Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
geben als meinem unwissenden Geist.“
Lamentain zog überrascht die Augenbrauen hoch und brach dann in schallendes Gelächter aus. „Das war wohl die ehrlichste und originellste Antwort, die ich in meinem ganzen Designerdasein jemals bekommen habe. Sie sind sehr erfrischend, Josephine.“
Ich sah verunsichert zu David, um zu sehen, ob er auch über mich lachte, doch er lächelte mich wieder mit diesem seltsamen warmen Blick an, was mich noch mehr verunsicherte.
Da David mir meine Unsicherheit anzusehen schien, ergriff er mit lässiger Selbstsicherheit das Wort. „Wenn man bedenkt, dass ihr Sitznachbar Gerard Battinant war, dann können sie dieser Antwort durchaus Gewicht geben, Monsieur Lamentain.“
Lamentain wechselte mit David einen amüsierten Blick und lächelte mir schließlich zu. „Dafür, dass sie angeblich nichts von Mode verstehen, tragen sie aber ein außergewöhnliches Kleid, Josephine.“
Da ich mir nicht sicher war, ob er und David sich gerade über mich lustig machten, zuckte ich gelangweilt mit den Schultern. „Das war nicht meine Wahl. Ich wurde sozusagen dazu auserkoren, es zu tragen.“
„Nun, dann sollten sie ihrem Modeberater großen Dank zollen. Sie sehen in der Tat bezaubernd in diesem Kleid aus. Und das sage ich nicht ohne Neid, denn ich wünschte mir, sie würden etwas von meiner Kollektion tragen. Dann würden die vielen Blicke, die sie ernten, wenigstens meinem Ego schmeicheln. So muss ich den Vorzug einem jungen Kollegen lassen, den ich zwar sehr schätze aber in diesem Fall missgünstig begegne. Vielleicht kann ich sie überreden, bei der nächsten Veranstaltung etwas von mir zu tragen?“
Ich sah Lamentain perplex an und wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. „ Nun, ich fühle mich geehrt, Monsieur Lamentain. Aber ich glaube kaum, dass es für mich eine nächste Veranstaltung dieser Art geben wird. Wie bereits erwähnt bin ich kein Modeexperte und nur durch Zufall in ihrer Show gelandet.“ Ich schenkte ihm ein zögerliches Lächeln und hoffte, damit die Konversation beendet zu haben, doch Lamentain schien in keinster Weise beleidigt über meine öffentliche Bekundung kein Modenarr zu sein. Er legte den Kopf schief und musterte mich eingehend.
„Das wäre Jammerschade und unverzeihlich, nicht wahr David?“
„Wohl wahr“, stimmte David ihm zu.
Lamentain wandte sich David zu. „Dann unternehmen wir etwas dagegen. Ich möchte sie beide bei der Valentine-Veranstaltung sehen“, gab er bestimmend von sich und tippte mit seinem Zeigefinder leicht gegen das Revers von Davids Anzug. „Arrangieren Sie das, David. Ich werde mich ihnen gegenüber auch äußerst erkenntlich zeigen. Ich lasse ihnen Einladungen zukommen und schicke ihnen einen Satz Kleider aus meiner neuesten Kollektion.“ Er wandte sich wieder mir zu, mit einem charmanten Lächeln. „Sie müssen mir diesen Gefallen einfach tun , Josephine.“
Ich runzelte die Stirn, doch bevor ich etwas erwidern konnte, griff David ein. „Wir fühlen uns sehr geehrt, Monsieur Lamentain. Ich melde mich diesbezüglich bei ihnen. Da stehen noch andere Gratulanten Schlange.“ Er legte seine Hand auf meinen Rücken und schob mich mit sanftem aber bestimmendem Druck weg, bevor ich irgendetwas erwidern konnte.
Ich ließ mich ein Stückchen von David durch die Menge bugsieren, doch kaum waren wir außer Sichtweite von Lamentain, rückte ich schnell von ihm ab und brachte ausreichend Abstand zwischen ihm und mir. Ich fixierte ihn finster.
„Wir fühlen uns sehr geehrt? Du meld est dich diesbezüglich bei ihm? Was sollte das eben?“
David erwiderte meinen Blick gelassen und zuckte gleichgültig mit den Schultern. „Er hat dir gerade einen Job angeboten.“
„Wohl eher dir “, gab ich kratzbürstig zurück. „Dir gegenüber will er sich erkenntlich zeigen, ich soll ihm einen Gefallen tun. Und du findest, WIR fühlen uns geehrt und DU meldest dich diesbezüglich bei ihm. Was bist du? Eine Art Zuhälter für Models?“ Anscheinend war das der Zeitpunkt, an dem mein gefürchteter Temperamentausbruch stattfand. Ich wusste selbst nicht, wo das plötzlich herkam, aber in der letzten Stunde in Davids Gesellschaft hatte sich wohl einiges aufgestaut, das jetzt unbedingt raus musste.
David gab ein knappes, raues Lachen von sich. „So wurde ich noch nie bezeichnet. Du hast tatsächlich Talent, dich unverblümt auszudrücken.“
„Ich bin eben keines der ‚jungen Dinger’ die dir aus der Hand fressen“, erwiderte ich
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