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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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meine schweren nassen Haare in zwei Stränge. »Ich zeige Euch, wie man ihn flicht.«
    Madina verbeugte sich. »Sehr wohl, Lady Drachenauge.«
    Das Licht der Morgendämmerung stand in rosafarbenen Streifen am Himmel, als ich, eskortiert von zwei Widerständlern, ein paar niedrige Stufen hinaufstieg. Dem Gesprächigeren der beiden zufolge, war die kleine Höhle vor uns als Strategiesaal für den Kaiser hergerichtet worden und die Leiter aller Abteilungen sollten sich bei Tagesanbruch dort versammeln. Im Lager unter uns herrschte bereits geschäftiges Treiben. Kinder holten Eimer mit Wasser von dem Bach, der durch den Kratergrund floss, und Frauen schürten das Feuer zum Kochen. Eine Gruppe Männer ging auf den Durchgang zu, durch den wir Stunden zuvor gekommen waren, und ihre Seile und Rucksäcke wiesen sie als Suchtrupp aus.
    Eine vertraute Gestalt trat heraus und wartete auf uns. Es war Ryko, den massigen Körper gebeugt, die Arme um den Brustkorb geschlungen. Ausdruckslos beobachtete er, wie wir näher kamen, doch ich kannte ihn gut genug, um seine Anspannung zu bemerken.
    »Ich geleite Lady Eona zu Seiner Majestät«, sagte er zu meiner Eskorte.
    Die beiden Männer verneigten sich rasch und zogen sich zurück. Kaum waren sie außer Hörweite, beugte Ryko sich vor. »Ihr müsst Euch für mich verwenden. Und zwar sofort.«
    Bestürzt über den Zorn in seiner Stimme, wich ich ein Stück zurück.
    »In welcher Sache?«
    »Seine Majestät hat mir verboten, mich den Suchtrupps anzuschließen.«
    »Er hat bestimmt einen guten Grund.«
    »Seine Gründe sind mir gleich«, fuhr Ryko mich an. »Ich muss nach Lady Dela suchen. Versteht Ihr?«
    »Ryko, du bist verletzt und du kennst die Gegend nicht. Du hältst die Einheimischen bloß auf.«
    Er funkelte mich wütend an. »Verwendet Euch für mich. Ihr schuldet mir etwas.«
    » Was schulde ich dir?« Ich spürte, wie ich nun selbst wütend wurde. Wie oft sollte ich ihn noch um Verzeihung bitten? »Wolltest du sterben? Hätte ich dich in dem Fischerdorf zurücklassen sollen?«
    »Ja«, zischte er. »Das wäre ehrenvoller gewesen, als wie ein Hund zu leben und auf Euren nächsten Tritt zu warten.«
    Die Wahrheit, die er aussprach, hing zwischen uns, schwer und unumstößlich.
    Er schloss die Augen und atmete tief und gequält durch. »Mylady, bitte.« Flehentlich berührte er meine Schulter. »Ich habe ihre Hand losgelassen. Die Strömung war zu stark. Sie wird denken, ich habe sie im Stich gelassen.«
    Ich sah Rykos gequälte Miene und schaute weg. Jeden Tag fühlte ich mich schuldig – sechsunddreißigmal. Vielleicht konnte ich wenigstens ihm die Schuld ersparen, Dela zu enttäuschen.
    »Gut«, sagte ich. »Ich werde ihn fragen.«
    Schon bevor wir beim Strategiesaal ankamen, hörte ich Kygos Stimme. Die Höhle bestand aus drei miteinander verbundenen Räumen, und Ryko und ich durchquerten gerade den zweiten, als die Worte des Kaisers klar und deutlich zu uns drangen.
    »Sind das wirklich alle, die wir aufbieten können, Viktor?«
    Mein Herzschlag beschleunigte sich. Sooft ich mir unseren Kuss und Kygos Berührung auch vorgestellt hatte – ich hatte nicht bedacht, was geschehen würde, wenn ich ihn das nächste Mal sah. Würde noch immer die gleiche Glut in seinen Augen lodern? Sollte ich tun, als wäre nichts geschehen? Wir würden offenkundig nicht allein sein. Das war vielleicht ein Segen, obwohl sich auch so etwas wie Enttäuschung in mir breitmachte.
    Ich strich mein Gewand über der Brust glatt. Wie Madina gesagt hatte, war es nicht so tief ausgeschnitten wie Vidas Kleid. Dennoch ließ der runde Halsausschnitt meinen Brustansatz sehen, und die taillierte Form betonte meine Figur auch ohne Schärpe. Ich tastete nach den zwei fest geflochtenen Zöpfen, die von meinem Knoten auf dem Scheitel herunterhingen, warf sie über die linke Schulter, doch ich fand das gekünstelt und strich sie wieder nach hinten. Madina hatte gesagt, der männliche Stil stehe mir gut, doch es hatte keinen Spiegel gegeben, und der Widerschein im Wasserbecken war zu dunkel gewesen um etwas Genaueres zu erkennen.
    »Mylady, wartet bitte«, flüsterte Ryko.
    Er trat vor den natürlichen Durchgang zum dritten Saal. Öllampen hatten die ersten beiden Räume immer im Abstand einer Armlänge festlich erleuchtet, doch das Licht war trüb im Vergleich zu dem, was aus dem Strategiesaal strahlte. Dort war es fast taghell.
    »Lady Eona, Kaiserlicher Naiso und Spiegeldrachenauge«, rief Ryko.
    Seine formelle

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