Envy-[Neid]
Todd hob die Hand und korrigierte ihn in aller Unschuld. »Ist das das Gleiche wie ›Wem die Stunde schlägt‹?«
Da Roark in Todd einen Gleichgesinnten erkannte, stellte er sich ihm nach dem Seminar vor. Jener Nachmittag wurde der Beginn ihrer Freundschaft. Eine Woche später arrangierten sie einen Zimmertausch mit jenen Kommilitonen, die ihnen die Universität nach dem Zufallsprinzip zugeteilt hatte. »Passt mir gut«, knurrte Roark, als man ihm den Vorschlag machte. »Der hämmert vierundzwanzig Stunden am Tag auf dieser verdammten Schreibmaschine herum.«
Auf diese erste Seminararbeit erhielten beide die besten Noten der Klasse. »Dieser Knallkopf würde es doch nie wagen, eine Eins zu vergeben«, mäkelte Roark sauer. Auf dem Umschlag seines blauen Heftes stand in krakeligen Ziffern eine große Zwei plus.
»Wenigstens steht bei dir noch ein Plus dahinter«, stellte Todd beim Anblick seiner glatten Zwei fest.
»Hättest du auch, wenn du am ersten Tag nicht so ein Klugscheißer gewesen wärst. Das hat ihn echt angekotzt.«
»Der kann mich mal. Wenn ich den großen amerikanischen Roman schreibe, zensiert der immer noch Erstsemesterarbeiten.«
»Wird nicht passieren«, konterte Roark trocken.
Anschließend grinste er bis über beide Ohren. »Weil nämlich ich den großen amerikanischen Roman schreiben werde.«
Die Liebe zu Büchern und der Wunsch, eigene zu schreiben, bildete die Basis ihrer Freundschaft. Es dauerte ein paar Jahre, ehe sich in diesem Fundament Risse zeigten. Doch als es so weit war, hatte das Gebäude bereits massiv Schaden gelitten. Es war zu spät, um den endgültigen Kollaps zu verhindern.
Als Studenten hatten sie breit gestreute Interessen, und erzielten in allen Pflichtfächern gute Noten. Aber in allem, was mit Sprache und Literatur zusammenhing, waren sie exzellent. Im zweiten Semester traten sie in dieselbe Verbindung ein. Sie waren echte Sportfanatiker und selbst gute Sportler. Sie spielten in den Football und Basketball- Teams ihrer Verbindung, wobei sie manchmal gegeneinander genauso heftig wetteiferten wie gegen andere Teams.
Sie waren aktiv und auf dem Campus gut bekannt. Todd wurde in die Studentenvertretung gewählt. Roark organisierte campusweit eine Sammelaktion für Lebensmittel zu Gunsten eines Obdachlosenheims. Beide schrieben gelegentlich Kommentare, Artikel und ergreifende Stories für die Studentenzeitungen.
Nachdem eine von Roarks Geschichten erschienen war, trat der Dekan der Journalistenschule mit äußerst lobenden Worten für seine Arbeit an ihn heran und bat ihn, doch mal über ein neues Ziel nachzudenken und vom kreativen Schreiben zum Journalismus zu wechseln. Roark lehnte ab. Belletristik war seine große Liebe.
Von diesem Gespräch erfuhr Todd nie etwas. Trotzdem feierte Roark, als Todd den ersten Platz bei einem landesweiten College-Wettbewerb für Literatur gewann.
Roarks Beitrag hatte man nicht einmal erwähnt. Er versuchte, seine Eifersucht zu verbergen.
Sie feierten mit ihren Verbindungsbrüdern wilde Zechgelage und Partys und tranken genug Bier, um darin eine Flotte vom Stapel zu lassen. Ab und zu teilten sie sich einen Joint, ohne dass dies zur Gewohnheit wurde, aber harte Drogen rührten sie nie an. Sie kurierten wechselseitig ihren Kater, borgten sich während zeitweiser Finanzkrisen Geld, und als Roark eine saftige Halsentzündung ausbrütete und fast vierzig Grad Fieber bekam, war es Todd, der ihn schleunigst in die Krankenstation auf dem Campus verfrachtete.
Als man Todd den plötzlichen Tod seines Vaters mitteilte, fuhr ihn Roark durch zwei Bundesstaaten nach Hause und blieb bis zur Beerdigung, um seinem Freund als seelische Stütze zu dienen.
Hin und wieder kam es zu Meinungsverschiedenheiten. Einmal, als sich Roark Todds Wagen ausborgte, ihn rückwärts an einen Hydranten setzte und die hintere Stoßstange eindellte. Todd erkundigte sich mehrmals, wann er ihn denn reparieren lassen wolle. Das tat er so oft, dass daraus ein heikles Thema wurde.
»Würdest du mich mit diesem Scheiß endlich in Ruhe lassen?«, fauchte Roark.
»Würdest du mein Scheißauto richten?«
Dieser hitzige Wortwechsel war der Höhepunkt des Streits. Am nächsten Tag brachte Roark das Auto in die Werkstatt, und Todd verlor nie wieder ein Wort darüber.
Und dann war da noch der Fall des fehlenden Pat- Conroy-Romans.
Roark fuhr nach Nashville in eine Buchhandlung und stellte sich geschlagene zwei Stunden an, um den Autor persönlich zu treffen und eine
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