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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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bedrückt«, flüsterte er. »Ich denke, wenn er im Bett liegt, werde ich ihm noch einen gemeinsamen Gute-Nacht- Trunk anbieten.«
    »Tu das, aber mach es kurz. Ich werde warten.«
     
    Maris begab sich nicht geradewegs nach Hause, was sie auch nie beabsichtigt hatte. Sie hatte ihren Vater als Schachfigur benutzt, um Noah aufzuhalten, und nun plagten sie Gewissensbisse, allerdings nur leichte. Nie und nimmer hätte sie die beiden hinters Licht geführt, aber die Zweifel, die sich hartnäckig in ihr festgesetzt hatten , nagten so sehr, dass sie sie unbedingt ausräumen musste. Sie fuhr im Taxi hinunter in die Wohnung in Chelsea.
    Als sie vor der Wohnungstür stand, klopfte ihr Herz heftig, und das nicht wegen der steilen Treppe. Sie hatte Angst vor dem, was sie drinnen vorfinden könnte.
    Sie sperrte die Tür mit jenem Schlüssel auf, den sie seit der Überraschungsparty bei sich trug. Dann fiel ihr wieder ein, wo der Lichtschalter war. Sie schaltete ihn ein. Die Klimaanlage summte leise, aber sonst blieb es still in der Wohnung. Die frisch aufgeschüttelten Sofakissen fielen auf.
    Dann ging sie in die Küche und schaute in ein fleckenloses trockenes Spülbecken. In der Spülmaschine stand kein Geschirr, nicht einmal ein Trinkglas. Der Abfalleimer daneben war leer, und seine Plastiktüte so unberührt wie nach dem Auswechseln.
    Eine Putzfrau? Noah hatte nicht erwähnt, dass er jemanden mit Putzen beauftragt hatte, was aber nicht das Gegenteil bedeuten musste.
    Zurück im Wohnzimmer ging sie auf jenes Zimmer zu, das sich Noah als Büro eingerichtet hatte. Mit der Hand am Drehknopf hielt sie inne und sprach ein Gebet, ohne genau sagen zu können, worum sie eigentlich betete. Sie drückte die Tür auf.
    Ein einziger Blick genügte. Dann sackte sie niedergeschlagen gegen den Türrahmen. Das Zimmer sah noch genauso aus, wie sie es damals verlassen hatten. Nichts war durcheinander oder verändert. Im Papierkorb lag kein zusammengeknülltes Papier, keine Nachschlagewerke mit markierten Seiten, und weder auf gelben Zetteln am Computerbildschirm noch auf linierten Blöcken standen irgendwelche Notizen.
    Wie der Arbeitsplatz eines Schriftstellers aussah, wusste sie nur allzu genau. Den von Parker hätte man nur mittels teurer Therapie ändern können. Er glich einem Schlachtfeld: Zettel mit Kaffeeflecken, bis zum Stummel abgeschriebene Rotstifte, ganze Schreibblöcke voller Einfälle, Diagramme und Kritzeleien, zerfranste Heftordner mit Eselsohren, windschiefe Stapel mit Zitaten und Auszügen, verbogene Büroklammern, die er in Zeiten qualvoller Konzentration malträtiert hatte.
    Wer auch nur ein Stück auf Parkers Schreibtisch berührte oder bewegte, würde sofort angeblafft. Er wusste ganz genau, wo alles lag, und wollte es genau so haben, wie es war. In diesem Areal durfte Mike unter keinen Umständen putzen. Diese Unordnung schien Parkers Kreativität anzuregen.
    Noahs Schreibplatz war makellos. Allerdings entdeckte Maris bei näherem Hinschauen, dass auf seiner Computertastatur ein feiner Staubfilm lag. Die Tasten waren nie berührt worden.
    Mittlerweile schlug ihr Herz nicht mehr schnell, vielmehr fühlte es sich wie ein Stein in ihrer Brust an, als sie die Lichter ausdrehte und die Wohnung verließ. Umsichtig sperrte sie hinter sich zu, obwohl sie nicht wusste, warum sie sich diese Mühe machte. Da drin gab es absolut nichts Wertvolles.
    Gedankenverloren verließ sie das Gebäude und stieg lustlos die Eingangstreppe hinunter. Mit Schrecken dachte sie an die unvermeidliche Konfrontation mit Noah, die ihr das Herz schwer machte. Bei seiner Rückkehr würde er annehmen, seine Frau brav auf ihn wartend vorzufinden, wild darauf, mit ihm zu schlafen.
    Jedenfalls hatte sie ihm genau das suggeriert.
    Sie hatte ihn glauben lassen, sie sei leichtgläubig und formbar wie warmer Ton und würde alles blind akzeptieren. Und weil sie genau das bis vor kurzem gewesen war, hatte er sich leicht täuschen lassen.
    Bei seiner Ankunft würde er annehmen, ihr Streit um WorldView gehöre der Vergangenheit an. Nie würde sie seinen Termin mit Howard Bancroft in Frage stellen. Und wenn er ihr sagte, er habe wieder zu schreiben begonnen, gäbe es für sie keinen Grund zum Zweifeln.
    Die lammfromme, kreuzbrave, nachgiebige Maris. Maris, die Dumme. Dafür hielt er sie.
    Aber darin irrte er.
    Unten auf der Straße bemerkte sie, wie einen halben Block weiter unten ein Fahrgast aus einem Taxi stieg. So viel Glück hatte sie nicht erwartet. Sie hob die

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