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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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und frisch bezogen, es gab einen Sessel
und eine Leselampe ebenso wie einen Kleiderschrank, sogar eine Dusche und ein WC , die allerdings beide direkt in diesem kleinen Zimmer installiert
waren, ohne dass es extra ein Badezimmer gegeben hätte – doch die Umstände
ließen ihm keine Ruhe. Er war tatsächlich in Dismas gelandet. Aufgrund einer
einzigen, ziemlich törichten, von der Wallung der Emotionen und des Wagemutes
befeuerten Idee.
    Er spazierte einige Runden im Kreis
herum, setzte sich in den Sessel, stand wieder auf. Er fühlte sich zwar nicht
wirklich hoffnungslos, doch ihm fehlte eindeutig eine Beschäftigung. All seine
am Körper in diversen Hemd- und Hosentaschen versteckten Notizen hatte man ihm
abgenommen und ein Bücherregal war zwar vorhanden, aber ohne Inhalt.
    Nach einer kleinen Ewigkeit öffnete
sich schließlich die Tür. Patrick blickte hoch und sah in das Gesicht einer
Nachtwächterin. Schwarze, enge Lederkleidung schmiegte sich an ihren
durchtrainierten Körper und ihr blasses, von Sommersprossen übersätes Gesicht
wurde von wallendem rotblondem Haar gerahmt. Zumindest optisch entsprach diese
Frau wohl einem Männertraum. Doch Patrick registrierte es eher gelangweilt und
schweifte mit den Gedanken ab, die in diesen Tagen eine andere Frau für sich
beanspruchte.
    Â»Mitkommen!«, befahl die
Nachtwächterin.
    Mit einem erneuten Seufzer stand er
auf, ging an der Frau vorbei und trat hinaus auf einen Flur, der sicherlich am
anderen Ende der Welt lag. Einen Fluchtversuch konnte er vergessen. Ebenso
sollte er es wohl auch lieber vermeiden, den Eindruck zu machen, dass er
vielleicht an Flucht denken könnte. Ihm blieb erst einmal nichts anderes übrig
als abzuwarten.
    Die rothaarige Nachtwächterin
führte ihn in einen nüchtern eingerichteten Raum, dessen Wände aus purem Beton
waren. Äußerst zweckmäßig. In der Mitte stand ein kleiner Tisch, der aussah,
als hätte man ihn beim Discounter für billige Gartenmöbel gestohlen. Vier
Klappstühle aus ebenfalls marodem Kunststoff waren ringsum angeordnet, auf
einem von ihnen saß Liza. Auch sie sah aus, als hätte sie kein Auge zugetan.
Missmutig blickte sie unter ihren dicken, efeuartigen Locken drein, die Arme
vor der Brust verschränkt, und kippelte ungeduldig mit dem Stuhl.
    Die Nachtwächterin wies Patrick an,
Platz zu nehmen. Ein Befehl, dem er hilflos Folge leistete. Er setzte sich auf
den freien Stuhl neben Liza.
    Ihre Bewacherin blieb in der Tür
stehen, was Patrick vollkommen überflüssig erschien, da man aus einem Raum, der
aus nichts außer Beton bestand, ohnehin schlecht fliehen konnte.
    Â»Na, in welchem Apartment hat man
dich einquartiert?«, fragte er Liza, um die Situation etwas aufzulockern.
    Doch die Laune des Efeumädchens war
nicht so einfach zu heben.
    Â»Das war eine ganz schöne
Scheiß-Idee!«, sagte sie, ohne Patrick eines Blickes zu würdigen.
    Der gab ihr im Stillen recht.
    Â»Immerhin haben wir sie gemeinsam
ausgebrütet«, sinnierte er. »Ich würde mich nicht geschmeichelt fühlen, wenn
man dich hier unschuldigerweise eingebuchtet hätte.«
    Â»Arschloch«, gab Liza patzig von sich.
    Â»Wie du meinst.«
    Die Tür ging ein weiteres Mal auf
und ein Mann mittleren Alters in einem Trenchcoat und mit einer Akte unter dem
Arm betrat den Betonraum. Seine Haare und der Schnitt seines Schnauz- und
Backenbartes gaben ihm verblüffend wölfische Züge. Neben ihm wuselte ein
kleiner Jack-Russell-Terrier durch die Tür.
    Â»Ah«, sagte er und gab der
Nachtwächterin höflich die Hand. »Laura. Schön, Sie zu sehen. Wie geht’s den
Kindern?«
    Â»Sie rauben den Babysittern die
letzten Nerven«, gab sie knapp zurück. Es klang völlig emotionslos und es war
nicht schwer zu erraten, dass das Verhältnis der beiden keinen Deut über das
Professionelle hinausging.
    Â»Schön«, meinte der Wolfmann, dann
gab er erst Liza und schließlich Patrick die Hand.
    Â»Kommissar Hermann Falter«, stellte
er sich vor. Ohne auf eine Erwiderung zu warten, zog er sich einen der
hässlichen Plastikstühle heran und setzte sich falsch herum darauf.
    Â»Ich hab Sie schon mal gesehen«,
sagte Liza.
    Â»Möglich«, antwortete der
Kommissar.
    Er schlug die Akte auf, warf einen
schnellen Blick hinein und schloss sie ebenso eilig wieder.
    Der Terrier setzte sich artig neben
ihn

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