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Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Titel: Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Louka
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Museum abgeschritten, dabei mehrere Führungen mitbelauscht und konnte nun in der Tat behaupten, etwas von Kunst zu verstehen.
    Leider deprimierten mich die alten, dunklen Ölgemälde aus dem siebzehnten Jahrhundert, die beinahe alle eine so erdrückende und finstere Schwermütigkeit aufwiesen, dass meine Stimmung nicht gerade gestiegen war.
    Froh, endlich wieder frische Luft einatmen zu können, blieb ich einen Moment vor der Pyramide des Louvre stehen. Wo sollte ich jetzt hin? Es war noch früher Abend und zu meinem Leidwesen war es Freitag. Nach Hause gehen konnte ich also noch nicht, da würde ich umgehend Marianne in die Arme laufen und zu einer wie auch immer gearteten Konfrontation mit ihr hatte ich keinen Nerv. Wenigstens hatte es aufgehört zu regnen und es war auch nicht mehr ganz so kalt, also beschloss ich, völlig ziellos durch die Straßen zu schlendern.
    Ich spazierte gerade lustlos durch das Viertel des Montmartre und beobachtete, wie Touristen sich von Straßenkünstlern eine Karikatur erstellen ließen, als mein Mobiltelefon klingelte. Erschrocken zog ich es aus meiner Tasche und starrte auf die Nummer.
    Es war Mariannes Nummer, doch ich wollte nicht rangehen. Ich wartete bis die Mailbox anging und hörte dann mit leicht zittrigen Fingern die Nachricht ab. Halb erwartete ich Davids melodiöse Stimme zu hören, doch es war eine aufgeregte Marianne, die mir entgegenschallte. Sie klang besorgt und wollte wissen, wo ich sei und ich solle sie doch unbedingt zurückrufen.
    Ich zögerte. Ich war mir sicher, dass David bei ihr war, doch was sollte schon passieren, wenn ich kurz mit Marianne sprach und ihr versicherte, dass es mir gut ging. Naja. Eben den Umständen entsprechend gut. Ich drückte auf Rückruf und hatte sie keine zwei Klingeltöne später auch schon dran.
    „Wo bist Du?“, rief sie mir halb genervt, halb besorgt entgegen. Ich hörte gedämpfte Musik im Hintergrund, sie war also bereits in Freitagabendfeierstimmung.
    „Unterwegs“, gab ich vage zurück.
    „Aha.“ Marianne klang wenig überzeugt. „Geht es Dir gut? Ich habe dich ewig nicht mehr zu Gesicht bekommen.“
    „Ja, klar. Ich amüsier mich prächtig.“ Ich bemühte mich, meiner Stimme einen fröhlichen Tonfall zu geben.
    „Wo bist du?“, fragte Marianne erneut, allerdings jetzt schon ein wenig desinteressierter. Dennoch, ich konnte mir nicht helfen, aber ich hatte den untrüglichen Eindruck, dass David jedes einzelne Wort dieses Gesprächs mitbekam.
    „Auf einer Party“, log ich. Ich wusste ehrlich gesagt nicht, warum ich Marianne anlog, aber irgendwie schien es mir sicherer, eine falsche Fährte zu legen.
    „Hm, klingt gar nicht so“, gab sie prompt zurück. „Warum kommst du nicht zu uns? Wir sind alle im Berthas. Es ist toll hier.“
    Ja, ich konnte mir leibhaft vorstellen, wer ALLE waren. „Nein, mir gefällt es hier. Wir sehen uns zu Hause. Ich muss aufhören. Salut.“ Damit legte ich einfach auf. Nicht, dass doch noch irgendein Geräusch im Hintergrund verriet, wo ich wirklich war.
    Ich ging zu einer Gruppe junger Leute, die mir wie Pariser erschienen und fragte sie, ob sie wussten, wo das Berthas war. Ich hatte doppeltes Glück. Sie wussten es und außerdem stellte sich heraus, dass es nahezu am anderen Ende der Stadt war, also weit weg von dem Ort, an dem ich mich gerade aufhielt. Sollte David keinen eingebauten Peilsender haben, mit dem er meinen Telefonanruf nachverfolgen konnte, so war ich hier ziemlich sicher vor ihm. Ich sah mich unschlüssig auf dem Platz um und setzte mich schließlich ungeachtet der Kälte zu einem der Künstler und sah ihm eine Weile zu.
    Er war gut und so blieb ich länger als geplant bei ihm sitzen. Es beruhigte mich irgendwie ihm zuzusehen. Er hatte so eine ruhige, bedächtige Art wie er zeichnete und es faszinierte mich, wie er es tatsächlich schaffte, den Wesenszug eines Menschen auf Papier zu bannen. Irgendwann fragte er mich, ob er mich zeichnen sollte, doch ich lehnte ab. Seltsamerweise hatte ich Angst davor, was er in meinen Wesenszügen entdecken würde. Weil ich aber dennoch bei ihm sitzen blieb und um die späte Uhrzeit nicht mehr sonderlich viel los war, kamen wir ins Gespräch und ehe ich mich versah, erzählte er mir seine ganze Lebensgeschichte.
    Für eine Weile vergaß ich meine eigenen Probleme und lauschte gespannt seiner Geschichte, wie er aus dem krisengebeutelten Afrika geflohen war und nach einer wahren Odyssee hier in Paris eine neue Heimat gefunden hatte. Er

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