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Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
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eigentlich andauernd wieder?«
    Â»Talent«, meinte der pechschwarze Vogel unbescheiden.
»Was meinst du wohl, warum wir Raben hier in der Stadt die Post austragen? Wäre
ja ziemlich blöd, wenn man nie jemanden finden würde.«
    Â»Also?«
    Â»Ich dachte, ich sehe mal nach euch. Nachdem Lord
Hester Tom ja quasi ins Bett abkommandiert hat.«
    Dabei klang er, als würde er sich darüber lustig
machen.
    Â»Er ist verletzt«, stellte Lara klar.
    Â»Krah. Dafür sah er aber aus wie immer, der alte
Griesgram.«
    Â»Ha«, machte Lara. »Du hast gelauscht.«
    Â»Pah.«
    Der Rabe reckte sein Kinn
hoch, als ob er sie zu etwas herausfordern wollte.
    Â»Ich musste gar nicht lauschen. Ich war anwesend, wenn
du dich recht erinnerst.«
    Das stimmte, fiel Lara ein. Dort, wo Lord Hester war,
waren zwangsläufig auch immer eine ganze Menge Raben zu finden. So war es
natürlich auch im Saal unten im Bergfried gewesen. Also musste Dexter im Gebälk
gehockt haben.
    Â»Du hättest trotzdem etwas sagen können«, beschwerte
sich Lara.
    Â»Vielleicht«, säuselte der Rabe. »Aber ich dachte, ich
geh euch lieber spontan und auf liebenswürdige Art und Weise auf den Keks.«
    Â»Du bist unmöglich.«
    Â»Ich weiß. Also, wo wollt ihr gerade hin?«
    Â»Wir sind auf dem Weg zur Stadthalle«, schaltete
Patrick sich ein. »Wenn du magst, kannst du gerne mitkommen.«
    Â»Hätte ich ohnehin getan, krah«, beschied ihm der
Rabe. Aber Patrick schien sich von der rotzfrechen Art des Vogels nicht aus der
Fassung bringen zu lassen.
    Â»Also dann!«

    Große Künstler
brauchen große Orte, um sich zu versammeln und wohl dabei zu fühlen. Kleine
Künstler brauchen das auch.
    Vor ihnen ließ sich bald ein erster Blick auf die
beiden ausladenden Giebel der Stadthalle von Ravinia erhaschen. Kurze Zeit
später hatten sie sie erreicht. Von Fackeln auf dem Vorplatz erhellt, ragte der
große Holzbau in den Nachthimmel. Sicherlich war er nicht so hoch wie die
Kathedrale oder der Uhrenturm, aber alleine durch ihren Umfang wirkte die Halle
Respekt einflößend auf ihre Besucher.
    Buntes Volk tummelte sich vor den Eingängen und Lara
erkannte das ein oder andere Gesicht, grüßte höflich oder ärgerte sich, dass
jemand zu schnell wegsah. Es gab eine Art natürliche Konkurrenz zwischen den Menschen
mit besonderen Begabungen in Ravinia. Auf der einen Seite waren dort die
Schreiber, Maler und Musiker, diejenigen, die im weitläufigen Künstlerviertel
die bildenden Künste voranzutreiben versuchten. Auf der anderen Seite gab es
die Handwerker, zu denen auch die Mechaniker zählten und die ihr Viertel in der
anderen Hälfte der Stadt bewohnten, südöstlich in Richtung der botanischen
Gärten. So war die Bibliothek beispielsweise ein Relikt aus jenen alten Tagen,
in denen man sich noch nicht im Stillen auf eine derartige Aufteilung der Stadt
verständigt hatte. Beide Gruppen fochten seit jeher einen stillen
Konkurrenzkampf aus. Lara musste dabei stets an die Fans der konkurrierenden
Fußballmannschaften aus Glasgow denken. Nur dass man in Ravinia glücklicherweise
ohne Ausschreitungen gegeneinander auskam. Es handelte sich eher um eine
Hassliebe. Daneben gab es noch viel bunteres Volk, das sich um die Wahrsager
und das Rondell scharte. Diese Leute genossen weder bei den Künstlern noch bei
den Handwerkern besonderes Ansehen. Allen drei Gruppen war jedoch gemein, dass
sie sich gleichermaßen über den Stadtadel in der Oberstadt aufregen konnten – wobei
es auch da Ausnahmen gab wie zum Beispiel die Davenports.
    Nun gab es von den Davenports nur noch zwei. Und Lara
hatte keine Vorstellung davon, dass die beiden ganz und gar nicht gut
miteinander auskamen. Auch wenn es im allerersten Moment einen anderen Anschein
hatte.
    Sie passierten den Eingang und waren in die große
Holzhalle gelangt, die man zum aktuellen Anlass des Abends bestuhlt hatte.
Zielstrebig glitt Patrick vorbei an Leuten, die ihn freundlich grüßten und in
nervtötenden Small Talk verwickeln wollten.
Erst jetzt begriff Lara, dass Patrick hier in der Gegend so etwas wie ein
Prominenter sein musste. Beinahe jeder in der Halle schien ihn zu kennen und
das ein oder andere freundliche oder sinnlose Wort mit ihm wechseln zu wollen.
    Offensichtlich genervt von seinen ersten drei oder
vier Begegnungen, die ihm ein Vorankommen im Trubel einfach nicht

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