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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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gedankenverloren durch uns hindurchsah. Sie musste etwas entdeckt haben. Hoffentlich war es nicht wieder eine dunkle Weissagung.
    »Ich habe ein paar gute Nachrichten bekommen«, begann Kygo. Begeisterung trat in seine in letzter Zeit wegen des Oberbefehls oft harten Züge. »Vom Widerstand im Gebirge. Unsere Strategie, weiche Ziele anzugreifen, zeigt allmählich Erfolg.«
    Diesen Plan hatte er während unserer letzten Tage im Krater entwickelt. Im Rückgriff auf die Weisheit von Xsu-Ree hatte er dem Widerstand befohlen, schwächere Außenposten anzugreifen und Sethons Truppen dazu zu bringen, sie zu verteidigen. Doch bis die Armee diese Stellungen mit ihrer Verstärkung erreichte, war der Widerstand weitergezogen und hatte neue Ziele angegriffen. Xsu-Ree zufolge würden Sethons Truppen dadurch nicht nur ständig im Kreis herumziehen und immer enttäuschter und müder werden: Es würde uns auch Einblick in Sethons Strategie gewähren.
    »Das ist eine großartige Nachricht, Kygo.« Ich drückte seine Finger fester und lächelte, als er den Druck rasch und leidenschaftlich erwiderte. Die Kaiserliche Perle am Ansatz seines kräftigen Halses glühte in meinen Augenwinkeln: eine blasse Erinnerung an unseren Kuss.
    »Vorläufig hält Sethon uns in seiner Überheblichkeit offenbar für eine echte Gefahr«, fügte er hinzu. »Das wird sich ändern, doch bis dahin schlagen wir zu, schikanieren seine Truppen und schwächen durch unsere Angriffe das Hua-do seiner Männer.«
    Seine Worte riefen mir Großlord Haio und seinen Tisch voller rotgesichtiger, schwitzender Offiziere ins Gedächtnis. »Ich denke, Sethon ist schon dabei, das Hua-do seiner Männer zu verlieren«, erwiderte ich. »Was hat Xsu-Ree noch einmal über Feindseligkeit im eigenen Lager geschrieben?«
    »Männer, die in kleinen Gruppen mit leiser Stimme zusammenhocken, sind ein Zeichen von Unzufriedenheit und ersterbendem Hua-do«, rezitierte Kygo.
    »Ja. Als wir im Palast waren, hat Großlord Haio –« Ich verstummte, denn mir wurde klar, dass auch er ein Onkel von Kygo war.
    Er lächelte grimmig. »Fahrt fort.«
    »Großlord Haio und seine Offiziere wirkten verbittert. Und als ich vor Sethon gebracht wurde, war es offenkundig, dass sogar seine höchsten Mitarbeiter Angst vor ihm hatten.«
    »Gut beobachtet!« Er strich mir mit dem Daumen über die Finger. »Yuso sagt, Ihr habt Sethon von Angesicht zu Angesicht gegenübergestanden. Den Göttern sei Dank, dass er Euch nicht erkannt hat.«
    »Er ist ein abscheulicher Kerl«, sagte ich schaudernd. »Ich bedauere jeden, der ihm unterworfen ist.«
    »Auch an dieser Front habe ich gute Nachrichten«, gab Kygo zurück. »Ein Bote von Meister Tozay hat uns eingeholt.« Er wies mit dem Kopf auf einen staubbedeckten jungen Mann, der sich mit Ryko unterhielt. »Tozay hat Eure Mutter gefunden. Sie ist vor Sethon sicher.«
    »Meine Mutter?« Mein Herzschlag beschleunigte sich so sehr, dass mir die Brust wehtat.
    »Ja. Tozay ist mit einem Segelschiff unterwegs, um uns ein Stück weiter an der Küste mit Nachschub zu versorgen. Er hat Eure Mutter dabei.«
    »Ich werde sie sehen?« Mein innerer Aufruhr war so groß, dass ich mich nicht konzentrieren konnte. Würde sie mich nach so vielen Jahren überhaupt erkennen? Was wäre, wenn sie mich nicht mochte? Oder wenn sie mich verkauft hatte, weil ich –
    »In vier Tagen, wenn alles nach Plan läuft. Wir können lossegeln, ehe der Zyklon zuschlägt«, sagte Kygo und drückte meine Hand erneut. »Ist alles in Ordnung mit Euch?«
    Ich räusperte mich, um die Beklommenheit in der Kehle zu vertreiben. »War auch von meinem Vater und von meinem Bruder die Rede?«
    Bedauernd verzog er die Lippen. »Mit keinem Wort.«
    Wenigstens war meine Mutter in Sicherheit. Erneut dachte ich das Wort und ließ es auf mich wirken: Mutter . Ich erinnerte mich nur noch an eine neben mir hockende Frau, deren Arm ich schwer auf den Schultern gespürt hatte, und an ein Lächeln, das genauso geschwungen war wie das meine. »Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit ich sechs war.«
    »Sie wird sehr stolz auf Euch sein«, sagte Kygo. »Ihr habt Eurer Familie große Ehre gemacht.«
    Ein kalter Schatten legte sich über meine aufgeregte Freude: Wenn Kygo meine ganze Familiengeschichte kennen würde, wäre er nicht so liebenswürdig.
    Er verstand meinen finsteren Blick falsch und fügte hinzu: »Sie kann gar nicht anders als stolz auf Euch sein. Ihr seid nicht nur das Spiegeldrachenauge – das erste nach über

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