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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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ließ mein Gesicht noch stärker erglühen.
    Ob er mich für schamlos hielt? Dolana hatte mir mal gesagt, Männer hätten Angst vor weiblicher Leidenschaft. Jetzt verstand ich, warum, denn meine Reaktion hatte selbst mich erschreckt. Ich dachte an die verhaltene Berührung, als Kygo mein Handgelenk losgelassen hatte, und an die verstohlenen Blicke zwischen uns, als Viktor ihn förmlich willkommen geheißen und ihm von der Rettung unserer Gruppe berichtet hatte. Wenn unsere Blicke sich begegneten, war mir jedes Mal gewesen, als lägen seine Lippen wieder auf den meinen. Und in seinen Augen hatte ich gesehen, dass es ihm genauso ging. Wie konnte diese Hitze anhalten, obwohl wir uns nicht einmal berührten?
    Ich stand auf und suchte Erleichterung in der kühleren Luft. Womöglich war es ja nicht allein aus uns selbst gekommen, dass wir so aufeinander ansprachen. Vielleicht war das von Kinra gelenkt. Ich überlegte hin und her und wusste nicht recht, ob diese Möglichkeit eine Erleichterung war oder eine bittere Enttäuschung. Ich hatte die Totentafel aus der Tasche in meinem Gewand herausgenommen, bevor ich die Kaiserliche Perle berührte. Und doch hatte eine Kraft mich auf ganz ähnliche Weise dazu verlockt, sie zu berühren, wie zuvor.
    Wie Dela dem roten, nun mit ihr verschollenen Buch entnommen hatte, war Kinra eine Kurtisane gewesen, verstrickt in eine Dreiecksbeziehung mit Kaiser Dao und einem anderen Mann. Hatten die Nachwirkungen solch heftiger Empfindungen Kygo und mich getroffen? Ich blickte in das dunkle Wasser und versuchte, meine Gefühle mit meinen Gedanken in Einklang zu bringen. Es wäre viel einfacher, wenn ich meine Vorfahrin für diese Leidenschaft verantwortlich machen könnte, denn dann könnten Kygo und ich so weitermachen wie zuvor – als schlichte Verbündete. Doch was ich fühlte, war nicht aus zweiter Hand oder fünfhundert Jahre alt. Und ich musste zugeben, ich wollte nicht, dass Kygos Inbrunst von woandersher kam als aus ihm selbst.
    Seufzend duckte ich mich wieder ins Wasser, um diese beunruhigenden Gedanken loszuwerden. Es gab Wichtigeres: den furchtbaren Verlust meiner Freunde und den Verlust der beiden Bücher. Die größte Sorge war natürlich, ob Ido noch lebte. Es gab einen ganz klaren Weg, diese Frage zu beantworten. Ich musste bloß die Energiewelt betreten und schauen, ob ich die Gegenwart des Drachenauges durch sein Tier spüren konnte, so wie zuvor. Doch das war schon früher gefährlich gewesen und jetzt war es noch gefährlicher. Falls Ido tot war und sein Schutz dahin, konnte mich schon das bloße Betreten der Himmelsebene vernichten. Und selbst wenn er noch lebte, vertraute ich doch nicht wirklich darauf, dass ich aus der Energiewelt wieder auftauchen könnte. Die alten Kräfte in mir schienen zu erstarken.
    Und doch musste ich es tun. Für unsere Pläne war es notwendig, dass wir Gewissheit hatten, ob das Drachenauge noch lebte. Mir war klar, dass es einfacher wäre, in die Energiewelt zu gleiten, solange ich im Bad war. Im Bad war es mir stets leichter gefallen, zwischen irdischer und himmlischer Ebene hin und her zu reisen. Die Hitze und der sanfte Halt des Wassers lösten Körper und Geist von der physischen Welt. Falls etwas schiefging, war dabei die Gefahr, zu ertrinken oder – wie damals im Palastbad – gegen eine Wand geschmettert zu werden, jedoch größer. Doch diesmal war ich nicht allein. Mit einem Gebet an die Götter watete ich durch das Becken und suchte Halt an der Steinkante.
    »Madina«, rief ich.
    Die Frau erhob sich halb von den Stufen. »Ja, Mylady.«
    Wie sollte ich ihr erklären, was ich vorhatte? Sie wusste, dass ich das Spiegeldrachenauge war, aber das bedeutete für sie nur Rang und Macht, nicht die Gefahr von Zerstörung und Tod.
    »Ich muss meinen Drachen in der Energiewelt finden. Steht Ihr mir bitte bei und zieht mich aus dem Wasser, falls ich untergehe oder falls es so aussieht, als wäre ich in Gefahr?«
    Sie musterte mich kurz. »Natürlich, Mylady.« Sie raffte ihren Rock, ging um das Becken herum und hockte sich neben mich.
    Ich sah in ihr ruhiges Gesicht. »Es könnte gefährlich sein.«
    »Tut, was Ihr tun müsst, Mylady«, erwiderte sie ernst und legte ihre Hand kurz auf die meine. »Ich bin da.«
    Ich ließ mich in das heiße Wasser gleiten, tauchte ein bis über die Schultern und richtete meine Aufmerksamkeit nach innen. Trotz meiner Beklommenheit brauchte ich nur fünf tiefe Atemzüge, um mein geistiges Auge zu öffnen und die Welten

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