Envy-[Neid]
und ließ das Gebäude von außen einladend und charmant wirken. Links und rechts von der schmalen Treppe, die acht Stufen vom Straßenniveau heraufführte, blühten Blumenkästen. Den ganzen Block entlang standen ähnliche, von Stadtbewohnern malerisch renovierte Häuser. Es war der Versuch, ein Gefühl nachbarschaftlicher Atmosphäre zu kreieren und den Geist eines freundlicheren, sanfteren New Yorks aus vergangenen Tagen wiederzubeleben.
Die bleiverglaste Haustür war unversperrt. Der Schlosser erwartete Maris im Eingang. Irgendwie hatte er es geschafft, einen khakifarbenen Overall über einen Bauch zu ziehen, der seine Brust gut einen halben Meter überragte. »Wer hat Sie denn hereingelassen?«, fragte sie ihn, nachdem sie sich vorgestellt hatte.
»Bin doch nicht umsonst Schlosser«, schnaubte er verächtlich. »Aber, um bei der Wahrheit zu bleiben, es war nicht zu. Draußen war’s zum Warten zu heiß. Ich schwitze schon wie ’ne Sau.«
Die Klimaanlage kühlte ihre feuchte Haut, die sie auf das Zusammengepferchtsein mit anderen klebrigen U- Bahn-Passagieren zurückführte. Die Stationen waren dafür berüchtigt, dass es im Winter zog und eiskalt war, während sich sommers kein Lufthauch regte. Allerdings schwitzte sie auch vor banger Erwartung auf das, was sie wohl im zweiten Stock, in der Wohnung 3B, vorfinden würde.
»Wollense nun bezahlen, oder nich?«
Erst nach einem fragenden Blick fielen ihr wieder die versprochenen zwanzig Dollar ein. Anschließend bat sie ihn um den Schlüssel.
»Den muss ich erst mal prüfen«, erklärte er ihr. »Is’ nicht so leicht, wie die Leute denken, das Schlüsselmachen. Bevor ich einen beim Kunden lass, schau ich erst, ob er funktioniert.«
»In Ordnung.«
»’s gibt keinen Aufzug. Wir müssen klettern.«
Mit einem Kopfnicken bedeutete sie ihm voranzugehen.
»Warum sind Sie dann nicht einfach hinauf, haben den Schlüssel ausprobiert und ihn dann in der Wohnung gelassen? Wäre die Tür denn nicht automatisch hinter Ihnen zugefallen?«
»Der Sperrriegel nicht. Außerdem hätt’ mir das gerade noch gefehlt«, sagte er zu ihr nach hinten, als sie den Treppenabsatz im ersten Stock erreichten. »Danach stellt sich raus, dass was fehlt, und mich haben sie als Ersten am Wickel.«
»Das bezweifle ich.«
»Ich betret unter keinen Umständen ’ne fremde Wohnung, wenn keiner da ist. Vergessen Sie’s.«
Als sie in den zweiten Stock kamen, begab er sich keuchend und schnaufend zur Tür, zog den Ersatzschlüssel aus seiner Overalltasche und steckte ihn ins Schloss.
»Perrfekt«, schnarrte er, während er die Tür aufstieß. Dann trat er beiseite und winkte Maris hinein. »Der Lichtschalter ist gleich rechts.«
Sie tastete danach und betätigte ihn.
»Überraschung!«
Ein Ruf aus ungefähr fünfzig Kehlen stieg auf. Alles bekannte Gesichter. Ihr kippte der Unterkiefer herunter. Sie drückte die Hand aufs Herz, das sich vor Schreck zusammengekrampft hatte. Alle lachten über ihre perplexe Miene.
Noah löste sich von den Übrigen und kam mit einem breiten Grinsen auf sie zu, umarmte sie fest und gab ihr dann einen schallenden Kuss. »Alles Gute zum Hochzeitstag, mein Liebling.«
»A-aber unser Hochzeitstag ist doch erst…«
»Ich weiß, wann er ist. Da du mir aber jeden Versuch einer Überraschung vereitelst, dachte ich mir, dass ich dir dieses Jahr zuvorkomme. Nach deiner Reaktion zu schließen, würde ich sagen, es ist mir gelungen.« Er schaute über ihre Schulter zu dem Schlosser hinüber und meinte: »Sie waren hinreißend.«
Er entpuppte sich als Schauspieler, den man für diese Rolle verpflichtet hatte. »Sie hatten mich schon so weit zu glauben, ich würde meinen Mann auf frischer Tat beim Ehebruch ertappen«, erklärte ihm Maris.
»Alles Gute zum Hochzeitstag, Mrs. Reed«, sagte er in reinstem Bühnen-Englisch. Später erklärte ihr jemand, dass er als Falstaff seinen größten Erfolg gefeiert hatte. Jetzt ergriff er ihre Hand zum Handkuss. »Genießen Sie Ihren ganz besonderen Abend.«
»Gehen Sie nicht. Bleiben Sie und feiern Sie mit«, bat sie ihn. Er nahm ihre Einladung an.
»Das geht doch in Ordnung, oder?«, fragte sie Noah, als sich der Schauspieler zu den restlichen Gästen gesellte, die am Büfett standen.
»Wenn’s dich nur glücklich macht, Liebling.«
»Wem gehört diese Wohnung?«
»Dieser Teil seines Dialogs ist wahr. Sie gehört mir.«
»Wirklich?«
»Was hast denn du gedacht?«
»Ich…«
»Du brauchst ein Glas
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