ENTWEIHT
blickend, wo die Zwillingskuppeln auf ihrem finsteren Vorgebirge drohend über die Bäumen ragten. »Die Leute vom E-Dezernat sind drüben beim Kleinen Palast, wir müssen zu ihnen!«
Nun war es an Jake, nachdenklich die Stirn zu runzeln. »Sag das noch mal?«
»Trask und die anderen«, erwiderte sie. »Sie befinden sich am Palataki, dem Gebäude auf dem Vorgebirge da drüben. Wir haben es geschafft, Jake – wir haben Malinari und Vavara aufgespürt. Das Feuer dort im Osten – das ist Vavaras Unterschlupf. Er brennt!«
»Und der Palataki?«
»Wir vermuten, dass sie dort ihren Garten mit der Totensaat hat«, erklärte Liz, »und Gott weiß, was sonst noch alles. Wir müssen sofort hin und ihnen helfen, es zu beenden, es über die Bühne zu bringen, was auch immer sie gerade tun.«
»Ich weiß nicht ...« Er schüttelte den Kopf. »Ich meine, ich habe doch gar keine Ahnung, was hier überhaupt los ist!«
»Dann versuche es damit«, sagte sie. »Klinke dich bei mir ein, Jake, aber mache deine Sache gut, besser als je zuvor.«
Sie drückte sich an ihn – sah ihm direkt in die Augen – und zeigte ihm in kaleidoskopartigen Bildern, was geschehen war. Jake wurde regelrecht schwindlig, während er alles in sich aufnahm.
»Anscheinend werden wir … werden wir immer besser darin«, stieß er hervor.
»Ja«, nickte Liz. »Das gilt für uns beide, wenn wir im Team arbeiten. Wir müssen besser geworden sein, andernfalls hättest du mich ja wohl kaum gehört. Dann wärst du nicht hier, und ich wohl auch nicht mehr. Hätte ich es geschafft, diesen Kofferraum aufzustemmen, wäre ich wahrscheinlich bei dem Versuch, hinauszuklettern ... von der Limousine mitgerissen worden.«
»Diese Übereinstimmung zwischen uns ...«, begann er. Doch Liz erwiderte nichts darauf. Sie hielt ihn umschlungen und blickte ihm in die Augen.
Mehr denn je war Jake sich ihrer Gegenwart bewusst. Liz war eine äußerst begehrenswerte Frau. Ihr Mund war so nah. Gott, er wollte sie küssen und weit mehr sein als bloß ihr Partner in einem Team!
Dann tu‘s doch!, sagte Korath. Bring es schon hinter dich, küsse sie! Ich verspreche dir, ich werde auch nicht gucken oder fummeln oder mich zu sehr … äh, erregen lassen? Oh, ha-ha-ha-haaaa!
»Du dreckiger Bastard!«, knurrte Jake erneut, indem er sich von Liz losmachte und sie auf Armeslänge von sich hielt.
Doch ihre Miene blieb unverändert. Sie sagte einfach: »Ist schon in Ordnung, Jake. Jetzt weiß ich Bescheid. Und ich glaube, ich verstehe, was mit unserer Beziehung – bisher – nicht gestimmt hat.« Und mit einem kurz angebundenen Nicken ihres hübschen Kopfes: »Aber jetzt müssen wir los!«
Der Zeitpunkt war perfekt gewählt, denn noch während sie dies sagte, erscholl aus der Richtung des Palataki das Grollen einer gewaltigen Explosion ...
Fünf Minuten zuvor:
David Chung hatte von der Landseite her den Abstieg in das unterirdische Labyrinth des Kleinen Palastes unternommen und Ian Goodly drang über den Treppenschacht unter der meerwärts, zur Südseite hin gelegenen Kuppel ein. Beide Männer waren mit Taschenlampen ausgerüstet, sodass ihnen die gefährlichen Umstände ihrer Arbeit – die Tatsache, dass der gesamte Palataki baufällig war – sofort ins Auge fielen. Das Bauwerk war im wahrsten Sinne des Wortes eine Todesfalle. Bei jedem Schritt drohten die durchgefaulten Dielenbretter nachzugeben, wurmstichige, zerfallende Treppen schwankten unter ihren Füßen. Hinzu kam das Wissen, dass sich irgendwo da unten ein Großer Vampir befand – Lord Nephran Malinari von den Wamphyri – und dass sie selbst mit ihrem Dynamit, ihren Waffen und der silberüberzogenen Munition ein entsetzlich hohes Risiko eingingen.
Aber es führte kein Weg daran vorbei; sie mussten diese Ausgänge versperren und Malinaris Fluchtwege zerstören, und hatten sie ihn erst dort unten eingeschlossen, konnten sie sich ein bisschen entspannen. Bis es so weit war, mussten sie Nerven beweisen.
Der Hellseher hatte sich dazu entschlossen, so weit hinabzusteigen, wie er nur wagte, dann eine Stange Dynamit mit einer langen Zündschnur anzuzünden und diese in den Treppenhausschacht fallen zu lassen – bis ganz hinunter zum Boden, wie er hoffte. Anschließend wollte er machen, dass er so schnell wie möglich wieder rauskam. Oben wollte er eine zweite, diesmal allerdings kürzere Zündschnur anstecken und den Rest erneut der Schwerkraft überlassen, während er das Weite suchte. Natürlich hatte er den zweifelhaften
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