Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
letzten Tage zeigen das überdeutlich. Es ist ein Wunder, dass du überhaupt bis jetzt überlebt hast, bis jetzt im Verborgenen geblieben bist. Aber die Ereignisse der letzten Wochen zeigen, dass du dich gerade veränderst. Dass dein Erbe erwacht. Warum auch immer erst jetzt, aber es ist offensichtlich, dass du Schwierigkeiten hast, damit umzugehen. Und wenn du nicht lernst, damit umzugehen, dann wird dein Schicksal vielleicht schneller besiegelt, als du reagieren kannst. Es ist schon eine Menge passiert. Du bist bereits auffällig geworden. Nach dem, was du heute Abend erlebt hast, werden die Dunklen misstrauisch geworden sein. Ich will dir keine Angst machen, aber du bist in Gefahr. Und solange du deine Gaben nicht kennst, nicht weißt, wie du sie zu deinem Schutz einsetzen kannst, bist du ihnen ausgeliefert. Ich kann dir helfen. Ich will dir helfen.“
Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. Seine Worte ergaben einen Sinn, dennoch. „Wie kann ich dir trauen?“ , wiederholte ich, immer noch in ausreichendem Abstand von ihm stehen bleibend. Ich schlang die Arme um meinen Körper. Ich hoffte, so das Zittern meines Körpers etwas eindämmen zu können.
David warf mir einen fast einfühlsamen Blick zu. „Ich habe dir vor einer Woche versprochen, nicht mehr in deine Gedanken zu dringen. Ich habe mich daran gehalten. Ich habe dir versprochen, dich vor diesem dunklen Typen zu beschützen, soweit es in meiner Macht liegt. Ich stehe zu meinem Wort. Ich stehe immer zu meinem Wort. Ich werde dir nichts tun! Ich schwöre es. Ich werde dir helfen, deine Fähigkeiten zu entwickeln, damit du dich schützen und im Notfall verteidigen kannst und am Besten dir irgendwo ein neues Leben aufbauen kannst. Ich möchte das tun, weil ich der Meinung bin, dass du eine Chance haben solltest. Sobald du alles Notwendige gelernt hast, gehen wir uns aus dem Weg. Möglichst für immer.“
Misstrauisch musterte ich ihn. Da war wieder keine Emotion abzulesen in seinem Gesicht. Eine undurchdringliche Maske, die es mir nicht leicht machte, zu erkennen, warum er mir helfen wollte.
Ich lauschte in mein Inneres, fragte meine innere Stimme nach ihrer Meinung, doch sie schwieg. Gab keinen Mucks von sich, wenn man sie mal brauchte! Ich suchte nach einer anderen Lösung, doch ehrlich gesagt, fiel mir keine ein. Flüchten alleine würde mir auf Dauer nicht weiterhelfen. Ich verstand ja meine seltsamen Empfindungen nicht mal und konnte sie tatsächlich nicht beherrschen. Irgendwann würden diese finsteren Typen sich nicht mehr so leicht überrumpeln lassen und mich schnappen, und dann wäre es in der Tat besser zu wissen, wie ich mich ihnen gegenüber eventuell verteidigen konnte. Wieder musterte ich Davids glatte Züge. Er war kein Mann falscher Worte, soviel wusste ich über ihn. Aber er war auch einer, der sparsam mit seinen Worten umging. Er beließ viel ungesagt.
„Was ist mit deinem Volk ? Zeigst du mir auch, wie ich mich vor deinesgleichen schützen kann?“ Gespannt musterte ich seine Züge.
Er zeigte keinerlei Regung. „Ja“, gab er knapp, aber bestimmt von sich.
Ich kniff die Augen zusammen. „Aber du hast den Auftrag, mich zu töten. Wie vereinbarst du dein Versprechen gegenüber dem Rat deines Volkes mit deinem Versprechen mir gegenüber?“
David atmete tief ein. „Ich habe dem Auftrag des Rates zugestimmt, dich zu töten, sollte ich dich finden. Ich habe aber keinerlei Aussage darüber getroffen, dass ich dich sofort töte, wenn ich dich finde. Ich darf mir zuerst Gewissheit verschaffen, dass ich keinen unschuldigen Menschen umbringe, und keiner kann mir nachweisen, ob ich es nicht versucht habe, dich zu töten, bevor du mir entkommen bist. Dann war ich eben nicht erfolgreich. Solange kein anderer meiner Art dich bemerkt und mir in die Quere kommt, kann ich mich rausreden und so beiden Versprechen gerecht werden.“
Ich sah David zweifelnd an. Ich wollte gerade erwidern, was ich von dieser nett zurechtgelegten Wortklauberei hielt, die ihn nicht gerade vertrauensselig wirken ließ, als mir schlagartig eine Erinnerung durch den Kopf fuhr. „Der Besitzer des Trödelladens“, entfuhr es mir erschrocken.
David runzelte sofort angespannt die Stirn. „Was meinst du?“
„Er hat mich angeseh en wie du und er wollte in meinen Kopf eindringen. Als ich es bemerkte, hat er mich gefragt, wer ich bin. Er ist einer von deinem Volk“, wurde mir klar und Angst durchfuhr mich. Vielleicht war es schon zu spät. Vielleicht hatte schon einer
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