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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Gegner ihm ungewollt in die Hand. Charlie sah, wie er zum Sprung auf seinen, Charlies, Baum ansetzte, allerdings ein oder zwei Äste höher, um von dort aus seine kräftigen Beine zu einem Angriff einzusetzen. Charlie sprang im gleichen Augenblick wie der andere. Er sah den entsetzten Ausdruck im Gesicht des Schimpansen, und den darauf folgenden Schrecken, als er erkannte, dass Charlie ihn gänzlich ausmanövriert hatte.
    Charlie platzierte im Vorbeifliegen einen perfekt gezielten, harten Tritt gegen das Hinterteil des Affen, dass dieser völlig die Kontrolle über seinen Sprung verlor und gegen mehrere Äste prallte, ja sogar einige durchbrach, bevor er an einem wieder Halt fand. Von dort jagte er so schnell er konnte zurück hinunter auf den Boden und rannte, um sein Leben kreischend, davon.
    Keiner der anderen folgte ihm. Die Affen standen einfach nur da und beobachteten Charlie unsicher, jedoch noch nicht ganz bezwungen. Noch immer lag Feindseligkeit in der Luft. Charlie würde noch einen von ihnen, vielleicht sogar zwei, verletzen müssen, bevor sie die Botschaft verstanden hatten.
    Er sah zu der verglasten Beobachtungsstation hinüber, die er vorhin entdeckt hatte. Die nur als Silhouetten erkennbaren Gestalten standen noch immer dort und blickten in das Gehege hinunter. Einige von ihnen benutzten sogar Ferngläser.
    Als Charlie sich wieder zu den Affen umdrehte, sah er, dass ihm diese kurze Ablenkung als Zeichen der Schwäche ausgelegt worden war, zumindest von zwei Schimpansen. Einer reichte dem anderen die Hand, und beide traten gemeinsam vor. Sie hatten sich verbündet. Hinter ihnen stellten sich zwei, drei weitere Schimpansen bereit.
    Charlie blickte auf den Boden. Er benötigte eine Waffe, um dieser Sache schnell ein Ende zu setzen. Er entdeckte einen Stein, der fast wie ein kleiner Knüppel geformt war, nahm ihn auf, wog ihn prüfend in der Hand und machte sich zum Kampfbereit.
    Doch dann spürte er plötzlich, wie ihn jemand sanft an der Hand ergriff. Er wandte sich um und sah, dass eines der älteren Weibchen neben ihn getreten war. Es hatte sich ihm völlig unaufdringlich genähert, friedlich und ohne böse Absicht. Die Schimpansin suchte seinen Blick. Aus ihren Augen sprach große Intelligenz, und sie schien prüfen zu wollen, wie viel davon in den seinen lag. In einer Situation, die von Unvernunft bestimmt wurde, brachte sie Vernunft zurück ins Spiel.
    Ganz sanft begann sie seine Finger von der Steinkeule zu lösen. Charlie leistete keinen Widerstand. Irgendwie wusste er, dass es keine weiteren Kämpfe geben würde, wenn er diese Geste machte, wenn er gestattete, dass sie ihn entwaffnete. Dass er dabei sein Gesicht nicht verlieren und die Herausforderung an die anderen Männchen, seine Stärke zu testen, dennoch bestehen bleiben würde.
    Keines der Männchen nahm diese Herausforderung an. Das alte Weibchen zog den Stein ein Stück hinter sich her und warf ihn dann fort. Es wusste, dass er nicht mehr gebraucht würde. Nur wenig später hangelte sich der Rudelführer, der den ersten Stein nach Charlie geworfen hatte, durch die Bäume zurück zum Schauplatz des Geschehens, genau auf Charlie zu. Doch in der Art, wie er sich bewegte, lag keine Bedrohung. Im Gegenteil, als er Charlie erreicht hatte, machte er sich so klein, dass er nach oben blicken musste, um mit Charlie Blickkontakt aufzunehmen. Dann stieß er eine Reihe leiser Grunzlaute aus, die Charlie als das erkannte, was sie waren: die Unterwerfung unter Charlies Überlegenheit.
    Das war das Zeichen für Charlie, sich gerade aufzurichten und sein Fell aufzustellen, um sich noch größer zu machen und die Rollenverteilung zusätzlich zu betonen. Und dann, als erinnere er sich an ein halb vergessenes Ritual, das er so lange nicht ausgeführt hatte, dass die Einzelheiten bereits zu verblassen begonnen hatten, dann begriff er plötzlich, dass mehr von ihm erwartet wurde.
    Der Affe vor ihm kauerte noch immer tief am Boden und hob nun die Hände über den Kopf, als wolle er sich schützen. Doch fürchtete er sich nicht etwa vor einem weiteren Schlag oder einem erneuten Angriff. Es war, wie Charlie erkannte, vielmehr eine Einladung, den letzten symbolischen Akt zu vollziehen, der seinen Sieg vollends besiegeln würde. Ohne länger darüber nachzudenken oder zu zögern, hob Charlie sein Bein und schritt stolz über den zusammengekrümmten Körper seines ehemaligen Gegners.
    Unmittelbar darauf unterwarfen sich die anderen Männchen, mit denen er gekämpft

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