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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Mann, der eine lange Strecke gelaufen war.
    »Du da«, fuhr Charlie fort und deutete erneut auf den Piloten, »komm her!«
    Der Pilot bemerkte, dass Charlie mit einem Mal eine Pistole in der Hand hielt. Er zielte zwar auf keinen seiner Begleiter, dennoch hob der Pilot die Arme und folgte gehorsam Charlies Anweisung. »Hören Sie«, sagte er, »ich weiß nicht, was hier gespielt wird. Ich fliege dieses Ding hier bloß und…«
    »Setz dich, und lass die Hände da, wo ich sie sehen kann«, fuhr Charlie ihn an. Der Pilot gehorchte.
    Durch das Fenster konnte Charlie sehen, wie Amery Hyde ein Handy aus der Tasche zog und eine Nummer wählte. Das Handy in Wests Jacke klingelte. Charlie bedeutete ihm mit einem Nicken, zu antworten. West zitterte so stark, dass er das Gerät kaum handhaben konnte. »Hallo?«, sagte er schließlich, nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte.
    »Geben Sie mir Charlie«, befahl Hyde. »Und machen Sie sich keine Sorgen, wir werden Sie sicher da rausbringen.« Charlie konnte Hydes Worte leise über das Telefon hören, synchron dazu las er die Lippenbewegungen durch das Fenster.
    »Um Gottes willen, seien Sie vorsichtig«, sagte West mit brechender Stimme. »Lassen Sie nicht zu, dass er mich umbringt. Sagen Sie’s ihm! Sagen Sie ihm, dass nicht ich Sie gewarnt habe!«
    »Es ist mir scheißegal, wer sie gewarnt hat«, sagte Charlie und riss das Handy ungeduldig an sich. »Okay, ich höre.«
    »Und ich wette, Sie haben mich auch genau im Auge, Charlie. Also wissen Sie, wer ich bin.«
    »Ich weiß jetzt, wer Sie sind – Mr. Hyde.«
    »Ich bin noch immer Control, Charlie. Ich gebe noch immer Befehle.«
    »Nicht mir. Nicht mehr.«
    »Charlie, Sie sind gut. Wir beide wissen, wie gut. Aber selbst Sie haben diesmal keine Chance.«
    Alles, was Charlie jemals in einer solchen Situation zu tun gelernt hatte, schoss ihm durch den Kopf. Als Erstes musste er Zeit gewinnen, die anderen hinhalten und Punkte sammeln, indem er den Gegner aus der Ruhe brachte. Dann erinnerte er sich daran, dass es Control gewesen war, der ihm die meisten dieser Tricks beigebracht hatte – und dass sie damit in diesem Fall verschwendet wären. Charlie beschloss, die Sache zu verkürzen. »Wo sind Dr. Flemyng und ihr Sohn?«
    »Das geht Sie nichts an.«
    »Ich habe zwei Geiseln hier. Ich will Dr. Flemyng und ihren Sohn hier im Flugzeug haben. Sie werden die beiden Geiseln bekommen, sobald ich sie nicht mehr brauche.«
    Amery drehte sich um und nickte gelassen einem seiner Männer zu. Maschinengewehrfeuer erklang; es war nach unten gerichtet. Das Flugzeug schwankte und sackte dann ab wie ein ungelenker Vogel auf sein Nest.
    »Wir haben die Reifen zerschossen, Charlie«, erklärte Amery. »Dieses Flugzeug wird nirgendwo hinfliegen. Und Sie auch nicht. Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus, und wir werden das ganze dumme Missverständnis aufklären.«
53
    Die Sonne kam hinter einer Wolke hervor und schien Amery Hyde mitten ins Gesicht. Er kniff die Augen zusammen und konnte so kaum noch durch das Fenster erkennen, was in der Flugzeugkabine vor sich ging. Die Scheiben waren beinahe undurchsichtige schwarze Flächen.
    Er wusste, dass Charlie bewaffnet war. Zusammen mit den beiden Geiseln hatte er damit keine schlechten Trümpfe in der Hand. Charlie war dafür geschaffen, diesen Kampf auszufechten und, wenn nötig, dabei zu sterben. Er war nicht darauf programmiert, aufzugeben. Und wenn er es doch tat – nun, das wäre eine interessante Entwicklung.
    »Okay, wenn wir schon mal hier sind, lassen Sie uns reden.« Charlies Stimme am Handy klang lakonisch. Amery wartete einen Augenblick und wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als ein schriller Schrei mit solcher Intensität aus dem Hörer drang, dass Amery zusammenzuckte, nicht heftig, aber er wusste, dass Charlie es bemerkt haben würde. Er ärgerte sich darüber; Charlie würde glauben, dass er langsam die Oberhand gewann – was nicht zutraf.
    Latimer West hatte den Schrei ausgestoßen. Amery konnte sein Wimmern im Hintergrund vernehmen, während Charlie fortfuhr: »Was meinen Sie, Amery? Sollen wir reden?«
    Amery fragte sich, was Charlie Latimer West wohl angetan hatte, zwang sich jedoch schnell dazu, sich wieder auf die eigenen Probleme zu konzentrieren. Es war sinnlos, darüber nachzudenken, wozu Charlie alles fähig war. Amery musste diese Sache mit größter Vorsicht angehen. Es war das erste Mal, dass Charlie sich ihm gegenüber anders als respektvoll verhielt, was eine

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