Envy-[Neid]
die er unbedingt von ihr sehen wollte –, hatte sie ihn lediglich frech angelächelt. Wie konnte sie es nur wagen, dieses Miststück.
In seiner Wut hätte er sie am liebsten mit bloßen Händen erwürgt. Vor seinem geistigen Auge hatte er sogar lebhaft gesehen, wie er ihr die Hände um den schlanken Hals legte und so lange zudrückte, bis ihr die Augen hervorquollen, so lange, bis ihr Herz zu schlagen aufhörte.
Er war geistesgegenwärtig genug gewesen, diesem mörderischen Impuls nicht zu folgen. Trotzdem hatte er genügt, ihm einen Blick auf die dunkle Seite seiner Seele freizugeben. Wie die dunkle Seite des Mondes war sie nicht zu sehen, und doch stets gegenwärtig.
Im Laufe seines Lebens war es mehrfach erforderlich gewesen, die Grenze zwischen Hell und Dunkel zu überschreiten. Aber diese kurzen Ausflüge in die dunkle Region hatten ihn erschüttert, und es hatte ihn erleichtert, wieder zurückkehren zu können. Nur wenn ihm keine andere Wahl blieb, wagte er sich dort hinein.
Und doch hatte er erst kürzlich zweimal ausführlicher in diese Schattenwelt geblickt. Zuerst mit Maris draußen vor Nadias Wohnung, nachdem sie ihre Affäre entdeckt hatte. Und dann wieder mit Nadia. Beide Male hätte er die Missetäterin am liebsten ordentlich zugerichtet. Sie zum Schweigen gebracht. So verletzt, dass sie sich nicht mehr davon erholt hätte. Getötet.
Mittlerweile faszinierte und betörte ihn das Ausmaß seiner dunklen Seite. Dass sie so gewaltig war, hatte er nicht gewusst. Der Drang, sie bis zum Äußersten auszuloten, war fast unwiderstehlich.
Nadia hatte nicht die geringste Ahnung, wie bedrohlich seine Gedanken waren. Sie glaubte noch immer, es ginge um ihr Techtelmechtel mit dem Bodybuilder.
»Noah, der Punkt ist der, dass du dich beim Lunch wie ein komplettes Arschloch benommen hast. Ich hielt es für angemessen, dich daran zu erinnern, dass niemand Nadia Schuller ungestraft ›unglaublich dumm‹ nennt. Du hast deinen Punkt gemacht und ich meinen. Können wir das jetzt, bitte, sein lassen?«
Er war versucht, ihr den obszönen Ausdruck an den Kopf zu werfen, der haargenau passte, und dann aufzulegen. Das hätte er am liebsten getan. Allerdings wäre es nicht schlau, sie jetzt gegen sich aufzubringen. Der Deal mit WorldView hing in der Schwebe. Ein Bruch mit Nadia könnte ihn verhindern. Morris Blume schien sie zu mögen. Sie hatte wesentlich dazu beigetragen, sie beide zusammenzubringen. Warum also nicht weiterhin Nutzen aus ihr schlagen? Letztlich würde sie schon noch bekommen, was sie verdiente, aber erst wenn der Deal mit WorldView sicher unter Dach und Fach war. Wenn er jetzt kurzfristig zu Kreuze kroch, brächte ihm das zehn Millionen Dollar ein. Und, um ehrlich zu sein, für zehn Millionen Dollar und die Kontrolle über Matherly Press war er bereit, weitaus Schlimmeres zu tun.
»Noah, bitte, bitte, sag mir, wo du bist.«
Inzwischen klang ihre Stimme weich und versöhnlich. Sie kam ihm sogar entgegen. In dieser Situation konnte er nur gewinnen, und was wollte er mehr?
Er lächelte vor sich hin und sagte: »Ich bin mit meinem Schwiegervater allein im Landhaus.«
»Mit Daniel Matherly?«
Er lachte leise. »Er ist mein einziger Schwiegervater.«
»Warum solltest du dir das antun?«
»Eigentlich habe ich ihn eingeladen. Wir müssen über Geschäftliches reden.«
»Aha, WorldView. Du planst einen Gnadenstoß.«
»Ganz genau.« Er erklärte, Maris sei wieder mal verreist und Maxine in der Stadt geblieben. »Nur ich und der Alte. Angeln. Verbrüderung unter Männern.«
»Und dann ein wenig Nachdruck.«
»Das wird vielleicht gar nicht nötig sein.«
»Noah, er wird nicht einfach nachgeben.«
»Das nicht, aber letztlich wird auch er sich überzeugen lassen. Dessen bin ich mir sicher.«
»Brauchst du zur Unterstützung einen Cheerleader? Ich könnte dazukommen. Kannst du mich in irgendeinem Winkel verstecken? Ist das Landhaus geräumig genug, um dich, mich und deinen Schwiegervater zu beherbergen?«
»Interessanter Vorschlag. Ich bin versucht, dich hereinzuschmuggeln, was aber unklug wäre. Sobald der Alte einen im Tee hat, pflegt er herumzuwandern. Falls er sich ins falsche Schlafzimmer verirrt und mitten in eine Szene aus dem Kamasutra gerät, was dann?«
»Welche Seite?«
»Du bist unverbesserlich.«
»Absolut. Ich habe keinen Funken Scham im Leib. Deshalb bin ich ja auch bewusst bereit, mich erwischen zu lassen. Wenn der Alte zu uns hereinplatzt, wer weiß? Vielleicht täte das seinem
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