Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Titel: Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Louka
Vom Netzwerk:
passiv.“
    „Was heißt passiv?“
    „Nun, wie ich bereits erwähnte, führen die weiblichen Wesen meines Volkes ein sehr behütetes Leben. Sie mischen sich nicht in die Angelegenheiten des Rates ein und leben eher zurückgezogen. Und bei den Dunklen ist das genauso. Sie kümmern sich um die Familie, die Kinder, …“ Er ließ den Satz ins Leere laufen.
    „Du meinst sie sind Hausmütterchen?“, entfuhr es mir missbilligend.
    David warf mir einen dunklen Blick zu. „Nein. Aber sie sind insgesamt wohl häuslicher als die modernen Menschenfrauen es sind. Das ist nichts Verächtliches. So ist das eben Tradition bei unseren Völkern.“
    Ich schnaubte entrüstet auf. „Oh, ja klar. Tradition! Damit begründen machohafte Despoten immer ihr herablassendes Verhalten gegenüber Frauen.“
    „Wir sind keine machohaften Despoten“, knurrte David mit eindeutig schwer beherrschter Stimme.
    „Nein, natürlich nicht“, gab ich sarkastisch von mir. „Machohafte Despoten sehen sich stets im Recht. Das kommt von ihrer beschränkten Sichtweise. Deswegen merken sie auch nicht, wenn sie sich irren.“ Ich warf ihm einen verächtlichen Blick zu, doch zu meiner Überraschung legte David den Kopf schief und sah mich nachdenklich an.
    „In einem muss ich dir Recht geben. Es war wirklich anmaßend von uns, anzunehmen, das Mischwesen könnte nur männlicher Art sein. Ich glaube keiner ist je auf den Gedanken gekommen, dass das Mischwesen weiblich sein könnte. Das ist gut für dich, dadurch kannst du dich besser verbergen.“
    Ich atmete verächtlich laut aus. „Ach ja? Etwa angekettet hinter dem Herd einer Küchenzeile?“
    David verdrehte die Augen. „Unsere Frauen werden nicht in die Küche eingesperrt. Sie arbeiten ganz normal in der Menschenwelt. Nur eben in Tätigkeiten, die eher weiblich orientiert sind. Und die ihnen erlauben, sich nur tagsüber im Hellen draußen ohne männlichen Schutz aufzuhalten.“
    „Du findest ernsthaft das klingt nicht sexistisch?“
    Nun war es David, der vernehmlich laut ausatmete. „Wie kannst du etwas verurteilen, das du gar nicht kennst? Da kommt mal wieder deine Vorliebe für vorurteilsbehaftete Überzeugungen zum Tragen.“ Bevor ich entrüstet etwas erwidern konnte, fuhr er schon mit einer beschwichtigenden Miene fort. „Du kennst mein Volk und unsere Traditionen nicht, also urteile nicht vorschnell darüber. Diese Regeln sind nicht aus Willkür entstanden, sie sollen mein Volk schützen und die Frauen meines Volkes beklagen sich in keinster Weise darüber. Sie haben im Grunde dieselben Freiheiten wie wir Männer, bis auf die Tatsache, dass wir sie von den Dunklen fernhalten, sie vor ihnen beschützen, damit nicht wieder ein solches Unglück passiert. Und wie ich bereits erwähnte , kann es für dich nur nützlich sein, dass niemand mit einem weiblichen Mischwesen rechnet. Das schützt dich und kann dir helfen, dich verborgen zu halten.“
    Davids Worte hallten in mir nach. Ein Unglück. Ich war also ein Unglück für ihn. Ein Monster, das aus einem Unglück heraus geboren wurde. Plötzlich wusste ich nicht mehr, warum ich mich über Davids machohafte Ansichten aufregte, ich hatte doch ein ganz anders Problem.
    „Ich muss mich also schützen und verborgen halten vor deinesgleichen, weil sie mich sonst töten?“, entfuhr es mir leise.
    „Ja. Vor meinesgleichen und den Dunklen.“ Er klang ziemlich tonlos, als wollte er diesbezüglich keinerlei Emotionen zeigen. Oder vielleicht hatte er auch keine. Ich musterte ihn argwöhnisch.
    „Und du willst mir dabei helfen?“
    „Ja.“ Wieder trocken und tonlos.
    Ich legte den Kopf schief. „Warum?“
    Davids Gesichtszüge blieben glatt und unergründlich. „Ich finde, du hast eine Chance verdient, dir einen Platz in dieser Welt zu suchen. Immerhin kannst du nichts dafür, so zu sein, wie du bist. Dafür sollte dich niemand verurteilen.“
    Davids nüchterne Emotionslosigkeit passte nicht ganz zum Inhalt seiner Worte. Wieso sollte er mir helfen wollen, wenn er mich als Unglück bezeichnete, das gar nicht leben dürfte? Ich sah in seine eisblauen Augen und suchte dort nach der Wahrheit. Aber alles, was ich in Davids Augen sehen konnte, war eine bodenlose, unergründliche Tiefe, die mir nichts über seine wahren Gefühle preisgab. Seine ganze Körperhaltung war entspannt und gelassen und irgendwie gleichgültig. Er strahlte keine Gefahr aus oder Misstrauen, aber ebenso wenig Ehrlichkeit und Vertrauen. Er war undurchschaubar und ich wusste

Weitere Kostenlose Bücher