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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und Bolzen kaum zurückhalten ließen, mit denen Dels Schützen sie überschütteten. Und es waren entsetzlich
wenige.
    Skar hatte ununterbrochen versucht, Titch zu erreichen: Er hatte seinen Namen in die Nacht hinausgebrüllt, so laut er nur konnte, hatte Leuchtsignale und Spiegelbotschaften auf das Quorrl-Heer hinabgesandt, und er hätte auch Boten zu Titch geschickt, hätten die Männer nur eine Chance gehabt, nicht von ihren eigenen Kameraden überranm zu werden, die in blinder Panik den schmalen Pfad zum Tor hinaufdrängten. Schließlich hatte er Befehl gegeben, eine Strickleiter auf der dem Heer abgewandten Seite der Burgmauer herunterzulassen, um auf diese Weise die Burg zu verlassen. Einer der Männer, welche die Leiter befestigen sollten, war mit einem Pfeil im Hals gestorben, bevor sie den Belagerungsring entdeckten, den die Quorrl rings um die Burg aufgerichtet hatten.
    So blieb ihm nichts anderes übrig, als hilflos zuzusehen, wie das sinnlose Töten weiterging. Es war genauso gekommen, wie er befürchtet hatte: Nachdem sich die Quorrl von ihrer ersten Überraschung erholt und zu wirksamem Widerstand zusammengeschlossen hatten, waren sie dazu übergegangen, Torians Krieger einfach niederzuwalzen, nur durch ihre pure Übermacht.
    Skar schätzte, daß nicht mehr als zwei Drittel des Heeres die Flucht in die Sicherheit der Burg gelungen war, und von denen, die entkamen, war kaum einer unverletzt. Es war weniger der Kriegskunst der Satai zuzuschreiben, daß wenigstens diese Männer überlebten, als vielmehr der simplen Tatsache, daß die Quorrl auf dem schmalen gewundenen Pfad zur Burg hinauf gar nicht so schnell vorrücken konnten, wie sie die Flüchtenden niedermetzelten. Das Gefühl der Hilflosigkeit, mit dem er alles mit ansehen mußte, brachte ihn fast um den Verstand.
    »Du willst wirklich dort hinunter?«
    Skar löste seinen Blick von der lebenden Mauer aus schuppigen Leibern, die nur widerwillig unter dem Hagel aus Pfeilen und brennenden Wurfgeschossen zurückwich, der sich von der Mauerkrone herab auf sie ergoß, drehte sich zu Kiina um und sah ihr ernst in die Augen. Er wußte, daß er eigentlich nicht einmal Zeit für diese wenigen Worte hatte — die Quorrl würden ihnen keine Gelegenheit lassen, sich zu erholen und neue Kräfte zu schöpfen. Skar war im Grunde sogar erstaunt darüber, daß sie nicht sofort angegriffen hatten, um die Mauer und ihre Besatzung einfach zu überrennen, wie sie es schon einmal getan hatten.
    Aber vielleicht ahnte Titch, daß hier irgend etwas ganz und gar nicht so war, wie es schien. Quorrl oder nicht. Titch war ein sehr intelligenter Mann. Der scheinbar so sinnlose Angriff der Satai und Veden mußte ihn maßlos verwirrt haben.
    »Es ist unsere einzige Chance«, erklärte er.
    »Sie werden dich in Stücke reißen«, warnte Kiina voll Sorge. »Du wirst nicht einmal aus dem Tor herauskommen, Skar.« »Vielleicht«, gab Skar zu. »Wahrscheinlich sogar. Aber dann sterbe ich nur kurze Zeit vor euch allen.«
    »Unsinn!« widersprach Kiina erregt. »Wir sind drinnen, und sie sind draußen, oder? Wir können uns wochenlang halten und auf Verstärkung warten!«
    »Verstärkung?« Skar lachte leise, aber nicht besonders humorvoll. Er trat an Kiina vorbei und beugte sich aus dem Fenster, um zu Del herabzusehen, der seines und die beiden Packpferde bereits vor das Tor geführt hatte. Auf den Rücken der beiden überzähligen Pferde lagen zwei große, in dunkle Zeltplanen eingehüllte Körper. Mehr als zwei Dutzend bewaffneter Männer bildeten einen dichtgestaffelten Kordon rings um sie herum, um zu verhindern, daß jemand einen Blick unter die Plane warf und erkannte, welche Last die beiden Pferde trugen. Außer Del, ihm selbst und den beiden Kriegern, die ihnen geholfen hatten, Torians und Jamaßens Leichen aus dem zerfallenen Netz herauszuschneiden und in die Zeltplanen zu hüllen, wußte niemand, was die beiden Bündel enthielten. Nicht einmal Kiina. Skar war der Meinung gewesen, daß sie genug mit Titchs Quorrl zu tun hatten. Sie brauchten nicht noch zwanzigtausend Satai und Veden, die in Panik gerieten. Er hob die Hand, um Del anzudeuten, daß er gleich käme, und wandte sich wieder zu Kiina um.
    »Verstärkung?« fragte er noch einmal. »Woher denn? Diese Männer hier sind alles, was wir haben. Und was sie gegen die Quorrl ausrichten können, hast du ja gesehen. Außerdem haben wir nicht die Zeit, von der du sprichst. Titch wird keinen Tag brauchen, diese Burg zu stürmen.

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