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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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geschlossen und mein erschöpfter Körper konnte sich endlich ausruhen. Ich bemühte mich, wach zu bleiben, als wir durch das letzte Stück buschigen Geländes in den dichteren Wald hinaufstiegen, doch seine langen, wiegenden Schritte lullten mich ein. In meinem unruhigen Schlaf spürte ich erneut Kygos entschlossenen Blick, als er mir die Wange gestreichelt hatte, und die seltsame Hitze der Perle unter meinen Fingern.
    »Mylady?« Ein kräftiges Rütteln am Arm weckte mich. Ich blinzelte. In der Halbmondnacht war Caidos Gesicht nur als scharf umrissene Fläche zu erkennen. »Das letzte Stück müsst Ihr zu Fuß gehen«, sagte er leise. »Durch diesen Eingang passt immer nur einer.«
    Shiri ließ mich vorsichtig auf den steinigen Boden hinunter. Der Wald lag inzwischen tief unter uns.
    »Danke«, murmelte ich.
    Der Hüne verbeugte sich. »Es war mir eine Ehre, Lady Eona«, sagte er und trat zurück. »Eine Ehre.«
    »Er wird noch seinen Enkeln erzählen, wie er einmal das Spiegeldrachenauge getragen hat«, flüsterte Yuso mir ins Ohr.
    »Wie lange habe ich geschlafen?« Ich sah an der riesigen Klippe hinauf, die sich im Silberglanz des Mondes vor uns erhob. Würden wir sie erklimmen müssen? Selbst nach der Rast auf Shiris Rücken zweifelte ich daran, dass ich das schaffen würde.
    »Wir waren etwa vier Stunden unterwegs«, sagte Yuso und in seiner rauen Stimme war jeder einzelne Schritt zu hören.
    Caido zeigte zu einem dunklen Riss im Gestein hinauf. »Wir sind fast da«, sagte er. »Dort geht es in unser Lager.«
    Als wir näher an die Klippe herankamen, erwies sich der dunkle Riss als ein Spalt, hoch und breit genug für einen Mann von Shiris Größe. Mit beruhigendem Lächeln schlüpfte Caido hinein. Ich folgte ihm, und kaum trat ich in den schmalen Steindurchgang, wurde die warme Nachtluft kühler. Noch immer war ein schmaler Streifen Himmel über uns zu sehen, doch das blasse Mondlicht drang kaum mehr bis dorthin, wo wir standen.
    »Mylady, bitte haltet Euch an meiner Schulter fest«, sagte Caido. »Das ist sicherer und geht schneller.«
    Immer eine Hand auf der Schulter des Vordermanns, schoben wir uns vorwärts und Caido rief Wächtern oben auf den Felsvorsprüngen die Nachricht von unserer Rettung zu. Ich sah, wie zwei Männer den Hals reckten, um einen Blick auf uns zu erhaschen, und die Spitzen ihrer Armbrüste schimmerten im schwachen Licht. Dieser Zugang wäre für jeden anrückenden Feind eine tödliche Falle.
    »Das ist einer der vier Zugänge zum Krater«, sagte Caido. »Es ist natürlich nicht gerade der bequemste, aber der nächstgelegene, und von hier aus habt Ihr einen guten Blick auf unser Lager.« Er sprach ganz aufgeregt vor Stolz.
    Ein Stück vor uns konnte ich das andere Ende des Spalts als lichtes Grau erkennen. In diesem Lager war Kygo also, verletzt. Und Ryko und Vida. Ich stieß mit den Zehen gegen Caidos Fersen und stolperte.
    »Verzeihung, Mylady«, sagte er. »Ist alles in Ordnung?«
    »Ich bin nur ungeduldig, Seine Majestät zu sehen«, gab ich zurück.
    Der Ausgang des Spalts war doppelt so groß wie der Eingang, und der Nachthimmel war durch die breite Öffnung zu sehen. Zwei schemenhafte Gestalten traten in den Blick und das Mondlicht ließ bei dem Größeren eine silberne Haarsträhne aufblitzen. Hoffentlich würden die zwei uns direkt zum Kaiser bringen.
    »Nach Euch, Mylady«, sagte Caido.
    Als ich auf den Felsvorsprung hinaustrat, kam der Silberhaarige auf mich zu, doch der Anblick unter mir nahm meine Aufmerksamkeit gefangen: eine riesige Kratermulde, übersät mit flackernden Feuern, die viele Zelte und Schuppen beleuchteten. An den steilen Kraterflanken waren im Schein weiterer Lagerfeuer die Umrisse von Höhlen zu erkennen. Und unter dem Felsvorsprung waren viele Hundert Menschen versammelt, die unsere Ankunft beobachteten. Ich hatte mir kaum Gedanken darüber gemacht, wie der Widerstand aussehen mochte, doch mir war klar, dass ich kein so großes Lager erwartet hatte.
    »Lady Eona?«, sagte der Silberhaarige offenbar zum zweiten oder dritten Mal.
    »Verzeiht. Es ist so …« Endlich sah ich ihn an und stockte. Das Grau in seinem Haar kam nicht vom Alter, denn er war höchstens fünfundzwanzig. Vielleicht lag es an der Last der Verantwortung. Oder es war die Folge einer großen Tragödie. In seinem intelligenten Gesicht lag zweifellos ein Anflug von Melancholie.
    Er lächelte. »Ja, es ist atemberaubend. Eine natürliche Festung.« Er verbeugte sich. »Ich bin Viktor,

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