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Enwor 7 - Das schweigende Netz

Enwor 7 - Das schweigende Netz

Titel: Enwor 7 - Das schweigende Netz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Wir haben versucht, die Schlimmsten wegzuschicken, aber auch wir machen Fehler. Wir brauchten sie.« »Aber warum?« fragte Skar erschüttert. »Warum den heiligen Mantel der Satai, Del?! Warum habt ihr sie nicht einfach genommen und ausgebildet und in irgendeine Uniform gesteckt, und —« Plötzlich schrie auch er. »Weißt du, was passieren wird, wenn das alles hier vorüber ist? Die Satai werden nie wieder das sein, was sie einmal waren! Die Menschen hassen sie schon jetzt, und die meisten haben Angst vor uns!«
    »Ich weiß«:, antwortete Del leise. »Wir werden sie fortschicken, wenn alles vorüber ist. Der Kontrakt läuft zehn Jahre, und —«
    »Und danach werden sie ihre Mäntel ablegen und vergessen, daß sie einmal Satai waren, wie?« höhnte Skar. »Stell dich nicht dumm. Ihr habt die Satai vernichtet, und das weißt du!«
    Del starrte ihn an, aber Skar suchte vergeblich nach Zorn oder Vorwurf in seinem Blick. »Vielleicht hast du recht«, meinte er, sehr leise und voller Trauer und Niedergeschlagenheit. »Aber wenn wir Enwor damit retten, dann war es das Opfer wert.«
    »Das glaubst du doch selbst nicht«, antwortete Skar wutentbrannt. »Das sind doch nur leere Sprüche, Del. Der Unsinn, den du vielleicht den anderen erzählen kannst, aber nicht mir. Das hier ist...« Er hob die Hände, als versuche er nach den Worten zu greifen, die er nicht fand. »... nicht mehr Enwor«, stieß er schließlich hervor.
    »Doch«, widersprach Del, sehr leise, sehr ernst und jetzt ohne die mindeste Spur von Zorn. »Du täuschst dich, Skar«, beschwor er ihn. »Diese Welt ist dieselbe geblieben. Du bist es, der sich verändert hat.«
    »Habe ich das?«
    Del nickte. In seinem Blick war etwas, das Skar nicht deuten konnte und das ihm Angst einjagte; nein — nicht Angst: eine sonderbare Mischung aus Trauer und Verzweiflung, das Gefühl, etwas verloren zu haben, von dem er bisher nicht einmal gewußt hatte, daß es da war.
    »Wir waren einmal Freunde, Skar«, sagte Del. »Erinnerst du dich noch?«
    »Sind wir das jetzt nicht mehr?«
    Del antwortete nicht.

S ie sprachen kein Wort mehr miteinander, bis die halbe Stunde abgelaufen war, die Del Bradburn gegeben hatte, um das Mädchen aufzuwecken, aber Skar widerstand auch der Versuchung, wie ein störrisches Kind einfach aus dem Raum zu laufen und sich irgendwo zu verkriechen, um sich selbst leid zu tun.
    Er war sehr erleichtert, als sie den Thronsaal endlich verließen und in den Trakt der Festung gingen, den Bradburn und die anderen Heiler für sich reserviert hatten — erschreckend in seinen Ausmaßen, in dem erschreckend viele verwundete Männer und noch mehr verletzte Quorrl lagen. Skar war nur ein einziges Mal hier gewesen, gleich am ersten Tag, fast unmittelbar, nachdem die Burg gefallen war, und was er gesehen hatte, hatte ihn so bestürzt, daß er seither einen großen Bogen um diesen Teil der Anlage geschlagen hatte. Selbst ihn hatte die Schnelligkeit getäuscht, mit der Drasks gewaltiges Bollwerk gefallen war. Aber immerhin war es kein kleines Heer gewesen, das Del und er hierhergeführt hatten, sondern eine Walze aus vierzigtausend Quorrl und fünfhundert Satai-Kriegern, die die wenigen Verteidiger einfach durch ihre bloße Übermacht erstickt hatte. Den gewaltigen Blutzoll, den sie — und wieder einmal vor allem die Quorrl — dafür bezahlen mußten, hatte keiner von ihnen so richtig begriffen. Und er weigerte sich selbst jetzt noch, die Anzahl der Verwundeten und Sterbenden zu schätzen, an denen sie auf dem Weg zu Bradburns Quartier vorbeikamen.
    Das Mädchen war wach, als sie die kleine Kammer an der Ostseite der Festung betraten. Neben seinem Lager standen Bradburn und einer seiner Gehilfen, ein kleiner, ausgemergelt wirkender Quorrl, dessen Finger aussahen, als hätten sie die Gicht, aber trotzdem sehr geschickt zu sein schienen. Bradburn sah auf, als sie eintraten, und für einen Moment war Skar sehr sicher, daß der Prediger
(Prediger?
dachte er. Bradburn tat in ihrem Heer alles nur Denkbare, aber er hatte ihn niemals irgend etwas
predigen
hören. Er mußte sich bei Gelegenheit eine andere Bezeichnung für ihn einfallen lassen.) spürte, was zwischen Del und ihm vorgefallen war; es hätte Skar jedenfalls in keiner Weise überrascht, wenn man ihm die Verbitterung ansah, die dieses letzte Gespräch mit Del in ihm zurückgelassen hatte. Aber Bradburn sagte kein Wort dazu, sondern beschied seinem schuppigen Gehilfen nur mit einer knappen Geste, den Raum

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