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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Frage verleitete, warum sie sich nicht einfach einen Wagen mieteten und die Strecke fuhren statt zu fliegen; ihre Erfahrungen mit russischen Inlandsflügen reichten ihr für den Rest ihres Lebens. Ika erwiderte, dass es erst Herbst sei, und das bedeutete, dass die Straßen, die im Sommer schlammig, unpassierbar und von gigantischen Moskitoschwärmen bevölkert waren, noch nicht zu den harten Routen festgefroren waren, auf denen man wenigstens im Winter ein klein wenig besser vorankam. Eine Fahrt im Wagen bedeutete einen mindestens zwei Tage dauernden Höllentrip. Wenn sie flogen, würden sie die Strecke relativ komfortabel zurücklegen (Komfort in Russland sei allerdings immer relativ, betonte Ika) und in das einzige Etablissement einchecken, das man großzügig als Hotel bezeichnen konnte (und in dem auch John und sein Team untergebracht gewesen waren), um von dort aus Fahrten mit dem alten Jeep zu unternehmen, den Ika von einem der ortsansässigen Apparatschiks hatte mieten können.
    Ihr Flugzeug, das in einem abgelegenen Winkel des riesigen Flughafens parkte, erfüllte Susan nicht eben mit Vertrauen. Es war ein einmotoriger Doppeldecker, eine Antonov 2, erklärte Ika, irgendwann in den vierziger Jahren erbaut und noch immer als zuverlässiges Transportmittel für Personen und Fracht in Gebrauch. Außer Susan und Ika waren noch vier weitere Passagiere an Bord, alles Männer und alle offenbar gewaltig verkatert. Ob sie zusammen oder jeder für sich alleine in diesen Zustand gelangt waren, ließ sich nicht klären, da keiner von ihnen in der Stimmung war, sich zu unterhalten, weder untereinander noch mit Ika oder Susan – ein Umstand, für den Susan außerordentlich dankbar war.
    Der Start erfolgte unter ohrenbetäubendem Getöse und so ruckartig, dass die Passagiere bis ins Mark erschüttert wurden, doch in der Luft nahm die Maschine dann Gott sei Dank eine stabile Fluglage ein. Es ging in der Tat sogar etwas Vertrauen erweckendes von ihrem Alter und der Tatsache aus, dass sie so oft benutzt worden war. Da schien ein Flug über die trostlose Landschaft so alltäglich und risikolos wie zu Hause eine U-Bahn-Fahrt in der Stadt, wenn man nur ein paar Häuserblocks weiter wollte. Das Flugzeug landete insgesamt vier Mal, um Passagiere ein- und aussteigen zu lassen, Fracht auszuladen und neue Kisten und Pakete aufzunehmen. Die Landebahn bestand meist aus einem Stück freigeräumter, festgetretener Erde, manchmal durchsetzt mit rissigem Asphalt oder großen Zement- und Stahlplatten, die die Amerikaner, wie Ika erklärte, nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgelassen hatten.
    Sie blieben nie länger als fünfzehn Minuten auf dem Boden, und jedes Mal starrte Susan fassungslos durchs Fenster in eine so unwirtliche Ödnis hinaus, dass es ihr unvorstellbar war, wie Menschen dort leben konnten.
    Etwa eine halbe Stunde bevor sie in Ostjachon landen sollten und nach vorheriger Absprache mit dem Piloten flogen sie einen kleinen Umweg über das Gelände, in dem Johns Flugzeug abgestürzt war. Entweder bemerkten die anderen Passagiere den Kurswechsel nicht, oder sie waren vorher darüber informiert worden – vielleicht war es ihnen auch einfach gleichgültig: ein weiteres Beispiel für jenen seltsamen, fast rührenden russischen Fatalismus angesichts all dessen, was außerhalb ihrer Einflussmöglichkeiten lag.
    Es gab wenig zu sehen. Die Wrackteile waren längst abtransportiert worden. Nichts deutete mehr auf das Unglück hin, das an diesem Ort geschehen war, und Susan hätte die Stelle glatt übersehen, wenn Ika sie nicht darauf hingewiesen hätte. Susan versuchte sich die Szenerie vorzustellen, so wie sie sie sich oft vorgestellt hatte, am Tage und nachts in ihren Albträumen, doch das Bild blieb nach wie vor seltsam vage, als betrachtete sie es kühl aus der Distanz – wahrscheinlich waren das immer noch die Nachwirkungen des Schocks. Sie hatte die Tragödie von Johns Tod noch immer nicht ganz verarbeitet.
    »Wir können morgen oder übermorgen mit dem Jeep hierher fahren, wenn Sie es wünschen«, sagte Ika mit sanfter Stimme neben ihr, als wüsste sie, welche Gedanken Susan durch den Kopf gingen.
    »Ja, vielleicht. Vielleicht will ich das«, murmelte Susan. Sie sah, wie der Pilot Ika einen unauffälligen Blick zuwarf, als wolle er fragen, ob er noch einen weiteren Kreis ziehen solle. »Sagen Sie ihm, er soll weiterfliegen, Ika.« Susan seufzte. »Und danken Sie ihm bitte auch. Das war sehr entgegenkommend.«
14
    Die Landebahn von

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