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Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Enwor 8 - Der flüsternde Turm

Titel: Enwor 8 - Der flüsternde Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ungleich schärfer als die eines Menschen. Aber offensichtlich wußte Kiina das nicht.
    Sie beugte sich über den schlafenden Quorrl, betastete mit spitzen Fingern die verbrannten Hornschuppen auf seiner Schulter und seinem Gesicht und schüttelte mit übertrieben geschauspie-lerter Gestik den Kopf. »Viel kann ich nicht für ihn tun«, sagte sie laut. »Ich habe keine Medizin, und... und auch nicht sehr viel Erfahrung in solchen Dingen. Ich kann versuchen, seine Schmerzen ein wenig zu lindern, das ist alles.« Sie beugte sich noch weiter vor und drehte den Kopf, so daß Titch nicht mehr sehen konnte, daß sich ihre Lippen weiterbewegten, und fügte im Flüsterton hinzu: »Wir müssen weg hier, Skar. So schnell wie möglich.«
    »Und warum?« erwiderte Skar ebenso leise.
    Kiinas Finger glitten über den Hals des bewußtlosen Quorrl und suchten nach Nervenknoten, die es vielleicht im Körper eines Menschen gab, aber nicht in seinem. Alles, was sie tat, war, seine Schmerzen zu verschlimmern, dachte er bedrückt.
    »Die
Errish«,
antwortete Kiina. »Etwas... geht im Lager vor.
    Ich weiß nicht, was, aber es macht mir angst. Sie sind so voller Haß.« Sie sah auf. Ihre Augen waren dunkel vor Furcht. »Einige wollen die Quorrl angreifen, Skar. Anschi kann sie noch zurückhalten, aber ich weiß nicht, wie lange noch. Sie streiten ununterbrochen.«
    »Die Quorrl angreifen? Aber das ist doch Wahnsinn! Warum?
    Wir sind Verbündete!« Warum stellte er diese Frage? Er wußte doch zehnmal besser als Kiina, was geschah.
    »Sie machen sie für den Tod der anderen verantwortlich«, antwortete Kiina. »Sie wollen Rache für Yuls Tod. Und dafür, daß ihr Versuch mißlang, den Dronte zu beeinflussen. Und sie mißtrauen auch dir, weil du bei den Quorrl bleibst statt bei ihnen. Sie werden angreifen, ob du hier bist oder nicht. Sie wissen nicht, daß ich dich warne.«
    »Dann solltest du auch zu ihnen zurückgehen, ehe sie es bemerken, Kind«, sagte eine Stimme hinter Skar.
    Kiina fuhr mit einem halblauten Schrei hoch. »Du hast...«
    »Jedes Wort verstanden«, unterbrach sie Titch. »Und außerdem habe ich es schon vorher gewußt.« Er machte eine Geste zum Höhlenausgang und dem Quorrl, der dort Wache hielt. »Ssart ist weder dumm noch taub oder blind. Wenn sie kommen, werden wir auf sie vorbereitet sein.«
    »Red kein dummes Zeug«, sagte Skar. »Du weißt so gut wie ich, daß ein einziger Schuß mit einem Scanner in die Höhle reicht, und wir werden alle gebraten.«
    Titch antwortete nicht, aber Skar wußte nur zu gut, was dieses Schweigen zu bedeuten hatte: Eine Flucht in die Berge war so unmöglich wie sinnlos, denn die
Errish
konnten auf den Rücken ihrer Daktylen jeden beliebigen Vorsprung aufholen. Die einzige Möglichkeit, einem Angriff zu entgehen, wäre, selbst anzugreifen. Und obwohl Titch nur noch über vier Krieger gebot, wären seine Chancen nicht einmal schlecht. Mit dem Vorteil der Überraschung auf ihrer Seite mochte es ihnen durchaus gelingen, die
Errish
trotz ihrer überlegenen Bewaffnung zu schlagen. Er las all dies im Blick des Quorrl, aber er spürte auch ebenso deutlich, daß Titch es aus irgendeinem Grund nicht wollte.
    »Geht zurück«, sagte Titch noch einmal. »Beide. Ich verspreche euch eine halbe Stunde, ehe wir fliehen.«
    Und sterben, dachte Skar. Er zweifelte keine Sekunde daran, daß Anschi den Höhlenausgang beobachten ließ. Entschieden schüttelte er den Kopf. »Nein, Titch. Ich lasse nicht zu, daß du dich opferst. Wir alle gehen oder keiner.«
    Der Quorrl machte eine Bewegung, als wolle er seine Worte wie lästige Insekten beiseite scheuchen. »Du bist mir den Tod schuldig, Satai«, sagte er. »Ich habe geschworen, dich zu begleiten, so weit es mir möglich ist. Und dann zu sterben. Ich habe mein Wort gehalten. Jetzt halte du deines.«
    »Zu sterben«, wiederholte Skar in absichtlich verletzendem, höhnischem Tonfall. »O ja, ich weiß. Der große Heerführer der Quorrl, der versagt hat und seine Schande mit Blut abwaschen will, selbst wenn es sein eigenes ist. Aber so leicht mache ich es dir nicht.« Er richtete sich ganz auf und trat dem Quorrl herausfordernd entgegen. »Dein Leben gehört mir, Titch. Und ich brauche es. Ich brauche dich, denn du bist der einzige, der mich in euer Land führen kann.«
    »Du wirfst mir vor, feige zu sein?« fragte Titch lauernd.
    »Wenn dir dieses Wort lieber ist, bitte«, sagte Skar zornig.
    »Nenne es, wie du willst. Aber ich lasse nicht zu, daß du Selbstmord

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