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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Delas Gesicht wurde ganz hart vor Abneigung. »Dieses Ding war nicht Dillon. Nicht mehr.«
    »Aber es war einmal Dillon.«
    Sie packte mich am Arm. »Er war vermutlich schon im Todeskampf. Ihr habt selbst gesagt, es war wie heiße Säure in Eurem Kopf.«
    »Dela, ich habe die Macht des Buches benutzt«, flüsterte ich. »Ich habe sie eingesetzt, um ihn zu töten. Was ist aus mir geworden?«
    Sie zog mich an sich und ich legte die Stirn an ihre muskulöse Schulter. »Ihr seid nicht Dillon«, sagte sie rasch und strich mir über den Rücken. »So etwas dürft Ihr nicht einmal denken. Ihr habt getan, was Ihr tun musstet. Und Ihr habt Seiner Majestät das Buch verschafft.« Sie schob mich ein Stück von sich weg und sah mich aus ihren dunklen Augen ernst an. »Und Ihr habt Ryko seinen Glauben wiedergegeben.«
    Mit diesen Worten zog sie mich wieder an sich.
    »Das Buch ist nur Tod und Zerstörung«, sagte ich.
    »Nun, Yuso wacht jetzt darüber«, erwiderte Dela. »Seine Majestät und die Stammesführer besprechen gerade, was damit geschehen soll.«
    Ich löste mich von ihr. »Jetzt? Ohne mich? Aber ich bin der Naiso. Ich sollte dabei sein.«
    Dela hielt mich am Arm fest. »Ryko hat mir erzählt, was das Buch vermag, Eona. Die Stammesführer sprechen darüber, wie groß Lord Idos Macht ist, und Seine Majestät will nicht, dass Ihr dabei seid.«
    Das Drachenauge hatte recht gehabt: Ihr erster Gedanke war, Ido mit der Blutmacht des Buchs zu versklaven.
    »Nein!« Ich riss mich los und ging zur Tür. »Ich kann Ido meinen Willen aufzwingen. Sie brauchen das schwarze Buch nicht gegen ihn einzusetzen.«
    Dela fing mich ab und baute sich vor der geschlossenen Tür auf. »Eona. Ich bin nicht nur als Freundin hier. Ich kann Euch nicht zu dieser Versammlung gehen lassen.«
    »Ihr seid also hier, um mich zu bewachen?«
    Sie legte mir die Hand auf den Rücken und führte mich mit ihrer männlichen Stärke zum Bett gegenüber der Tür. »Setzt Euch einfach hin. Und schlaft.«
    Ich schob ihre Hand weg. »Schlafen? Nach allem, was ich weiß, könnten sie auch beschließen, meiner Macht ihren Willen aufzuzwingen!«
    »Das glaubt Ihr doch nicht ernsthaft, Eona. Ihr seid erschöpft. Versucht, Euch zu erholen.« Sie nahm das rote Buch von einem nahen Tisch, auf dem Vida meine wenigen Habseligkeiten abgelegt hatte: Der Beutel mit dem Drachenaugenkompass und die Totentafeln meiner Vorfahren lagen vor einer kleinen Gebetskerze. »Oder wenn Ihr nicht schlafen könnt, dann lasst uns zusammen Kinras Buch durcharbeiten. Ich habe noch einen Namen darin gefunden: Pia.« Die schwarzen Perlen schlangen sich in einem Klicken des Wiedererkennens um Delas Hand.
    »Das ist wahrscheinlich noch ein Rätsel«, fuhr ich sie an. »Lasst mich einfach in Frieden.« Ich wandte mich von ihr ab, obwohl ich wusste, wie kindisch das war.
    Um ehrlich zu sein: Ich war tatsächlich erschöpft, körperlich und geistig. Trotzdem ging ich noch eine volle Stunde lang im Zelt auf und ab, so aufgewühlt war ich wegen Ido, dem schwarzen Buch und Dillons Tod, während Dela, den Kopf über das rote Buch gebeugt, bei der Tür saß. Irgendwann kam das Mädchen mit einer Schüssel sauberen Wassers zurück, doch ihre angstgeweiteten Augen machten mich noch wütender und Dela schickte sie schnell weg. Doch Zorn und Schuldgefühle konnten meine Erschöpfung nicht ewig verdrängen. Schließlich legte ich mich auf das Bett, rollte mich zusammen und ergab mich meiner Müdigkeit.
    Ich erwachte mit einem steifen Hals und einem sauren Geschmack im Mund. Durch den kreisförmigen Rauchabzug in der Zeltspitze war das malvenfarbene Dunkel der Abenddämmerung zu sehen. Ich setzte mich auf und grub die Daumen in meine verkrampften Halsnackenmuskeln. Ich hatte den ganzen Tag geschlafen.
    »Mylady, kann ich Euch etwas bringen lassen?«, fragte Vida, die mit gekreuzten Beinen auf dem Boden saß. Eine Wächterin hatte die andere abgelöst.
    »Tee«, sagte ich abweisend. »Und Licht.«
    Vida stand auf, öffnete die Tür und beugte sich hinaus, um jemandem Anweisungen zuzumurmeln. Mit einer Lampe in der Hand kehrte sie zurück und die Laterne ließ die Zeltwände in allen Farbtönen von Altrosa bis Grellrot leuchten. Dela hatte das rote Buch auf dem Tisch liegen lassen. Also würde sie wiederkommen. Das wäre eine Gelegenheit, mich für meine Schroffheit zu entschuldigen.
    Ich stand auf und strich die Falten meines Gewands glatt. »Beraten die Stammesführer noch immer mit Seiner Majestät?«
    Vida

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