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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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beobachtete, während ein anderer in sein tragbares Telefon sprach. Ika erfuhr nie, ob es zwischen diesen Aktivitäten und den nachfolgenden Ereignissen einen Zusammenhang gab, aber plötzlich tauchte am Horizont ein großer Hubschrauber ohne jedes Kennzeichen auf und landete mitten auf dem Gelände, wo er durch eine Ansammlung von Gebäuden vor den Blicken Außenstehender verborgen war.
    Der Vorfall lenkte Ika lange genug ab, dass sie nicht bemerkte, wie ein Jeep, ebenfalls ohne Kennzeichen, aber eindeutig militärischen Zuschnitts, durch das Tor des Geländes fuhr. Sie sah ihn erst, als er schwungvoll direkt vor ihnen zum Stehen kam und ihnen damit jeglichen Fluchtweg abschnitt. Zwei Männer stiegen aus, beide mit Revolvern im Gürtelhalfter. Einer von ihnen blieb zurück, um seinem Kameraden, falls nötig, Rückendeckung zu geben. Der andere trat näher und sprach sie in Russisch an.
    Ika antwortete, bemüht, weder ihn noch Susan spüren zu lassen, wie nervös sie war. Sowohl sie als auch der Mann deuteten oft in Susans Richtung, während sie sprachen. Nach einigen heftigen Wortwechseln drehte sich der Mann ganz zu Susan um und bellte ihr etwas entgegen.
    »Er will Ihre Papiere sehen – Pass und Visum«, übersetzte Ika.
    Schweigend zog Susan die Papiere aus ihrer Tasche und händigte sie aus. Der Mann kontrollierte sie mit finsterer Miene, dann griff er plötzlich nach Susans Tasche. Susan hielt sie wütend fest.
    »Lassen Sie das!«, befahl sie. »Ika, sagen Sie dem Mann, er soll das lassen. Er hat kein Recht dazu.«
    Ika sagte überhaupt nichts, sondern beobachtete nur, wie der Mann Susan schließlich die Handtasche doch entwand und sie dabei anstarrte, als hätte sie alleine durch ihren Widerstand schon ein Kapitalverbrechen begangen.
    »Sagen Sie ihm, er soll zur Hölle fahren, Ika! Für wen hält er sich eigentlich?«
    »Bleiben Sie besser ruhig, Dr. Flemyng. Er will seinen Vorgesetzten zeigen, dass er seinen Job vorschriftsmäßig tut. Lassen Sie ihn gewähren, dann können wir gleich wieder unserer Wege gehen.« Es war ein Versuch, ihr Mut zu machen, doch Ikas Stimme klang weniger zuversichtlich, als sie es sich gewünscht hätte.
    Susan starrte den Mann weiterhin wütend an, während dieser ihre Tasche durchwühlte. Viel Interessantes schien er darin nicht zu finden, bis er auf das Foto von John und Dan Samples stieß. Er zog es hervor und betrachtete es einige Augenblicke stirnrunzelnd. Dann wandte er sich ab und sagte etwas über die Schulter zu seinem Kameraden.
    »Was hat er gesagt?«, wollte Susan wissen.
    »Er befiehlt dem anderen, das Büro anzurufen«, antwortete Ika.
    Der Mann beim Jeep zog ein Funkgerät aus einer Halterung am Armaturenbrett und sprach hinein. Währenddessen blickte er unverwandt über den Zaun zu den weit entfernten Gebäuden auf dem Gelände.
    »Ich glaube, wir werden von dort beobachtet«, meinte Ika und deutete in die entsprechende Richtung. »Dort, hinter dem Fenster.«
    Der Mann, der ihr unmittelbar gegenüberstand, fuhr sie wütend an. Sie antwortete mit gleicher Schärfe. Er presste die Lippen zusammen, und einen Augenblick lang glaubte Susan, er würde Ika schlagen. Doch die Stimme aus dem Funkgerät im Jeep lenkte ihn ab. Der zweite Mann sprach erneut kurz in das Gerät, dann hängte er ein und wandte sich an seinen Partner, um ihn zu informieren.
    »Sie wollen, dass Sie mit ihnen kommen«, sagte Ika, und ihre Sorge um Susan verdrängte dabei die Angst, die sie um sich selbst hatte. Sie richtete einige heftige Sätze auf Russisch an den Mann, doch ihre Argumente wurden mit einem kurzen Kopfschütteln und ein paar knappen Worten beiseite gewischt.
    »Was haben Sie ihm gesagt?«, fragte Susan.
    »Dass Sie amerikanische Staatsbürgerin sind und dass sie kein Recht hätten, Sie mitzunehmen. Ihr Botschafter und Ihre Regierung würden daraus einen großen Skandal machen, und die Männer wären ihren Job los.«
    Dass diese Drohung keine Wirkung gezeigt hatte, wurde deutlich, als der Mann Susan nicht eben sanft am Arm packte und in Richtung Jeep drängte, wo sie auf dem Rücksitz Platz nehmen sollte. Erneut protestierte Ika heftig auf Russisch. Ihre Stimme klang vor Wut eine halbe Oktave höher. Diesmal fuhr der Mann, der Susan in den Jeep stieß, herum und wies drohend mit dem Zeigefinger auf einen Punkt zwischen Ikas Augen. Susan brauchte keine Übersetzung, um zu verstehen, dass die wenigen Worte, die er ausspuckte, eine letzte Warnung waren, sich zurückzuhalten, sonst

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