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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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sich zu befreien versuchte, fiel der Anzug jedoch problemlos von ihm ab und landete mit einem erstaunlich lauten Plumps auf dem nackten Betonfußboden. Charlie blickte weiter an sich hinunter. Doch es war nicht mehr der Raumanzug, dem nun seine ganze Aufmerksamkeit galt. Es war sein eigener Körper. Er war nackt – und doch nicht nackt. Jeder Zoll – die breite Brust, die langen kräftigen Arme, die muskulösen Beine und Füße –, alles war mit einem dichten, schwarzen, groben Fell bedeckt.
    Alles in seinem Kopf drehte sich. Einen Augenblick lang glaubte Charlie, dass er das Bewusstsein verlieren würde. Aber natürlich kam es nicht dazu. Weil es einfach unmöglich war! Das hier musste einfach ein Zustand von Geistesverwirrung sein, eine Art kurzzeitiger Halluzination.
    Eine Hand schob sich vor seine Augen. Seine eigene Hand. Unwillkürlich bewegte er sie, drehte sie vor sich hin und her, betrachtete sie voller Verwunderung.
    Es war nicht seine Hand. Nicht Charlies Hand. Nicht Charlie Monks Hand.
    Es war die Hand eines Affen.
    Schweigend starrte Charlie die Hand wie hypnotisiert an. Sie wurde größer und größer und füllte bald sein ganzes Blickfeld aus. Unbewusst, ganz instinktiv, führte er sie näher an sein Gesicht heran, um zu ertasten, was sich dort befand.
    Die Unempfindlichkeit der Hand, die Beschaffenheit und Dicke der Haut machten es schwer, überhaupt etwas zu spüren. Als trüge er Handschuhe. Nur dass es keine Handschuhe waren. Es war eine echte, lebendige Hand.
    Das Gesicht, das er betastete – sein Gesicht – war ebenfalls rau, mit Fell bedeckt und seltsam rund. Er befühlte seine Lippen. Sie waren breit und dünn, mit ledrigen Winkeln. Und wo er eigentlich seine Nase hätte spüren müssen, war nichts: nur eine kleine Erhebung in der Mitte seines Gesichts.
    Etwas bewegte sich am Boden zu seinen Füßen. Charlie blickte nach unten und sah, wie der abgelegte silberne Anzug an seinen zahlreichen Kabeln in eine Vertiefung in der Wand gezogen wurde. Als er ganz darin verschwunden war, begann die Vertiefung sich zu schließen und verschwand rasch, sodass nur die glatte weiße Wand zurückblieb.
    Charlie sah sich um und nahm seine unmittelbare Umgebung zum ersten Mal richtig wahr. Es stimmte: Er befand sich in einer Art Käfig. Zwei Seiten bestanden aus Gittern, zwei aus Betonwänden. Jenseits der Gitterstäbe konnte er nicht viel erkennen. An einer Seite führte ein Gang entlang, in dem sich im Augenblick niemand aufhielt. Auf der anderen Seite konnte er einen größeren freien Raum ausmachen, mit einer hell erleuchteten Ecke in weiterer Entfernung. Es sah wie ein High-Tech-Labor aus. Es gab Pulte mit Mikroskopen, Computerschirmen und Menschen, die daran arbeiteten. Niemand schenkte Charlie auch nur die geringste Aufmerksamkeit.
    Plötzlich nahm Charlie aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahr. Er fuhr herum – und starrte auf etwas, das er zuvor nicht bemerkt hatte. An der anderen Seite des Ganges, seinem Käfig gegenüber, war ein mannshoher Spiegel angebracht.
    Charlie konnte sehen, wie darin etwas reflektiert wurde – das Wesen, das im Käfig steckte.
    Er hob einen Arm, dann den anderen. Er machte, nur um ganz sicher zu sein, einen Schritt nach vorne und einen zurück.
    Es bestand kein Zweifel mehr. Die Spiegelung, das war er selbst.
    Charlie war ein voll ausgewachsener Schimpanse.

DRITTER TEIL

29
    Sie befanden sich in Montana, so viel wusste Susan. Als die Privatmaschine an Höhe verlor, verwandelte sich die einer Reliefkarte ähnliche Topografie unter ihnen schrittweise in eine Landschaft voller mit Pinien und Espen bedeckter Hügel vor dem Hintergrund steil aufragender Berge. Die Maschine hielt auf ein Plateau zu, auf dem Susan eine Landebahn inmitten eines Geländes erblickte, das wie eine große Privatranch aussah. Auf einem runden Landefeld daneben parkte ein Helikopter. Etwas weiter entfernt stand eine Ansammlung von Gebäuden, eins davon ein luxuriöses Bauwerk im Landhaus-Stil, umgeben von Rasenflächen, einem Swimmingpool und einem Tennisplatz. Dahinter erstreckten sich ein paar Scheunen und Pferdekoppeln, Susan und ihr Vater waren die einzigen Passagiere. Sonst waren nur die Piloten an Bord, beide sehr geschäftsmäßig und höflich; sie trugen Uniformen und setzten sogar zuerst ihre Mützen auf, bevor sie das Cockpit verließen und die Türen öffneten. Der Ranghöhere der beiden sagte, er hoffe, sie hätten einen guten Flug gehabt, und wünschte ihnen einen angenehmen

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