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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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dort hektisch umherlaufende Wachen. Ein Wagen des Sicherheitsdienstes raste um die Ecke und kam mit quietschenden Reifen zum Stehen. Immer mehr Männer schwärmten aus. Bevor West erkennen konnte, was da vor sich ging, klingelte das Telefon in seinem Apartment. Er ging ins Zimmer zurück, ließ die Glastür aber offen.
    Der Anruf kam von Morris, dem Sicherheitschef. »Monk ist ausgebrochen. Ist über den Zaun, bevor wir etwas unternehmen konnten.«
    West spürte, wie ihm ein eisiger Schauer den Rücken hinunterlief. »Wie zum Teufel konnte das geschehen? Wie konnte er entkommen?« Seine Stimme war plötzlich um eine Oktave höher als sonst, sein Herz schlug rasend schnell.
    »Sie haben ihn zur Sporthalle begleitet, zur Morgengymnastik. Drei Männer waren bei ihm, zwei weitere im Korridor. Es gibt ‘ne Stelle dort, die fast ‘n toter Winkel ist. Teilweise sehen wir sie aber per Kamera ein. Er hat sie einfach alle auseinander genommen, und zwar schneller, als man zusehen kann. Niemand ist tot, es gab nur ein paar Knochenbrüche.«
    »Fünf Männer? Warum hat ihn niemand aufgehalten?«
    »Fehlfunktion im elektronischen Überwachungssystem. Hab mit ein paar der Männer gesprochen – sie haben mehrfach versucht, ihn mit dem Zapper auszuschalten. Hat aber nicht funktioniert.«
    »Zum Teufel, sie waren bewaffnet.«
    »So, wie der Bursche sich bewegt, hat niemand ‘ne Chance, die Waffe zu ziehen, geschweige denn einen Schuss abzufeuern.«
    »Dann hätten Sie zehn Leute da unten haben müssen! Das ist unentschuldbar!«
    West schrie inzwischen. Der Sicherheitschef fuhr mit seinem Bericht in ruhigem Tonfall fort und ließ die Wut seines Vorgesetzten an sich abprallen. Er wusste genau, was West bereits die ganze Zeit fürchtete, nämlich dass allein er, West, für diese Panne verantwortlich gemacht werden würde.
    »Er hat sich zwei Waffen und ein Ersatzmagazin geschnappt, drei Überwachungskameras zerschossen, sodass wir ihn aus den Augen verloren. Haben aber die Stelle gefunden, wo er über den Zaun gestiegen ist. Dort hat er nämlich eine der Waffen verloren.«
    »Wie lang ist er schon weg?«
    »Drei Minuten – fast vier.«
    West stöhnte gequält.
    Der Sicherheitschef fuhr fort: »Alle verfügbaren Wagen und Männer sind in die Umgebung ausgeschwärmt. Ich brauche aber Ihr Okay, die Polizei zu alarmieren.«
    »Noch nicht. Das muss ich erst abklären. Ich werde mich bei Ihnen melden, wenn wir die Polizei einschalten.«
    West legte auf. Durch die offene Terrassentür konnte er draußen noch mehr aufgeregtes Stimmengewirr und heftig beschleunigende Fahrzeuge hören. Dann herrschte Stille. West blieb einen Augenblick still sitzen, das Gesicht in den Händen vergraben, bemüht, das ganze Ausmaß dieser Katastrophe zu erfassen und die Frage zu klären, wie er seinen Vorgesetzten Bericht erstatten konnte: auf eine Art, die ihn möglichst entlastete oder zumindest seine Verantwortung verringerte.
    Plötzlich spürte er etwas auf seiner Schulter, eine ganz leichte Berührung nur, kaum mehr als ein darüber streifender Luftzug. Nur dass das Gefühl nicht verging, sondern anhielt. West gefror das Blut in den Adern, als er Charlies Stimme unmittelbar neben seinem Ohr vernahm.
    »Okay, bleiben Sie ganz ruhig. Ich werde Ihnen ganz genau sagen, was wir tun werden…«
    Amery Hyde saß im Helikopter und war noch etwa zehn Minuten von der Ranch entfernt, als sein Handy klingelte. Joe, sein Pilot, konnte das Gespräch durch den Lärm des Motors und die Kopfhörer, die er trug, nicht hören. Aber er sah, wie alle Farbe aus dem Gesicht des alten Mannes wich. Kein Zweifel: Es musste sich um schlechte Nachrichten handeln.

    Als ältestes und langsamstes Mitglied des Sicherheitsdienstes war Barney Cole nicht in die Gruppen eingeteilt worden, die draußen Jagd auf Charlie machten. Man hatte ihn als Wache am Tor zurückgelassen, weil dieser Posten besetzt bleiben musste, auch wenn es jetzt, da Charlie fort war, keinen Grund mehr für die konsequent durchgeführte Kontrolle jedes durchfahrenden Wagens gab. Als Dr. West daher persönlich anrief und ihm mitteilte, dass er zum Flughafen fahren müsse und keine Zeit verschwenden wolle, sorgte Barney natürlich dafür, dass das Tor offen stand. Der Wagen war auch pfeilschnell hindurch, mit West selbst am Steuer, der Barney dankend zuwinkte.
    Charlie erhob sich nach etwa fünfzig Metern vom Boden. West spürte, wie der Druck des Pistolenlaufes gegen seine rechte Niere schwächer wurde – nicht dass

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