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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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den Insulaner wütend an. Er hatte doch gehört, dass das keine Rolle spielte. Und doch gab er nicht klein bei.
    »Es ist noch hinterhältiger«, fuhr er fort. »Es geht um Halbwahrheiten und Auslassungen …«
    Ich trat einen Schritt vor. Was Ryko da tat, hatte mit Pflichtbewusstsein nichts zu tun; das war pure Bosheit.
    »Ryko«, sagte ich. »Hör auf.«
    Nichts an seiner Miene deutete darauf hin, dass er meine Worte überhaupt gehört hatte. »… Und selbst wenn sie in einigen Dingen die Wahrheit sagt, könnt Ihr nicht …«
    Mein Zorn tobte in mir wie ein wildes Tier, das nach Freiheit heult. Er streckte sich nach Ryko aus und krallte sich an dessen Lebenskraft. Ich spürte, wie sein Herzschlag mit dem meinen verschmolz und wie der rasche Rhythmus seines Grolls von meiner hämmernden Wut überwältigt wurde. Ich beherrschte sein Hua. Ich beherrschte ihn. Dieser Ansturm von Energie schob mich noch einen Schritt weiter am Kaiser vorbei.
    Ryko sah mir in die Augen. »Nein! Ihr habt geschworen –«
    Es geschah wieder. Wie bei dem Kampf im Hof des Gasthauses. Ryko versuchte, auf die Beine zu kommen – ich spürte, wie sehr er sich abmühte –, doch seine Glieder waren wie gelähmt und er war gezwungen, mir zu gehorchen. Schweiß tropfte ihm vom Gesicht, während er gegen die Last der Macht ankämpfte. Gegen mich. Warum wehrte er sich? Seine Aufgabe war es, zu gehorchen. Mit einem einfachen Gedanken zwang ich ihn immer tiefer hinunter, bis er sein Gesicht in den Staub presste.
    Seine Augen waren immer noch auf mich geheftet und ein stummer Schrei lag darin. Ich konnte ihn dazu bringen, alles zu tun, was ich wollte.
    Ein klarer Gedanke kämpfte sich durch die blendende Macht: Ich tat gerade das, was Ido einst mir angetan hatte. Kalte Scham erstickte meine Wut. Was fiel mir ein? Ryko war mein Freund. Ich schnappte verzweifelt nach Luft, richtete meine Konzentration nach innen und tastete nach der Verbindung. Was immer es war – ich musste sie finden. Und kappen. Ich hatte ihm mein Wort gegeben.
    Er war tief in mir: ein einzelner goldener Faden seines Hua in dem verflochtenen Wandteppich meines Lebensmusters. Eine Verbindung zu seiner Lebenskraft, die ich jederzeit durch meine Wut oder Angst anzapfen konnte. Doch nachdem ich sie einmal ergriffen hatte, wie sollte ich damit aufhören? Seine helle, pochende Energie durchpulste mich und war im Strom meines donnernden Hua gefangen. Es war, als wollte ich einen reißenden Fluss mit den Händen aufhalten.
    »Ryko, ich kann es nicht beenden!«
    Eine Gestalt erhob sich vom Boden und stürzte sich auf mich. Die Wucht stieß mich zur Seite, ehe mir der Schmerz durch den Kiefer fuhr. Ich stolperte und fiel heftig auf die aufgeschürften Knie. Der Schmerz im Gesicht und in den Beinen ließ mich zusammenklappen und die Verbindung zu Ryko riss ab. Ich schnappte in plötzlicher Erleichterung nach Luft. Durch einen Tränenschleier sah ich Dela mit noch immer erhobener Hand über mir stehen.
    »Dela! Nicht!« Yuso zog sie ein paar Schritte zurück. Ein Stück entfernt krümmte Ryko sich am Boden und rang nach Atem.
    Kygo hockte sich neben mich. »Lady Eona, ist alles in Ordnung mit Euch?« Seine Hand lag leicht auf meinem Rücken und hatte etwas Beruhigendes.
    Ich nickte und ein heftiger Schmerz schoss mir durch den Kopf. Ich legte die Hände um mein Kinn und bewegte es zögernd nach links und nach rechts. Dela hatte mit der Kraft eines Mannes zugeschlagen.
    »Lady Eona, verzeiht mir.« Dela schüttelte Yuso ab und ging vor mir in die Hocke.
    Ich spuckte aus und schmeckte den warmen Kupfergeschmack meines Blutes. Mit der Zunge befühlte ich die Wunde, die ich mir in die Wange gebissen hatte. »Musstet Ihr so hart zuschlagen?«
    Dela senkte den Kopf. »Ich wusste mir nicht anders zu helfen.«
    Ich nickte wieder und zuckte zusammen. »Wenigstens habt Ihr es beendet.«
    »Waren das die anderen Drachen?«, fragte Kygo. »Kamen sie durch die Verbindung, die Ihr mit Ryko habt?« Er sah mein Erstaunen. »Ich habe gestern Abend Euer Gespräch mitbekommen. Ryko war nicht gerade leise.«
    »Ich weiß nicht, was es war, Majestät.« Um weitere Fragen zu vermeiden, gab ich Ryko ein Zeichen. Der Insulaner war noch immer vorgebeugt und atmete schwer. »Ryko, es tut mir leid. Ich konnte es nicht beenden.«
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Dela auch ihn und rutschte auf Knien das kurze Stück zu ihm hinüber.
    »Bleibt mir vom Leib.«
    Ich konnte nicht sagen, ob diese schroffen Worte an Dela

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