Envy-[Neid]
verantwortungsvolle Position zu geben. Andererseits war das Geschäft so stark expandiert, dass er und Maris ein zusätzliches Paar Hände am Steuer gebrauchen konnten. Was Maris betraf, so erregte sie schon der Gedanke , täglich mit dem Autor ihres Lieblingsbuches zu arbeiten.
Obwohl sie Noah erst einmal bei einem Literaturempfang getroffen hatte, hielt sie große Stücke auf ihn. Insgeheim schwärmte sie schon seit Jahren für ihn.
Auf ihr Drängen erfand Daniel für Noah den Posten eines kaufmännischen Geschäftsführers. Er hatte diesen Entschluss nie bereut.
»Stimmst du noch immer damit überein?«, fragte ihn Daniel nun.
»Womit?«
»Mit der Firmenphilosophie.«
Er warf seinem Schwiegervater einen zurückhaltenden Blick zu. »Daniel, seit dem ersten Tag unserer Verbindung weiß ich, was du von Fusionen hältst. Zweifelsohne hätte es Vorteile. Wir hätten mehr Finanzmittel zur Verfügung, mehr Kanäle für Marketing und Werbung.«
»Aber wir wären nicht mehr autonom.«
»Auf diesen Punkt wollte ich gerade kommen«, sagte Noah. »Autonomie war die Basis bei der Gründung von Matherly Press. Dieses Familienmantra kannte ich schon vor meiner Einheirat.«
Als Maris angefangen hatte, sich mit Noah außerhalb der Bürozeiten zu treffen, hatte Daniel mit Vorurteilen reagiert. Seine Sorge hatte mehrere Gründe: Erstens beschäftigten ihn die zehn Jahre Altersunterschied, wenn auch nicht allzu sehr. Zweitens war Noah nicht nur für seinen herausragenden Geschäftssinn bekannt. Es hieß, er sei ein notorischer Frauenheld. Da diese Gerüchte so lange Jahre zirkulierten, musste Daniel einen gewissen Wahrheitsgehalt unterstellen. Aber seine größte Sorge galt Noahs persönlichem Lebenslauf. Eine Ehe mit der letzten unverheirateten Matherly gäbe seiner Karriere einen entscheidenden Aufschwung.
Selbstverständlich lag die Entscheidung letztlich nicht bei Daniel, sondern bei seiner Tochter. Und Maris wollte Noah unbedingt zum Mann. Auf Grund des vorzeitigen Todes ihrer Mutter war sie schon früher selbstständig gewesen als Gleichaltrige. Schiere Notwendigkeit hatte sie gezwungen, rasch erwachsen zu werden. Schon frühzeitig hatte sie eigene Ansichten entwickelt und eigenständig Entscheidungen getroffen. Er hatte sie dazu erzogen, ihren Verstand zu gebrauchen und ihren Instinkten zu trauen. Es wäre ein Fehler gewesen, den Lebenspartner ihrer Wahl nachträglich zu kritisieren.
Es ehrte Noah, dass er sich ohne Maris’ Wissen an seinen Schwiegervater in spe gewandt und ihm erklärt hatte, die Hochzeit fände nie statt, falls Daniel diesbezüglich irgendwelche Zweifel hege. Ohne Daniels uneingeschränkte Zustimmung zu dieser Verbindung würde er trotz seiner abgöttischen Liebe zu Maris das Feld räumen, seine Position bei Matherly Press aufgeben und sich ganz aus ihrem Leben zurückziehen.
Daniel hatte dem Paar seinen Segen gegeben, wachte aber weiterhin aufmerksam über alles, was mit Maris’ Glück zusammenhing. Gestern war sie ein wenig niedergeschlagen gewesen, obwohl sich die Überraschungsparty als logische Erklärung für Noahs Unaufmerksamkeit in jüngster Zeit entpuppt hatte.
Maris sprach zwar nicht darüber, trotzdem spürte Daniel, dass sie nun Kinder haben wollte und ein bisschen enttäuscht war, weil sie nicht schwanger wurde. Es war viel zu früh, sich darüber Sorgen zu machen. Maris war immer noch eine junge Frau. Noah hatte immer wieder seinem Kinderwunsch Ausdruck verliehen. Für die Familiengründung blieb ihnen noch reichlich Zeit.
Aus eigenem Interesse wünschte sich Daniel bald Enkel. Vor seinem Abtreten würde er noch allzu gerne die nächste Generation auf den Knien schaukeln.
In Gedanken bei seiner Tochter fragte er nun: »Hast du etwas von Maris gehört?«
»Nicht seit ihrer Abreise heute Morgen.« Noah schaute auf seine Armbanduhr. »Eigentlich sollte sie jetzt dort sein. Es war eine lange Fahrt, aber ich fürchte, das Ganze entpuppt sich als Luftblase.«
»Hoffentlich nicht. Sie wirkte ganz begeistert von diesem Schriftsteller. Übrigens, bei diesem Stichwort, sie hat mir von dem Geschenk erzählt.«
»Geschenk?«
»Gestern Nacht.«
»Oh.« Noah lächelte verdrießlich. »Man kann ihr schrecklich leicht eine Freude machen, nicht wahr?«
»Noah, deine Schreiberklause bedeutet ihr sehr viel. Sie hat heute Morgen noch kurz vor dem Boarden vom Flughafen aus angerufen. Sie hätte nicht glücklicher sein können, wenn du ihr einen Diamantring geschenkt hättest. Sie hat sich
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