ENTWEIHT
konnte den Sender unmöglich außerhalb des Hotels empfangen. Also überprüfte Jimmy an der Rezeption, ob im Hotel jemand infragekommt, der uns abhört. Der einzige Kandidat dafür war ein Franzose, der sich, kurz nachdem wir aus Australien zurückkehrten, ein Zimmer nahm. Er hat sich als Alfonso Lefranc eingetragen und der erste Gedanke in der Zentrale war, dass dies ein Deckname sein musste. Also fragten sie bei Interpol nach ... und siehe da, der Kerl arbeitet als Informant für Luigi Castellano! Was sagt man dazu! Darauf überprüften unsere Leute die Fluggesellschaften, und soweit sie wissen, ist Lefranc immer noch in der Stadt. Jetzt sind sie auf der Suche nach ihm. Und das ist noch nicht alles ...«
Trask schwirrte der Kopf. Castellano? Der Kerl, von dem Jake so besessen war? Was zur Hölle ging da vor? Er speicherte die Information und fragte: »Was noch?«
»Über den Zerhacker erhielten wir eine Nachricht von Gustav Turchin«, erwiderte der Lokalisierer. »Er meint, dass sein Mann Castellanos Organisation mittlerweile infiltriert haben müsste. Er sagt, er setzt sein vollstes Vertrauen in diese Person und geht davon aus, dass er bald in der Lage sein dürfte, uns mitzuteilen, wo dieser sizilianische Drecksack sich aufhält. Danach liegt es an uns. Aber er kann es kaum noch erwarten, dass wir uns endlich mit seinen persönlichen Schwierigkeiten bei ihm zu Hause befassen – womit vermutlich Russland gemeint ist, beziehungsweise genauer: Perchorsk.«
»Genau das!«, sagte Trask. »Sonst noch etwas?«
»Ja«, antwortete Chung und wand sich verlegen auf seinem Stuhl. »Noch eine Sache, und die wird dir nicht gefallen.«
»Bisher hat mir noch gar nichts gefallen!«, entgegnete Trask.
»Dies hier wirst du noch weniger mögen«, meinte Chung, »aber vielleicht wird es uns eine Lehre sein. Hätten wir doch nur gelernt, bei unseren Geistern zu bleiben; aber nein, wir mussten uns auch noch auf die Technik einlassen. Das Dumme an diesen ganzen Apparaten ist, je mehr wir sie nutzen, desto mehr verlassen wir uns auf sie. Wir lassen sie für uns rechnen und unsere Vorhersagen treffen – sogar wenn der gesunde Menschenverstand einen mit der Nase direkt auf die Antworten stößt! Okay, ein paar Leute in der Zentrale haben noch einmal mit den Hochrechnungen herumexperimentiert und, wie es aussieht, die richtige Frage eingetippt … beziehungsweise – je nachdem, wie man es betrachtet – die falsche.«
»Na los, sag’ schon, was für eine Frage?«
»Nun ja, nicht direkt eine Frage«, sagte Chung, »eher ein Szenario, auf jeden Fall eine Simultangleichung. Du weißt, wie das funktioniert.«
»Tu’ einfach so, als wüsste ich es nicht«, erwiderte Trask, »und fahr’ schon fort!«
»Ich … ich möchte ja bloß, dass du dich nicht aufregst«, sagte Chung und fügte dann ohne weiteres Zögern hinzu: »Na gut, die Gleichung lautete folgendermaßen: Bruce Trennier ist gleich Australien ist gleich Malinari das Hirn. Denise Karalambos ist gleich Griechenland ist gleich Vavara. Und darum ist Andre Corner gleich England … ist … gleich …?«
Trask fuhr hoch und richtete sich kerzengerade auf seinem Stuhl auf. »Guter Gott! Allmächtiger!« Und dann, mit heiserer Stimme: »Wie konnten wir nur so blind sein? Malinari wählte Bruce Trennier als seinen Leutnant, weil Trennier Australien kannte.«
»Und Vavara entschied sich für Denise Karalambos«, warf Goodly ein, »weil sie sich in Griechenland und auf den Griechischen Inseln auskannte, insbesondere auf dieser Insel hier.«
An Liz war es, hinzuzufügen: »Szwart nahm sich Andre Corner – einen Psychiater, der früher in der Harley Street wohnte, weil er sich in ... in London ...! «
Lediglich Manolis, der die Einzelheiten nicht kannte, begriff die Lage nicht. Doch ihm war klar, dass sie ernst sein musste, als Trask von seinem Stuhl aufsprang und dabei beinahe die Tische umwarf.
»Millie!«, krächzte er, sein Gesicht hagerer denn je. »Gott, ich muss sofort nach London! Ich muss mit Millie reden!«
Auch Chung war aufgesprungen. »Mir war klar, dass du das sagen würdest«, fiel er rasch ein. »Darum habe ich ausgemacht, dass sie uns in fünfzehn Minuten zurückrufen. Beruhige dich einfach, nur keine Aufregung! Bis du drüben im Foyer bist ...«
Doch Trask war bereits unterwegs.
Liz folgte ihm, Lardis ebenfalls, da seine Lissa sich in der Zentrale des E-Dezernats befand. Chung und Goodly hingegen blieben zurück, um Manolis die Situation, so gut es ging,
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