Enwor 11 - Das elfte Buch
gezielt das Feuer. Einer der beiden Quorrl-Kämpfer taumelte zurück, von gleich drei Pfeilen getroffen, verletzt, aber keineswegs kampfunfähig oder auch nur ungefährlich, während der andere seinerseits zum Angriff überging. Mit einer Schnelligkeit, die die Angreifer einem Wesen seiner Größe augenscheinlich nicht zugetraut hätten, sprang er vor, stieß einen der Männer samt seinem Pferd zu Boden und schleuderte einen zweiten aus dem Sattel. Sein Ziel war der Satai mit dem goldenen Visier. Skar fragte sich, wie sich der Satai verteidigen würde. Er an seiner Stelle hätte sich beeilt, aus dem Sattel zu kommen. Die einzige Chance, dem Angriff eines Quorrl zu entgegnen, war Schnelligkeit.
Der Satai tat jedoch nichts dergleichen. Er zog nicht einmal sein Schwert, sondern ließ sein Pferd nur ein kleines Stück zur Seite tänzeln und gab seinen Begleitern einen Wink, und die Reiter warfen sich dem Quorrl entgegen. Der Kampf war hart, aber nur sehr kurz: Der tobende Gigant schmetterte zwei, drei Reiter aus den Sätteln und tötete ein Pferd durch einen Hieb mit der bloßen Faust, aber am Ende wurde er überwältigt und getötet.
Skar war verwirrt, gelinde ausgedrückt. Ein Verhalten wie das, das er gerade beobachtet hatte, war eines Satai nicht nur nicht würdig, es war im Grunde genommen undenkbar. Nicht in der Welt, die er kannte. Vielleicht hatte sich hier doch mehr verändert, als er auf den ersten Blick geglaubt hatte.
Auch der Kampf gegen die übrigen Quorrl war so gut wie vorüber. Die Reiter begingen nach wie vor nicht den Fehler, den Nahkampf mit den Giganten zu suchen, sondern hiel-ten sie mit ihren Speeren auf Distanz, während ihre Kameraden aus sicherer Entfernung Pfeile und Armbrustbolzen auf sie herabregnen ließen. Der Anblick erfüllte Skar mit einem Zorn, der ihn im ersten Moment fast selbst erstaunte. Er war Krieger. Kampf und Tod gehörten so sehr zu seinem Leben wie der Wechsel zwischen Tag und Nacht. Aber das, was er hier beobachtete, war kein Kampf, sondern ein feiges Gemetzel. Es fiel ihm schwer, nicht aufzuspringen und dem unwürdigen Schauspiel ein Ende zu bereiten.
Es war jedoch ohnehin fast zu spät. Nur zwei Quorrl waren noch am Leben — ein Weibchen und der geschuppte Riese, der schon verletzt aus dem Wald gekommen war. Der Kreis aus Lanzenspitzen und Speeren hatte sich eng um sie geschlossen und auch der weibliche Quorrl blutete bereits aus zahlreichen, tiefen Wunden. Trotzdem hätten die Männer die beiden Quorrl längst niederschlagen können, wenn sie gewollt hätten. Sie spielten mit ihnen; ein grausames, durch und durch unwürdiges Spiel, das Skar die Zornesröte ins Gesicht trieb.
Er würde ihm ein Ende bereiten.
Als er sich hinter seiner Deckung aufrichtete, durchbohrte einer der Reiter den Hals des Quorrl-Weibchens mit seinem Speer. Der geschuppte Koloss brach zusammen, schlug die Hände gegen den Hals und begann schaumiges, hellrotes Blut hervorzuwürgen, und der zweite Quorrl warf sich mit einem schrillen Kreischen auf ihn. Seine Pranken fuhren mit sinnlosen, hektischen Bewegungen über Hals und Gesicht des Quorrl, als versuchte er die schreckliche Wunde irgendwie zu verschließen, aus der das Leben seiner Gefährtin heraussprudelte.
Der Anblick erfüllte Skar mit einer schwer in Worte zu fassenden Mischung aus Verwirrung und Mitleid. Er kannte Quorrl und wusste, dass sie mehr als die stumpfsinnigen, aggressiven Tiermenschen waren, die die meisten in ihnen sahen — aber er hatte sie niemals so erlebt.
Und es machte ihn wütend. Die Männer mochten ihre Gründe haben die Quorrl zu töten, aber niemand hatte das Recht ein anderes Lebewesen so zu quälen. Er trat mit einem entschlossenen Schritt hinter dem Felsen hervor und rechnete fest damit, spätestens jetzt die Aufmerksamkeit der Reiter zu erregen, aber keiner von ihnen nahm auch nur Notiz von ihm. Die Männer sprangen einer nach dem anderen aus den Sätteln und begannen die beiden Quorrl einzukreisen. Nicht einmal der Satai mit der Wolfsmaske bemerkte etwas von Skars Erscheinen, was Skar mit einem leisen Gefühl der Verwirrung erfüllte. Er an seiner Stelle hätte es gemerkt. Er hätte es gespürt.
Noch immer, ohne bemerkt zu werden, näherte er sich dem Kreis aus mittlerweile fast zwei Dutzend Bewaffneten, der sich um die beiden Quorrl gebildet hatte. Er machte sich nicht die Mühe irgendetwas zu sagen — dazu war er zu zornig —, sondern stieß den ersten Mann, der vor ihm stand, einfach zur Seite —
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