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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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Falter, wir haben eine der
Zielpersonen.«

    Erwischt.
    Einer der Nachtwächter
hatte Sarah Skinner erwischt, während Jacob Skinner wohl ebenso wie Ma’Haraz
entkommen war. Man hatte sie
unter Bewachung in das Hospital von Ravinia gebracht. Offenbar war sie verletzt – schwer genug, um der Obhut
des Krankenhauses zu bedürfen. Genaueres brachte Lee nicht in Erfahrung, man
schickte ihn weg, da es ohnehin hektisch wurde im Kommissariat.

    Mit hämmerndem Herzen stiefelte Lee zurück
durch die abendlich ruhigen Gassen der düstergoldenen Stadt. Als er aus der
Oberstadt hinabstieg, malte die Sonne einen flirrenden Sonnenuntergang an den
Himmel über der Hügelkette, die kein Mensch betreten konnte. Doch Lee stand
weiß Gott nicht der Sinn nach Romantik. Er hatte Angst. Er war sich unsicher.
Sein Gefühl sagte ihm, dass irgendetwas Größeres im Gange war. Und er hasste
dieses Gefühl.
    Ein Rabe segelte über ihm durch die Luft, gerade als
er auf den Marktplatz trat.
    Â»Corax!«, rief Lee und das Tier kam herunter und
setzte sich mit seinen viel zu klugen Knopfaugen direkt auf seine Schulter.
    Â»Du willst Post loswerden?«
    Lee suchte in seinen Taschen nach irgendetwas, um
darauf zu schreiben. Bloß fand er nichts.
    Â»Kannst du auch mündliche Botschaften überbringen?«
    Â»Klar, krah«, krächzte der Rabe. »Kostet aber extra.«
    Natürlich!
    Â»Blödmann«, nuschelte Lee.
    Â»Rabe!«, sagte der Rabe.
    Â»Hä?«
    Â»Blöd- Rabe , wenn schon. Aber
das macht den Tarif auch nicht gerade günstiger, weißt du?«
    Lee stöhnte, holte seine Geldbörse hervor und fischte
nach dem Zehn-Pfund-Schein. Seinem einzigen Geldschein.
    Â»Oh«, machte er Rabe. »Dafür lege ich beim Überbringen
sogar noch einen Zahn zu.«
    Â»Schön«, unterbrach Lee ihn leicht genervt, aber
doppelt so nervös. »Ich möchte, dass du Ms Lara McLane Folgendes übermittelst …«

6. Kapitel, das Lara in die Mitte eines Lavendelfeldes führt.
    Wo willst du heute schlafen?
Und worüber denkst du nach?
Es war wundervoll als wir uns trafen,
Wie lange lagst du wach?
    Â Thees Uhlmann
    Wer weiß schon am Anfang eines langen Tages,
in welche Weiten es einen verschlägt?
    Der Morgen war von Kaffee durchsetzt.
    Mal wieder.
    Denn Lara versuchte, mit einer Tasse nach der nächsten
die Müdigkeit aus ihren Augen zu vertreiben. Doch es funktionierte nicht. Wie
auch? Hatte sie doch mitten in der Nacht Gespräche über Heimlichkeiten,
Familienkriege, alte und neue und verlorene Lieben verfolgt und war durch halb
Elo gelaufen.
    Schließlich waren sie
aufgebrochen, noch während Lara an einem Croissant
geknabbert hatte. Tolle Aussichten. Nicht einmal essen durfte man also in Ruhe.
Toms Kommentar über schlaftrunkene Teenager hatte sie erst gekontert, als sie
das Haus Bastiani schon längst verlassen hatten. Doch bezüglich der
Geschehnisse ihrer kurzen Nacht hielt sie sich erst einmal bedeckt. Wer wusste
schon, wo Epicordia überall Ohren hatte?
    Tom bewegte sich steif,
behindert durch dicke Bandagen unter seiner Kleidung. Ansonsten schien er seine
Verletzungen auf beinahe beängstigend stoische Weise zu ignorieren. Ja, so
kannte sie ihn: Rätselhaft bis zum Schluss. Er hatte ihr gegenüber bisher nicht
ein einziges Wort zu den Vorfällen verloren. Und so hegte Lara immerhin leise
Hoffnungen, dass er es ihr unterm Strich nicht so übel nahm, wie Geneva es
getan hatte.
    Eine ziemlich vage Hoffnung angesichts seiner
Verletzungen. Lara vermied das Thema tunlichst – und hegte im Stillen ein
schlechtes Gewissen.
    Myra Jones – die Lara heute zum ersten Mal ohne ihren
Trenchcoat sah, dafür aber in einer engen Lederjacke, die ihren Sex-Appeal um ein unverschämtes Maß steigerte
– schlug schließlich vor, man solle sich doch zu Besprechungen von nun
an in der Laube von Patrick Davenport treffen. Dort befände man sich immerhin
auf neutralem Boden.
    Großartig. Patrick wurde also nun auch mit in diese Geschichte hineingezogen. Obwohl, wenn Lara ehrlich
war, steckte er sowieso schon mittendrin.
    Schließlich hatten sie sich aufgeteilt, um sich
umzuhören. Eine Arbeit – so fand Lara –, die Myra Jones auch gut alleine
hätte tun können. Schließlich war das ihr Job als Kommissarin und sicherlich
war sie auch erheblich besser darin als Schlüsselmacher. Schlafen

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