Enwor 7 - Das schweigende Netz
der
Sternengeborenen
war
- war ein Zusammenleben mit ihnen dann überhaupt möglich?
Er fand keine Antwort auf diese Frage, aber sie hinterließ etwas wie einen schlechten Geschmack in seiner Seele. Er war mit diesem Fluch geboren und hatte wahrlich Zeit genug gehabt, sich daran zu gewöhnen, und doch war es ihm niemals gelungen, diese schreckliche destruktive Macht, die in einem verborgenen Winkel seiner Seele lauerte, als einen Teil von sich selbst zu akzeptieren. Im Gegenteil — seine Angst davor wuchs beständig, und er war überzeugt, den Verstand zu verlieren und wahrscheinlich zu sterben, wenn er seinem dunklen Bruder jemals erlaubte,
wirkliche
Gewalt über ihn zu erlangen.
»Warum antwortest du nicht?« fragte Del, der sein Schweigen vollkommen falsch deutete. »Kommen dir vielleicht Zweifel an Drasks Worten?«
Skar setzte zu einer ärgerlichen Entgegnung an, beließ es dann aber bei einem lautlosen Seufzen. Wie sollte er Del etwas erklären, was er selbst nicht verstand?
»Mir kommen Zweifel«, gab er zu, obwohl ihn eine innere Stimme warnte, überhaupt weiterzusprechen, »ob das alles hier richtig ist.«
Del blinzelte. Skar war sehr sicher, daß er jetzt auffahren würde, aber er starrte ihn nur für die Dauer eines Herzschlages lang verblüfft an und fragte dann: »Wie meinst du das?«
»Wir gehören nicht hierher«, antwortete Skar. »Ich nicht, und du nicht. Kein Satai sollte tun, was wir jetzt tun.«
»Was?« Del zog eine Grimasse. »Um die Freiheit Enwors kämpfen?«
Skar versuchte gleichzeitig zu nicken und den Kopf zu schütteln. »Nicht so«, sagte er. »Die Quorrl, ja. Die Krieger aus Kohon, die sich uns angeschlossen haben, und die Veden, vielleicht. Aber nicht wir.« Er atmete tief ein und zögerte noch einmal, ehe er fortfuhr. Dels Ruhe mochte täuschen. Aber er hatte sich schon zu weit vorgewagt, um jetzt noch zurück zu können. Und er wußte, daß er die Kraft für einen zweiten Anlauf nicht mehr aufbringen würde. »Diese Männer dort unten, Del«, behauptete er sehr ernst, »das sind keine Satai.«
Das war es. Er hatte es erst laut aussprechen müssen, um zu begreifen, was er im Grunde die ganze Zeit über schon gewußt hatte. Plötzlich hörte er noch einmal die Worte des Mannes, der an Dels Seite geritten war:
Es sind Drachen, Herr. Und sie haben Scanner.
Und mit einem Male wußte er, was falsch war. Der Mann hatte recht gehabt, tausendmal recht, und er hatte es auf die drastischste nur vorstellbare Weise demonstriert, indem er nämlich unter den Toten war, die sie zusammen mit den erschlagenen
Errish
auf der Ebene begraben hatten. Und trotzdem hätte Skar es spätestens in diesem Moment klar erkennen müssen.
»Wir hätten diesen Angriff niemals führen dürfen«, sagte er.
Del schwieg, aber er sah ihn ohne Zorn und eindeutig auffordernd an, so daß er neuen Mut faßte und weitersprach: »Nicht so, Del. Satai reiten nicht in einem Heer, sie —«
»Tun das, was du getan hast«, unterbrach ihn Del. »Ich weiß.
Du hast recht. Wir beide, du und ich, sind vielleicht die einzigen echten Satai, die es in dieser Festung gibt. Vielleicht die letzten überhaupt.«
Es dauerte lang, bis Skar bereit war zu glauben, was er da gerade gehört hatte. Dels Worte, obwohl — oder vielleicht gerade
weil —
er sie in ruhigem, ja fast beiläufigem Ton gesprochen hatte, trafen ihn wie ein eiskalter Wasserguß. Skar starrte ihn fassungslos an. »Aber —«
»Du weißt nichts, Skar«, fiel ihm Del abermals ins Wort.
Plötzlich klang er doch zornig, aber es war ein Zorn, der nicht ihm galt, sondern wie etwas herausbrach, das schon lange Zeit in ihm brodelte. »Du hast nicht erlebt, was in den letzten Jahren geschehen ist!«
»Vielleicht bin ich deshalb der einzige, der noch sieht, was hier geschieht.«
»Was siehst du, Skar?« schnappte Del. »Ein Heer aus Quorrl und Satai, das sich anschickt, diese verfluchten Magierkönige dorthin zurückzujagen, wo sie hergekommen sind, und —«
»Ich sehe ein Heer, das es nicht geben dürfte«, unterbrach ihn Skar. »Die Satai sind keine Soldaten, die nach Belieben Heere aufstellen und diejenigen bestrafen, die ihnen nicht passen. Wir haben uns niemals in Dinge eingemischt, die uns nichts angehen.« Del seufzte. Er war noch immer zornig, aber jetzt mischte sich auch so etwas wie Trauer in seinen Blick. »Du weißt nichts«, wiederholte er. »Du warst jahrelang verschwunden, Skar. Du... du hast nicht erlebt, wie sie sich die Macht erschlichen
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