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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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diskutiert. Er selbst war grundsätzlich liberal eingestellt, doch er war auch ein Realist, der wusste, dass die Freiheit des Schutzes bedurfte – und dass man dazu oft schwierige, manchmal sogar abstoßende Dinge tun musste. Im Großen und Ganzen jedoch hielt Amery Hyde den Betrug an seiner Tochter – der weniger in direkten Lügen als im Verschweigen von Wahrheiten bestand – für gerechtfertigt. Seine Pflicht als Vater bestand darin, die Rolle zu spielen, in der sie ihn am nötigsten brauchte; und das tat er mit ganzem Herzen.
    »West hat noch etwas anderes gesagt.« Susans Stimme zitterte leicht bei diesen Worten. »Etwas, wofür ich ihn hasse. Ihn hasse, weil es wahr ist. Er hatte Recht mit seiner Behauptung, ein Teil von mir wäre trotz all meiner Bedenken von diesem Projekt fasziniert – nämlich die Wissenschaftlerin in mir.«
    »Nun, du bist eine Wissenschaftlerin, warum sollte das also nicht zutreffen?«
    »Aber Denken und Handeln sind zweierlei. Niemand, der bei klarem Verstand ist, würde Leute für das verurteilen, was sie denken. Es kommt auf das an, was man tut. Und ich arbeite mit den Leuten zusammen, die meinen Mann ermordet haben.«
    »Du rettest das Leben deines Sohnes.«
    »Und deines. Und ich würde es jederzeit wieder tun, um einen von euch beiden zu retten. Was ich sagen will…«
    Sie hielt erneut inne und versuchte Worte für etwas zu finden, das sie selbst nur teilweise verstand.
    »…Was ich sagen will, ist Folgendes: Ich tue es nicht allein, um euch zu schützen. Nicht mehr. Ich bin inzwischen zu sehr in diese Forschungsarbeit involviert. Intellektuell, meine ich. Es hat mich… gepackt.«
    Sie blickte zu ihm auf, suchte in seinen Augen nach Verständnis. »Ist das falsch? Hat Mengele sich so gefühlt, als er an all den armen Kindern im Konzentrationslager Experimente durchführte?«
    Amerys Antwort darauf war unerwartet scharf. Beinahe überraschte ihn seine eigene Wut. »Schluss damit! Das ist ein vollkommen unpassender Vergleich, und du weißt das!«
    »Aber du verstehst, was ich meine, nicht wahr, Daddy?« Er drückte ihre Hände noch ein wenig fester. »Du tust, was du tun musst. Im Augenblick darfst du einfach nicht weiter denken. Später, wenn wir das hier hinter uns haben, können wir uns über alles Übrige unterhalten.«
    Und das würden sie mit Sicherheit tun, in aller Ausführlichkeit. Wenn er sie recht verstanden hatte, entwickelte sie langsam eine Sicht der Dinge, die ihm das Leben bedeutend leichter machen würde. Er würde ihr niemals die ganze Wahrheit sagen können: dafür gab es zu viele Jahre voller Lügen und zu viele Geheimnisse, die niemals aufgedeckt werden durften. Niemals würde er ihr sagen können, dass er, obwohl er den Tod ihres Mannes nicht persönlich angeordnet hatte, Mitglied der geheimen Führungsebene war, die dafür die Verantwortung trug. Oder dass der Plan, ihren Sohn zu entführen, um sie dazu zu zwingen, mit den Mördern ihres Mannes zusammenzuarbeiten, von ihm stammte. Ebenso wie die Idee, sie dadurch zu maßregeln, dass man sie glauben ließ, er, Amery, wäre wegen ihres leichtfertigen Ungehorsams umgebracht worden. Er würde es ihr nie sagen können, weil sie ihm nie würde vergeben können, selbst wenn sie die einzige Alternative gekannt hätte: Um Schaden von der Organisation abzuwenden, hatten die, die noch mächtiger und kompromissloser waren als er, vorgeschlagen, Susan zu töten. Er hatte ihr das Leben gerettet, aber es war ein grausamer Gnadenakt gewesen, für den er keinen Dank erwartete. Alles, was er sich erhoffte, war, dass man sie verschonen und ihr und Christopher erlauben würde, wieder ein Leben zu führen, das sich nicht allzu sehr von ihrem früheren Leben unterschied. Und das würde nur möglich sein, wenn sie durch irgendein Zeichen zu erkennen gab, dass sie ihr kategorisches Schwarz-Weiß-Bild aufzugeben bereit war.
    Wenn Amery ihre Worte richtig interpretierte, waren die ersten Anzeichen einer solchen Bereitschaft endlich zu erkennen. Und zum ersten Mal seit Wochen bestimmte nicht mehr blanke Furcht seinen Blick in die Zukunft.

    »Glauben Sie, sie wusste, dass der Raum abgehört wurde?«
    »Die Vermutung liegt auf der Hand – ich an ihrer Stelle hätte es jedenfalls angenommen.«
    »Gut, nehmen wir an, sie wusste es. Wie viel von dem, was sie sagte, können wir glauben?«
    Aller Augen richteten sich auf Amery Hyde. Er konnte sich nicht vorstellen, warum sie annahmen, dass er mehr als sie wusste, aber er konnte

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