Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
die unterschwellige Bedeutung des Dialoges klar wurde. Er war sich nur bewusst, dass es mal wieder eines jener Erwachsenenspiele war, das einer Entscheidungsfindung gewöhnlich vorausging. Wichtig für ihn war nur das Ergebnis.
    »Nun gut«, sagte Amery schließlich. »Ich bleibe.«
    Christopher brach in Jubel aus und führte einen Freudentanz um seinen Großvater herum auf.
    Eine Stunde später, als es Zeit zum Abschiednehmen wurde, küsste Susan ihren Sohn, umarmte ihn und versprach, so bald wie möglich wiederzukommen. Dann küsste sie ihren Vater und stieg schließlich schweren Herzens die Treppe der Veranda hinunter. Mrs. Hathaway begleitete sie zum Wagen. Als der Fahrer ihr die Tür aufhielt, drehte Susan sich noch einmal um und sah zu Christopher und Amery hinüber, die Hand in Hand auf der Veranda standen. Sie winkten ihr zu. Susan winkte zurück. Sie fühlte sich besser als erwartet, so gut wie seit langer Zeit nicht mehr.
    Als sie sich umdrehte, um einzusteigen, hielt sie erneut inne und blickte Mrs. Hathaway an. Ein letztes Mal suchte sie dieses freundliche Gesicht nach Anzeichen daraufhin ab, was wohl im Innern der Frau vor sich gehen mochte.
    »Wer sind Sie?«, war die einzige Frage, die Susan einfiel.
    »Das habe ich Ihnen bereits gesagt«, antwortete die ältere Frau mit einem sanften Lächeln. »Christopher nennt mich Tante May.«
30
    Die Tür in der Rückwand seines Käfigs glitt zur Seite und ließ ein dunkle Öffnung zurück. Charlie wartete eine Weile, bevor er sich ihr näherte, um zu sehen, ob nicht jemand oder etwas daraus hervorkommen würde. Als nichts geschah, blickte er sich vorsichtig über die Schultern um. In dem Teil des Labors, das er sehen konnte, herrschte geschäftiges Treiben, das aber nichts mit ihm zu tun zu haben schien.
    Er machte einen Schritt in Richtung der Öffnung. Nun konnte er einen matten Flecken Licht irgendwo dahinter ausmachen. Charlie ging näher heran und erblickte einen Tunnel, der sich leicht nach links unten wand. Die Lichtquelle lag irgendwo hinter der Krümmung und war aus seiner Perspektive nicht sichtbar.
    Erneut blickte Charlie sich um. Noch immer schenkte ihm niemand Beachtung. Was natürlich nicht bedeutete, dass keine Kameras auf ihn gerichtet waren. Er nahm sogar stark an, dass das der Fall war; heutzutage waren sie so klein, dass man sie kaum noch ausmachen konnte. Und diese Öffnung in der Wand hatte sich natürlich auch nicht von ganz alleine aufgetan. Etwas war hier im Gange. Charlie ahnte, dass er auf irgendeine Art herausgefordert oder getestet wurde.
    Das war auch die Grundeinschätzung seiner Situation. Nur so ließ sich der Wahnsinn erklären, der um ihn herum vor sich ging. Er war überzeugt davon, dass er sich in einer Art künstlich erzeugtem Albtraum befand. Das war die einzig mögliche Erklärung. Vielleicht war das ein spezielles Training, in das er ohne Vorwarnung gesteckt worden war und das ihn, falls er es erfolgreich absolvierte, in seiner Ausbildung eine Stufe weiterbrachte. Vielleicht sollte er lernen, wie man eine derartige geistige Verwirrung, herbeigeführt durch Drogen oder andere Methoden, überlebte. Überlebte und am Ende geistig gesund blieb. Charlie erkannte die Zweckmäßigkeit eines solchen Trainings. Er wusste, dass Gehirnwäsche eine Gefahr war, auf die man besonders vorbereitet werden musste.
    Natürlich kam ihm auch der Gedanke, dass es gar kein Training war. Dass alles echt war und er in die Hände des Feindes gefallen war. Das Letzte, woran er sich erinnern konnte, war der Augenblick in Kathys Apartment, als er das Bewusstsein verloren hatte. Wie hatte sie sich selbst genannt? Doktor so und so. Dr. Susan Flemyng, das war es!
    Wer tat ihm das an? Und warum? Und welche Rolle spielte Kathy bei alledem? Oder vielmehr diese Frau, die behauptete, sie sei nicht Kathy und eine Kathy hätte es nie gegeben?
    Und zumindest Letzteres war doch nicht möglich? Oder? Charlie stellte fest, dass er bereits ganz unwillkürlich die ersten Schritte in den Tunnel gesetzt hatte. Er hielt inne: Er durfte seine Konzentration nicht verlieren! Das war stets das oberste Gebot: immer im Augenblick verharren und nicht abschweifen. Vorsichtig ging er weiter.
    Die Wände des Tunnels waren glatt und aus Fertigbauteilen zusammengefügt. Es gab keinerlei Geräusche außer dem leisen Tapsen seiner Füße auf dem Betonfußboden. Je weiter er kam, umso bewusster wurden ihm bestimmte Düfte, die er nicht genau identifizieren konnte, obwohl sie ihm

Weitere Kostenlose Bücher