Enwor 4 - Der steinerne Wolf
Zentrum des Schlachtfeldes und gab Herger mit einer Geste zu verstehen, ihm zu folgen. »Hilf mir«, sagte er. »Wir brauchen Holz, wenn wir nicht erfrieren wollen.«
Herger zuckte sichtlich zusammen. »Holz?« echote er dümmlich. »Wozu?«
Skar seufzte. »Für ein Feuer, Herger. Es brennt im allgemeinen besser als Schnee.«
»Du ... du willst hier ... hier übernachten?« fragte Herger stockend.
Skar blickte demonstrativ in den Himmel. Die Sonne würde in weniger als einer Stunde untergehen, und im Norden zeigte sich bereits ein düsterer grauer Streifen am Horizont. »Hast du eine bessere Idee?« fragte er, bewußt grob.
»Aber es ist ein ... Schlachtfeld«, keuchte Herger.
Skar schürzte abfällig die Lippen. »Solltest du Angst vor den Geistern der Erschlagenen haben«, sagte er, »dann laß dich beruhigen. Es ist nicht das erste Mal, daß ich auf einem Kampfplatz übernachte, und ich bin noch keinem Geist begegnet.«
Er ging los, ehe Herger Gelegenheit zu einer Entgegnung fand, und suchte sich seinen Weg zwischen den Toten hindurch. Es waren Quorrl, ausnahmslos. Die Angreifer mußten ihre Toten und Verwundeten mitgenommen haben. Wenn es bei ihnen Tote und Verwundete gegeben hatte ...
Er erreichte die Überreste der Wagen, sah sich einen Moment unschlüssig um und biß die Zähne zusammen, als sich der Wind drehte und einen durchdringenden Leichengestank mit sich brachte. Die Wagen waren ausnahmslos zerstört und verbrannt worden, der Großteil des Holzes war verkohlt und unbrauchbar. Aber zwischen den Trümmern gab es noch genügend Reste, und zur Not konnten sie die Kleider der Toten verbrennen. Der Gedanke, wie ein Leichenfledderer über das Schlachtfeld zu streifen und den Toten selbst noch die Hemden vom Leib zu ziehen, be-hagte ihm nicht. Aber wenigstens würden sie auf diese Weise nicht erfrieren. Und sie konnten sich mit warmen Kleidern versorgen, falls das schlechte Wetter anhalten sollte.
Er drehte sich zu Herger um und winkte ungeduldig. »Komm her und hilf mir!« rief er. Der Schmuggler war bei den Pferden stehengeblieben, setzte sich nun jedoch widerwillig in Bewegung und ging auf ihn zu. Auf halbem Wege stoppte er, beugte sich vor und fuhr plötzlich mit einer erschrockenen Bewegung wieder hoch. »Skar! Hier lebt noch einer!« Seine Hand fuhr zum Gürtel und riß das Schwert aus der Scheide, aber es war eine reine Abwehrbewegung.
Skar fuhr herum und war mit zwei, drei schnellen Schritten neben Herger. »Nicht«, sagte er hastig. »Steck die Waffe weg.« Herger gehorchte, während Skar neben der zusammengekrümmten Gestalt niederkniete. Im ersten Augenblick glaube er, Hergers Nerven hätten diesem einen Streich gespielt; der Quorrl lag im Schnee, die Hände auf die schreckliche Wunde an seiner Seite gepreßt, und war über und über mit Blut befleckt. Aus seiner linken Schulter ragte der zersplitterte Schaft eines Pfeiles, und der stachelbesetzte Kupferhelm auf seinem Kopf war unter einem fürchterlichen Hieb geborsten und mit einem Kranz eingetrockneten Blutes besudelt. Aber dann sah Skar, wie sich die Augen des Schuppenwesens öffneten, nur um eine Winzigkeit und für den Bruchteil einer Sekunde. Trotz seiner fürchterlichen Verletzungen lebte das Wesen noch.
»Wir müssen ihn hier wegschaffen«, sagte Skar nach kurzem Überlegen. »Er braucht Wärme.«
Herger erschrak. »Du willst ihn ... retten?«
»Er kann uns vielleicht wertvolle Informationen geben«, sagte Skar ruhig. »Außerdem ist er verletzt — keine Sorge. Er wird dir nichts mehr tun.«
»Aber er ist ein Quorrl«, begehrte Herger auf. »Diese Wesen haben unsere Städte und Dörfer überfallen und —«
Skar brachte ihn mit einem eisigen Blick zum Verstummen.
Herger schluckte, trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und schob schließlich seine Waffe in den Gürtel zurück. »Was soll ich tun?« fragte er, ohne Skar anzusehen.
»Hilf mir, ihn hier wegzuschaffen«, sagte Skar. Er stand auf, kniete über dem Kopf des Schuppenkriegers erneut nieder und schob die Hände unter die Schultern des Verwundeten. »Nimm seine Füße«, sagte er zu Herger. »Wir schaffen ihn zu den Wagen hinüber. Dort sind wir wenigstens vor dem Wind geschützt.«
Herger ließ sich gehorsam auf die Knie sinken, ergriff die Beine des Quorrl und hob ihn an. Skar stöhnte unter dem Gewicht des reglosen Körpers. Der Quorrl war ein besonders großes Exemplar seiner Rasse — ein zwei Meter hoher, unglaublich massiger Gigant von gut vier
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