ENTWEIHT
sie legten Xanadu in Schutt und Asche!«
»Ja.« Abermals nickte Castellano. »Und einen gutaussehenden Vampir legten sie dabei gleich mit um – nicht anders als vor gut dreißig Jahren, als sie die Manse Madonie zerstörten! Denn nichts anderes tun sie, Garzia: Sie bringen Leute wie dich und mich einfach um und vernichten alles, was wir geschaffen haben!«
»Und Cutter?«
»Ist ein Agent in einer langen Reihe von Agenten mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Nur so kann es sein. Harry Keogh, Alec Kyle, Jake Cutter. Letztlich doch nicht ein und derselbe, denn wie ich mit eigenen Augen gesehen habe, ist dieser Cutter noch sehr … noch sehr ...« Castellano verstummte. Wie erstarrt stand er da. Er sah aus wie eine Gottesanbeterin kurz vor dem Zustoßen. Allerdings gab es nichts, worauf er herabstoßen konnte. Noch nicht.
»Noch sehr …?«, fragte Garzia stirnrunzelnd.
»Jung«, sagte Castellano ausdruckslos. »Keogh, Kyle und Cutter ...« Er hieb sich mit der Faust in die offene Hand: »Wie? Hältst du es für möglich, Garzia?«
Garzia hob hilflos die Arme. Sein Blick war verständnislos.
»Kennst du den Ausdruck: einen vom Fach drauf ansetzen?«
Garzia zog hörbar die Luft ein. »Du meinst, dass sie einen Vampir benutzen, um … Vampire aufzuspüren?«
»Das würde einiges erklären«, nickte Castellano. »Irgendwie haben sie einen von uns unter ihre Kontrolle gebracht und setzen ihn nun als zahmen Bluthund ein. Keogh, Kyle, Cutter – sie könnten in der Tat ein und derselbe sein. Alterslos, so wie wir. Lautlos und unauffällig, wie du und ich. Ha! Und selbstverständlich bewegen Keogh und Kyle – und nun dieser Jake Cutter – sich wie Gespenster! Nicht anders als wir, wenn uns der Sinn danach steht.«
Garzia fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. »Aber du sagtest doch, dieser Jake Cutter sei bloß ein Mensch und du hättest ihn tatsächlich gesehen! «
»Ihn gesehen?« Für eine Sekunde legte Castellano die Stirn in Falten, ehe er langsam fortfuhr: »Ja, ich habe ihn gesehen – ich hatte ihn sogar in meiner Gewalt. Einen Mann, der es nicht wagte, seine wahre Natur gegenüber einem anderen vom gleichen Schlag zu enthüllen, der sehr wohl gewusst hätte, wie er mit ihm umspringen müsste! Er ist gerissen wie ein echter Vampir, Garzia; er überlebte den plumpen ›Unfall‹, den diese vier Idioten arrangierten, entkam aus dem Wagen und kehrte zurück, um drei von ihnen umzubringen. Mehr noch, ihm gelang auch die Flucht aus jenem Gefängnis in Turin, obwohl er verlässlichen Quellen zufolge so voller Blei gepumpt wurde, dass es ausgereicht hätte, damit eine Kirche zu überdachen! Und nun sage mir: Wem außer einem äußerst versierten Vampir könnte dies wohl gelingen?
Und was seinen Rachefeldzug angeht: Ich hege nicht den geringsten Zweifel daran, dass Lefranc der Nächste sein wird … und dann komme ich an die Reihe! Aber so weit wird es nicht kommen.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, Garzia. Wir werden ihn erwarten. Zunächst Jake Cutter, und dann das E-Dezernat. Die wollen wissen, was ich so treibe, oder? Und dieser Georgi Grusev, den uns der russische Premierminister auf den Hals hetzte, war ihr Spürhund? Du siehst, dass diese einstigen Gegner sich zusammengeschlossen haben und nun gemeinsame Sache gegen mich machen. Und was meinen Aufenthaltsort angeht: Nun, offensichtlich wissen sie jetzt, wo ich bin. Und falls sie vorhaben sollten, Jake Cutter gegen mich einzusetzen – sei‘s drum. Ich werde ihm sogar eine Einladung schicken, und zwar via Moskau: Grusevs Ohren, seine Augen und all seine Finger. Zweifellos haben sie seine Abdrücke, damit dürfte ihnen auch klar sein, was ihm zugestoßen ist ...«
Nach einer Weile, als aus Castellanos Schweigen ersichtlich wurde, dass er am Ende angelangt war, sagte Garzia: »Das heißt, unsere Tarnung ist aufgeflogen. Jetzt wissen sie also, was wir sind. Diese Leute wissen, wo wir uns aufhalten, Luigi, und sie werden es nicht zulassen, dass wir am Leben bleiben. Dass wir mit Drogen handeln, ist eine Sache, aber unsere wahre Natur … das steht auf einem ganz anderen Blatt. Ist das der Anfang vom Ende, was glaubst du?«
Castellano erwachte aus seiner Erstarrung, richtete seinen Blick auf Garzia. Auf seinem Gesicht machte sich ein abscheuliches Lächeln breit. »Abgesehen von dir habe ich mein Gift stets für mich behalten. Aber wenn sie einen Krieg wollen, dann werden wir auch Truppen benötigen. Und zwar nicht bloß solche Schlägertypen, mit
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