Netz der verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen kann für Sie, aber vor allem für Ihr Baby zur Stabilität beitragen und damit zu seiner Gesundheit. Daher ist es von Beginn an für Sie und Ihr Kind wichtig, aber auf die richtige Dosis kommt es an.
Nutzen Sie auch in der Zeit des Wochenbetts die Begleitung durch eine
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