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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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seinem forschenden Blick den Rücken zu, da ich seine Miene nicht sehen wollte.
    Ich verbeugte mich rasch vor Kygo und ging auf Lady Dela zu. Sie saß da, an einen Packen Proviant gelehnt, und aß genüsslich eine Dörrpflaume; die Müdigkeit lastete auf ihren Schultern wie ein schwerer Umhang. »Ich möchte Euch um einen Gefallen bitten«, begann ich.
    Dela wischte sich mit zwei Fingern sachte den Mund ab. »Kein Problem, solange ich nicht aufstehen muss.«
    Ich beugte mich hinunter und flüsterte: »Ihr müsst für mich herausfinden, ob in dem roten Buch der Grund für Kinras Hinrichtung steht.«
    Sie runzelte die Stirn. »Den kennen wir doch«, wisperte sie und fuhr über das Buch an ihrem Handgelenk. »Verrat.«
    Ich hatte Dela nichts von meiner Vermutung erzählt, dass Kinra die Kaiserliche Perle stehlen wollte. Aber wenn dies im roten Buch stand, würde sie es finden – und wenn nicht, brauchte sie es nicht zu wissen. Zumindest vorerst nicht. Ich spürte einen mächtigen Drang, ihr zu erzählen, was mit dem Hua Aller Menschen gemeint war. Um das Entsetzliche mit jemandem zu teilen. Aber sie würde es Kygo sagen – so viel war sicher – und er würde die Perle schützen müssen.
    Unvermutet kam mir ein furchtbarer Gedanke: Kaiser Dao hatte Kinra hinrichten lassen, um die Perle zu schützen. Liebe gegen Macht – und die Macht hatte gewonnen.
    Ich brauchte mehr Zeit, um das Gan Hua zu bemeistern. Mehr Zeit, um einen anderen Weg zu finden, die Drachen zu retten. Danach würde ich Kygo alles erzählen.
    »Ja, wir wissen, dass es Verrat war«, sagte ich leise. »Aber ich muss genau wissen, was sie getan hat, und warum.«
    Vor allem, warum . Ich brauchte Beweise.
    Dela nickte. »Ich kümmere mich darum. Die Notiz auf der letzten Seite war sehr allgemein, aber in den verschlüsselten Abschnitten könnte etwas stehen.« Sie begann die Perlenschnur abzuwickeln, doch dann zögerte sie. »Ich habe tatsächlich noch etwas herausgefunden. Ganz am Anfang unserer Abmachung mit den Drachen hat es jedes Jahr zwei Herrschende Drachen gegeben, nicht nur einen: den männlichen Drachen, der an der Reihe war, und den weiblichen Spiegeldrachen, der also immer eine herrschende Stellung innehatte – sei es mit einem männlichen Drachen, sei es allein im Jahr des Spiegeldrachen. So war es, bis dieser Drache nach Kinras Tod verschwand.«
    Das war ein weiteres Teil des Puzzles, aber wo gehörte es hin?
    »Wenn der Spiegeldrache immer eine beherrschende Rolle innehatte, hat die Macht der Drachen sich mit ihrem Verschwinden dann etwa halbiert?«, grübelte ich. »Und ist das vielleicht ein Grund dafür, warum die Drachen gerettet werden müssen?«
    Dela schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht«, sagte sie müde. »Ich entschlüssele nur.«
    »Und ich weiß Eure schwere Arbeit sehr zu schätzen«, erwiderte ich und umfasste dankbar ihren Arm.
    Als ich sie losließ, nahm sie meine Hand. »Ihr seid besorgt, und Ryko ist es auch. Ist etwas passiert?«
    Ich drückte ihre Hand. »Es ist alles in bester Ordnung.«
    Als ich mich zum Gehen wandte, hielt Ryko mich auf. »Lady Eona, kann ich mit Euch sprechen?«
    Ich war mir ziemlich sicher, dass ich nicht hören wollte, was er mir zu sagen hatte, doch ich ließ zu, dass er mich von Dela wegholte und mich zum Rand des Lagers führte, an eine Stelle, wo die Wächter links und rechts gleich weit entfernt waren.
    »Was sollte das?«, wollte er wissen. Seine sonstige Behäbigkeit war verschwunden.
    »Was?«
    Er beugte sich herunter. »Behandelt mich nicht wie einen Idioten. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man Eurem Willen unterworfen ist. Das habt Ihr mir oft genug angetan. Und ich weiß, dass Ihr Ido eben Euren Willen aufgezwungen habt, und zwar so, dass …« – er drückte die Fäuste gegeneinander – »… Eona, was habt Ihr getan ?«
    Ich errötete. »Ich habe getan, was ich tun musste«, antwortete ich und setzte leiser hinzu: »Lord Ido hat einen Weg gefunden, sich dem Zwang zu widersetzen. Daraufhin habe ich einen anderen Zugang zu seinem Willen gefunden. Das ist alles.«
    »Das ist alles?« Seine schmalen Insulaner-Augen waren auf mich geheftet. »Glaubt Ihr das wirklich? Ihr müsst doch wissen, dass Ihr mit dem Feuer spielt. Schließlich habt Ihr gehört, was Momo gesagt hat.«
    »Wäre es dir lieber, wenn ich keine Macht über Ido hätte?«
    Er reckte trotzig das Kinn. »Mir wäre es lieber, er wäre tot.«
    Ich funkelte ihn an.
    Mit unwillig zur Seite geneigtem Kopf räumte er

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