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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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Unterstützung des Spiegeldrachenauges, dem Symbol der erneuerten Macht. Mein Onkel wird einsehen, dass er seinen Anspruch nicht behaupten kann gegenüber dem meinen.«
    Ich war ungebildet in Fragen der Staatskunst, doch ich hatte Sethons Zielsetzung sicherlich nicht missverstanden. So wenig wie seine Rücksichtslosigkeit.
    »Eurem Onkel geht es nicht um Symbole, Majestät, sondern um Macht. Er hat sich bereits zum Kaiser erklärt, Perle hin oder her.«
    Kygos Hand tastete erneut an seinen Hals. »Ihr versteht nicht. Ohne diese Perle kann mein Onkel sich nicht auf dem Thron halten. Sie sorgt dafür, dass die Drachen auf unserer Seite sind, und sie ist das Siegel unserer himmlischen Abmachung.«
    »Dann wird er Euch töten und sie an sich bringen.« Einen Moment lang spürte ich nur das sanfte Feuer der Perle unter den Fingern und das Brennen von Kinras Absicht. Ich ballte die Fäuste und schob die Erinnerung weg.
    »Wenn er sie mir nimmt, braucht er mich nicht zu töten«, erwiderte der Kaiser trocken. »Sie ist jetzt Teil meines Hua und durch Blut mit mir verbunden. Ich sterbe, wenn sie entfernt wird.«
    »Sie ist ein Teil von Euch? Das verstehe ich nicht.«
    »Es heißt, die Perle ist eine lebende Verbindung zu den Drachen. Sobald sie einem Kaiser an den Hals genäht wird, sind beide durch das Blut für immer verbunden. Darum muss sie binnen zwölf Atemzügen vom Hals des verstorbenen Kaisers an den seines Nachfolgers weitergegeben werden. Sonst stirbt die Perle, und das Siegel unserer Abmachung ist dahin.«
    Ich betrachtete die Goldfassung der Perle und zählte zwölf Stiche mit goldenem Faden, die davon abstrahlten. Die drei oberen waren säuberlich genäht, die neun anderen dagegen nicht und das Fleisch um sie herum war noch blutunterlaufen und verschorft. »Zwölf Atemzüge – das klingt nicht gerade lang für eine so knifflige Arbeit«, sagte ich.
    Er lachte auf. »Keine anderthalb Minuten für zwölf Stiche in den Hals. Wie Ihr seht, war mein Arzt nervös und stand unter Zeitdruck.«
    »Das muss wehgetan haben.«
    Er zögerte kurz und schien mit sich zu ringen. Dann sah er mir direkt in die Augen. »Es war das Qualvollste, was ich je erlitten habe«, sagte er und ich wusste, dass es keine Kleinigkeit für ihn war, so etwas einzugestehen – so wenig wie für mich, ein solches Eingeständnis zu vernehmen. »Die Fassung der Perle hat zwölf Widerhaken; sie durchstechen die Haut und halten die Perle am Hals«, fuhr er fort. »Jeder Widerhaken hat zudem eine Öse für den Faden.« Sein Finger umkreiste das geschundene Fleisch. »Und da ist noch etwas: ein Brennen, das ins Blut geht und das sich noch Stunden später anfühlt, als flösse Säure durch den Körper.«
    Ich merkte, dass ich schluckte vor lauter Mitleid. »Weiß Euer Onkel vom Sterben der Perle?«
    »Natürlich. Zwölf Atemzüge, zwölf Stiche – das lernen alle Thronanwärter der königlichen Familie.«
    »Dann muss er Euch lebend bekommen, um die Perle sicher an seinen Hals zu übertragen.«
    Kygo schüttelte den Kopf. »Ihr scheint Euch sehr sicher zu sein, dass mein Onkel sich nicht darum scheren wird, dass ich der rechtmäßige Nachfolger meines Vaters bin.«
    Ich wappnete mich für das, was ich nun sagen würde. »Euer Onkel hat Eure Mutter und Euren Bruder hingemetzelt und Euren Vater vergiftet. Warum sollte er Euch verschonen?«
    War ich zu weit gegangen? Ich wusste, dass meine Worte ins Schwarze getroffen hatten, doch ich weigerte mich, einen Rückzieher zu machen. Der Kaiser mochte in einen Blutrausch verfallen sein, als er vom Tod seiner Familie erfuhr, aber er hatte nicht gesehen, wie Sethon seinen kleinen Bruder, noch ein Säugling, aufgespießt hatte. Der Anblick der blutigen Leichen im Palast war ihm erspart geblieben, und er hatte nicht gehört, wie sein Onkel die Truppen zu nackter Grausamkeit aufgestachelt hatte. Jemand musste ihm sagen, wie die Dinge lagen.
    Dennoch kostete es mich ungeheure Willenskraft, keinen Kotau vor ihm zu machen.
    In der Nähe wühlte Vida in einer Satteltasche, Tiron unterhielt sich mit Solly, Dela löste müde ihren Haarknoten – keiner von ihnen ahnte, dass ihr Kaiser glaubte, er könne einfach den Palast betreten und den Thron wieder einnehmen.
    »Ihr seid sehr direkt, Lady Eona«, sagte Kygo schließlich und presste die Hände auf die Augen. »Ich bin ein Narr. Mein Vater hat seinem Bruder unbeirrt vertraut, und nun tue ich genau das Gleiche.« Mit einem langen Seufzer ließ er die Hoffnung fahren, den

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