Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Epicordia

Epicordia

Titel: Epicordia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Corzilius
Vom Netzwerk:
gestatten
wollten, ohne ihm vorher noch schnell von ihren neuesten Projekten,
Entdeckungen oder einfach von ihren Kindern erzählt zu haben, hatte er nun die
Schotten dicht gemacht. Kurz entschlossen hatte er Laras Hand ergriffen und sie
flink durch das Gewirr von aufgeblasenen Wichtigtuern gezogen.
    Lara konnte nicht sagen, dass ihr besondere Sympathien
entgegenwehten, während sie sich von Patrick durch die Halle ziehen ließ.
Dexter, der auf Laras Schulter balancierte, gab mürrische Krächzlaute von sich.
    Schließlich schob Patrick
sie zwischen einer Frau und einem Mann hindurch – sie hatte die Leibesfülle
einer guten Opernsopranistin, er hingegen wog sicherlich nur ein Drittel von
ihr. An einem lackierten Holzbalken, der zur Stützkonstruktion des großen
Hallendaches gehörte, lehnte jemand, den sie zweifelsohne kannte. Christopher
Davenport, Bibliothekar von Ravinia. Er hatte sich seit ihrer letzten Begegnung
kaum verändert und sah Johnny Depp immer noch auf erstaunliche Weise ähnlich:
Halblanges Haar, eine Brille mit dickem Rand und wie sein Bruder in ein
lockeres Leinenhemd gekleidet, zu dem er eine Cordhose trug. Er war mit
jemandem in ein Gespräch vertieft, dessen Erscheinung nicht weniger markant war
und sich vor allem durch seine tiefschwarze Hautfarbe auszeichnete.
    Patrick ließ Laras Hand los und ging auf seinen Bruder
zu, um ihm auf die Schulter zu tippen. Der so um die Fortführung seines
Gesprächs beraubte, drehte sich entnervt um. Doch seine Miene hellte sich auf,
als er erkannte, wer ihn da so dreist in seiner Konversation gestört hatte.
    Â»Patrick!«, rief er freudig aus. »Was machst du denn hier?«
    Â»Ab und zu arbeite ich hier«, bemerkte der
Angesprochene trocken, doch Christopher achtete nicht darauf.
    Â»Ms McLane«, platzte er heraus. »Wie schön, Sie zu
sehen. Mechaniker haben wir wahrlich nicht oft zu Gast.«
    Irritiert wanderte Patricks Blick von Lara zu
Christopher und zurück.
    Â»Ihr kennt euch?«
    Â»Aber natürlich«, bekräftigte der Bibliothekar.
    Lara hingegen hätte es nicht so ausgedrückt.
    Â»Wir haben uns kurz kennengelernt vor ein paar
Jahren.«
    Patrick schenkte seinem älteren Bruder einen
vorwurfsvollen Blick und Lara ahnte, dass der ungespielt war.
    Â»Warst du etwa auch in diese Sache um Roland Winter
verstrickt?«
    Jetzt beugte sich Christopher Davenports
Gesprächspartner neugierig nach vorn.
    Â» Was habe ich da eben
gehört?«, erkundigte er sich.
    Â»Ah«, machte der Bibliothekar und trat elegant zur
Seite. »Darf ich euch ein ganz spezielles Talent vorstellen?«
    Galant schob er seinen Gesprächspartner vor und ließ
ihm gar keine andere Wahl, als nun selbst im Fokus der Aufmerksamkeit zu
stehen. Er war jung, sicherlich zwischen den beiden Davenport-Brüdern zu verorten, aber bestimmt einen ganzen Kopf
größer, trug ein Holzfällerhemd und darüber eine schwarze Latzhose aus Cord.
Seine tiefschwarze Haut schien das Licht ihrer Umgebung beinahe zu
verschlucken. Dennoch wirkte er nicht bedrohlich und in seinem dunklen Gesicht
blitzten zwei freundliche Augen, beinahe ebenso schwarz wie seine Haut.
    Â»Dies ist Lapuli Tinwe«,
stellte Christopher ihnen den Mann vor und dieser reichte Lara und Patrick
höflich die Hand.
    Â»Lapuli ist möglicherweise einer der besten
Puppenkünstler der ganzen Welt. Er wohnt nicht in Ravinia, aber heute Abend ist
er zu Gast, um uns eine Vorführung seiner Künste zu geben.«
    Â»Hocherfreut«, krächzte Dexter und lockerte auf diese
Weise die Stimmung ein wenig auf.
    Doch kaum hatten sie einige Höflichkeiten
ausgetauscht, nahm Patrick seinen älteren Bruder zur Seite.
    Â»Darf ich dich kurz sprechen?«
    Aber sie waren schon so gut wie außer Hörweite, bevor
der überrumpelte Bibliothekar überhaupt eine Antwort über die Lippen gebracht
hatte.
    So stand Lara allein mit Lapuli in der großen Halle
zwischen den vielen Leuten herum.
    Â»Und du machst also Puppen?«, versuchte sie das
Gespräch zu eröffnen.
    Â»Und du fühlst dich hier gerade genauso unwohl wie
ich?«, antwortete Lapuli und ließ ein gewinnendes Lächeln über seine
Gesichtszüge huschen, das seine schneeweißen Zähne offenbarte.
    Â»Ertappt«, freute Lara sich. »Warum wohnst du nicht in
Ravinia?«
    Â»Ach«, meinte er. »Das ist eigentlich eine lange
Geschichte. Die

Weitere Kostenlose Bücher